«Streifzüge durch den Kastanienwald»
Der Herbst steht ganz im Zeichen des Wohlgefühls nach der Sommer-FOMO. Nichts spendet mir mehr Trost, als Kastanien zu sammeln. Sobald sich die Luft verändert, denke ich an Mugena – ein stilles Dorf im Tessin mit hohen Kastanienbäumen. Es hat etwas Beruhigendes, durch die Wälder zu streifen, mit einem leeren Eimer, der sich langsam mit schweren, stacheligen Kugeln füllt. Zu Hause wartet dann die knifflige Aufgabe: die Kastanien zu rösten. Ich ritze jede Schale mit einem kleinen Schnitt ein, lege sie flach aufs Blech und röste sie im Ofen, bis sie aufplatzen. Mein Tipp: eine Schüssel gefüllt mit Wasser in den Ofen stellen, damit die Kastanien knusprig und zugleich weich werden.
An trüben Oktobertagen flieht Redaktorin Cielo-Pilar Solari gern ins Tessin. Zum Waldbaden und zu Rehrücken.
«Glühwein für die Gemütlichkeit»
Ich habs wirklich versucht. Mir eingeredet, der Herbst sei auch schön. Frische Luft, goldene Blätter, endlich wieder «richtig anziehen». Aber tief in mir rufts laut: «Sommer, bleib doch noch ein bisschen.» Ich vermisse das Licht, die Leichtigkeit, dieses Gefühl, dass ein Tag ewig dauern kann – nur weil es abends um neun noch hell ist. Jetzt: graue Wolken, nasse Socken, das diffuse Bedürfnis, unter eine Decke zu ziehen und erst im Mai wieder herauszukommen. Klar, ein bisschen Gemütlichkeit hat der Herbst auch. Man muss ihn sich halt schöntrinken – mit Glühwein.
Eintöpfe helfen ebenfalls ein wenig. Diese liebt Redaktorin Valeska Jansen sehr – am liebsten rustikal, mit Twist.
«Licht und Duft gegen das Dunkel»
Da ich durch und durch ein Sommerkind bin, schaue ich wehmütig auf die vergangenen Wochen zurück. Um mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern und Licht ins Dunkel meiner Stube zu bringen, greife ich zu künstlichem Licht in Form von Duftkerzen. Für die Wahl eines neuen Exemplars lasse ich mir reichlich Zeit. Schliesslich will wohlüberlegt sein, in welche Aromen ich eintauchen möchte. Dieser Moment, wenn sich der Wohlgeruch langsam in meinen vier Wänden verbreitet und alles ein bisschen langsamer, stiller und gemütlicher wird, ist mein persönliches Herbstritual.
Redaktorin Vanessa Kim hortet ihre Vorräte an Duftkerzen wie Schätze in einer Schatulle, einige seit Jahren.
«Ein Sofa, ein Buch, ein Drink!»
Nachdem alle Kissen ihr Gewand gewechselt und die Decken wieder ihre Stammplätze auf den Sofalehnen eingenommen haben, lümmle ich gern auf dem Sofa rum, mit einem Buch und einem heissen Drink. Mein Liebling im Herbst: Hot Cidre. Dazu braucht es 1 Liter Cidre, 1 Deziliter Calvados (mehr oder weniger …), eine Prise Salz, eine Zimtstange, Zucker, Piment, Nelken, frisch geriebenen Ingwer und Muskatnuss, alles nach Belieben. Das Ganze leicht zum Köcheln bringen – fertig!
Redaktor Richard Widmer ist Fachmann für Ästhetik und Kulinarik, ist für lukullische Genüsse immer zu haben.
