Ich bin nun seit etwa vier Jahren in der Perimenopause. Ein modernes Wort für die Wechseljahre. Was wiederum ein moderneres Wort ist für die Abänderung, wie man das früher nannte. So ältlich das klingen mag, ich finde es ziemlich treffend. Ich habe niemals damit gerechnet, wie viel sich mit dieser Perimenopause ändert. Und wie sehr ich mich ändere.
Zuerst war da der Schock. Über meinen Körper, der je länger je weniger so aussah, wie der, den ich jahrelang hatte. Und sich auch je länger je weniger so anfühlte. Über mein Hirn, das immer wieder mal vollkommen zu entgleisen scheint. Die Wechseljahre bescheren mir Tage, die ich «Birchermüselitage» nenne. An denen fühlt sich mein Hirn genau so an. Und dann gibts noch «Smoothietage». An denen ist mein Hirn dermassen am Arsch, dass nicht mal mehr Stückli drin sind. Dann sitz ich zum Beispiel an der Bushaltestelle und grabe in meiner Tasche nach meinem Handy, finde es nicht, rege mich auf, dass ichs zu Hause liegenliess, gehe nach Hause, finde es nicht, finde es dann doch in der Tasche,renne zurück zur Bushaltestelle, rege mich auf, dass ich wegen nix den Bus verpasst habe.
Aber je länger je mehr merke ich, dass die Abänderung auch Dinge in mir ändert, bei denen dies ein absolut positiver Schritt ist. Mir wird mit jedem Tag egaler, was Menschen, die ich nicht oder kaum kenne, von mir halten. Das hat nicht mal so viel damit zu tun, dass ich unempfänglich für Kritik geworden wäre. Sondern vielmehr damit, dass ich nicht mehr so viel Bestätigung von aussen brauche.
«Ich mache meinen Wert nicht mehr davon abhängig, dass man mir ständig sagt, dass ich gut bin. Ich weiss das.»
Wenn ich zurückschaue, kommt es mir so vor, als hätte ich mein ganzes Erwachsenenleben damit verbracht, mich zu beweisen. Gegenüber meinem Umfeld, aber auch gegenüber einer Gesellschaft, die sich zum Beispiel in Form von Online-Kommentaren ständig in Sachen einmischt, die sie überhaupt nichts angeht. Ich wollte beweisen, dass ich eine gute Mutter und erfolgreich im Job sein kann. Ich wollte beweisen, dass ich toll aussehen und eine gute Köchin und trotzdem Feministin sein kann. Ich wollte allen, die auch je nur ein Fünkchen Kritik an irgend einer meiner Entscheidungen laut werden liessen, zeigen, dass ich locker alles auf die Reihe kriege. Was mir dabei Antrieb gab, war Bestätigung. Jedesmal, wenn jemand Bewunderung darüber äusserte, wie gut ich in Schuss sei für mein Alter und dafür, dass ich zwei Kinder habe, war das wie Benzin für mich. Jedes Lob trieb mich an, jede Kritik brachte mich ins Wanken, auch wenn ich mir nichts anmerken liess. Ich bin heute erschrocken darüber, wie sehr ich meinen Selbstwert von anderen abhängig machte.
Mit der Abänderung hat sich das geändert. Ich mache meinen Wert nicht mehr davon abhängig, dass man mir ständig sagt, dass ich eine gute Mutter bin oder gut im Job. Ich weiss das. Ich weiss auch, wenn ich mal was verbocke. Aber auch das ist okay. Auch wenn ich mich immer noch oft hinterfrage. Auch wenn ich mich an «Smoothietagen» immer noch grausig über mich aufrege. Aber ich sehe langsam aber sicher, dass die Wechseljahre mir etwas geben könnten, das viel wichtiger ist als ein schlanker Körper und straffe Brüste: Mir selbst etwas Wert zu sein.
