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Mittelklasse

Wer gebraucht werden will, muss brauchbar sein!

«Der Mann wird heute nur noch als Erzeuger gebraucht.» Und «Männer wollen gebraucht werden.» Mit diesen Aussagen sorgte Ex-Mister-Schweiz Renzo Blumenthal vergangene Woche für Diskussionen. Unsere Kolumnistin versteht zwar die Verunsicherung der Männer, was Beziehungen angeht, sagt aber: «Die Zukunft braucht keine patriarchalen Strukturen, sondern Beziehungen auf Augenhöhe. Es wird Zeit, dass auch die Männer sich damit abfinden.»

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Kinder, Küche, Karriere – Frauen müssen heute alles schmeissen können. Männer nur bedingt. Es wird Zeit, dass sich das ändert.

Lucia Hunziker

Eines vorweg: Ich kenne und schätze Renzo Blumenthal (48) schon lange, und ich glaube nicht, dass diese Aussagen eine «Abrechnung mit den Frauen» sind, wie geschrieben wurde. Ich denke vielmehr, sie bringen die grosse Verunsicherung vieler Männer auf den Punkt.

Die Welt hat sich schnell verändert. Und wir, die wir patriarchale Strukturen mit der Muttermilch aufsogen, kommen da nicht mit. Fakt ist: Diese Strukturen werden immer brüchiger, ob wir wollen oder nicht. Denn sie sind nicht mehr das, was die Gesellschaft künftig braucht. Kaum eine Familie kann von einem einzigen Gehalt leben, viele Frauen wollen nicht nur arbeiten, sie müssen – und unsere Wirtschaft braucht sie, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Was unter anderem zur Folge hat, dass Frauen finanziell nicht mehr von Männern abhängig sind. Was wiederum zur Folge hat, dass Frauen, die entdecken, dass sie in jeder Hinsicht auf eigenen Füssen stehen können, auch emotional nicht mehr von Männern abhängig sind. Denn emotionale Abhängigkeit entsteht dann, wenn man Frauen erzählt, sie seien ohne Männer weniger wert – was man jahrelang getan hat. Dass Frauen jetzt merken, dass das nicht wahr ist, führt genau zu dem, was auch Renzo will, wie er sagt: Beziehungen auf Augenhöhe.

«Hand aufs Herz, liebe Männer: Wer von euch wäre bereit, alles allein zu schmeissen? Ohne dass euch gesagt wird, was ihr tun sollt?»

Nun funktioniert eine Beziehung auf Augenhöhe wie folgt: Beide bringen ungefähr gleich viel an den Tisch. Trägt die Frau also ihren finanziellen Part bei – egal, ob sie will oder muss –, sollte ihr Gegenüber den seinen in anderen Bereichen beitragen. Wir sprechen hier nicht von ab und zu staubsaugen, Gutenachtgschichtli erzählen oder einkaufen, wenn die Partnerin eine Liste schreibt. Wir sprechen hier von der viel zitierten «Mental Load».

Hand aufs Herz, liebe Männer: Wer von euch wäre bereit, alles allein zu schmeissen? Ohne dass euch gesagt wird, was ihr tun oder einkaufen müsst, wann das Kind wo sein und wen ihr anrufen solltet? In ganz vielen Fällen sieht die Unterstützung für eine arbeitende Mutter nämlich etwa so aus: Sie macht die Kinder fertig, bevor sie zur Arbeit geht, packt Turntaschen und Znüniboxen, organisiert von unterwegs Freizeitkurse und Transporte dorthin, und hilft abends bei den Hausaufgaben – nachdem sie den Mann überschwänglich fürs Staubsaugen und Einkaufen nach Liste gelobt hat, das er an seinem «Papitag» hingekriegt hat.

Liebe Männer: Wenn ihr gebraucht werden wollt, müsst ihr brauchbar sein! Und es tut mir leid, das zu sagen: Ziemlich viele von euch sind es leider nicht. Das gilt insbesondere für Partnerschaften mit Kindern, aber nicht nur. Auch in kinderlosen heterosexuellen Beziehungen landet die «Mental Load» ziemlich schnell bei der Frau. Dass bei all dem der Gedanke aufkommt, das traditionelle Modell sei besser – auch bei Frauen (wenn wir den ganzen Mist eh mehr oder weniger allein machen müssen, dann nicht auch noch arbeiten gehen ... ) – ist verständlich. Aber wir können das Rad der Zeit nicht aufhalten. Die 70er werden nicht wiederkommen. Und je schneller ihr bereit seid, dies zu akzeptieren, liebe Männer, desto eher klappts auch mit einer Beziehung.

Von SC am 2. März 2025 - 07:30 Uhr