«Endspurt für die Unvollendeten»
Ich gebs zu: Ich trenne mich nur mit Mühe von lieb gewonnenen Dingen. Mit dem Sommerende habe ich mich arrangiert – der Sommer kommt ja jedes Jahr wieder. Mit begonnenen Strickarbeiten hingegen tue ich mich schwer. Der Gedanke daran, die letzte Masche abzuheben, lässt mich beinahe schwermütig werden. Doch der Herbst hilft: Sinken die Temperaturen, nehme ich sie alle zur Hand – die unvollendeten Chunky Scarves, Oversized Sweaters und Slouch Beanies. Denn kaum ist der Faden vernäht, können sie getragen werden. Ob von einem selbst oder verschenkt, die Freude ist riesig!
Als Reisejournalistin verbringt Bettina Bono viele Stunden im Flieger – am liebsten strickend.
«Einkehr und ein bisschen Japan»
Das Ende des Sommers ist für mich eine Erlösung. Ich freue mich wie ein kleines Kind über neblige Morgenstunden und regnerische Tage. Wie die Bäume kehre ich mich in dieser Zeit in mich und bündle meine Kräfte. Dafür gibt es nichts Besseres als japanische Wohlfühlliteratur über den Zauber des Alltäglichen. Ob die Reihe «Before the Coffee Gets Cold» von Toshikazu Kawaguchi oder die Novelle «Frau Komachi empfiehlt ein Buch» von Michiko Aoyama – eines dieser schmalen, kurzweiligen Bücher geht immer.
Journalistin und Leseratte Olivia Ruffiner erscheint selten allein, sie ist stets in Begleitung von mindestens einem Buch oder ihrem guten alten Kindle.
«Mit Romantikgegen den Blues»
Ich bin ein Herbstkind – und trotzdem macht mir der Herbst zu schaffen. Je kürzer und grauer die Tage, desto gedrückter meine Laune. Deshalb haben wir eine Regel eingeführt: Wir romantisieren den Herbst, fahren das volle Programm. Rote Wolldecken auf dem Sofa, Lichterketten mit Herbstblättern, geschnitzte Kürbisse, lächelnde Geister aus Filz. Nicht, dass ich den Herbst nun liebe, aber ich fürchte ihn nicht länger. Und manchmal, an einem ruhigen Sonntag mit Tee, Zimtduft und der richtigen Playlist, glaube ich fast, er meint es gut mit mir.
Mit Halloween kann Redaktorin Vanessa Nyfeler gar nichts anfangen. Statt Horrorfilme gibts freundliche Kürbisgesichter.
«Fondue und ein Fussmarsch»
Ach Herbst, du notorischer Schönfärber. Mit deiner Fülle an Licht- und Schattenspiel und deinem Farbenspektakel machst du mir den Abschied vom Sommer leicht. Wenn sich im Flachland der Nebel breitmacht, ist es Zeit für unseren traditionellen Abstecher in den Jura. Oberhalb von Près-d’Orvin befindet sich die Métairie de la Petite-Douanne, wo wir unser erstes Fondue des Jahres geniessen. Gut gestärkt und mit einem halben Kilo Gruyère im Gepäck geht es über die herbstlich gefärbten Juraweiden wieder zurück ins Flachland.
Neben dem Farbenspiel freut sich Bildchefin Regula Revellado auf ihren Poncho, ein Vintage-Fundstück aus Barcelona.
«Der Abwesende im Familienkreis»
Herbstzeit ist auch immer Familienferienzeit. Mit Kind und Kegel verbringen wir jährlich ein paar Tage zusammen. Einzig mein Schwager aus dem Bündnerland fehlt zuverlässig, er ist dann auf der Jagd. Schade eigentlich, ich mag den Kerl nämlich. Aber: Ich nehme seine Abwesenheit gern in Kauf. Am liebsten dann, wenn er in der Küche verschwindet und Rehschnitzel, frisch gesammelte Eierschwämme und den feinen Rosenkohl aus seinem Monsteiner Garten zubereitet. Mit so einem Abendessen trifft er bei mir ins Schwarze!
Art Director Tobias Schär hat die Bergwelt bislang vor allem bestiegen und bestaunt – dass man diese im übertragenen Sinn auch essen kann, macht sie für ihn noch schöner.