Lieber Valentin Landmann
Sind Sie sicher, für Ihren Späteinstieg in die Politik die richtige Partei ausgewählt zu haben? Als prominenter Verteidiger von Bordellbesitzern und Hells Angels, als Rechtsanwalt, der seine Prozessgegner gerne mit charmantem Lächeln zu Vergleichen führt, als blitzgescheiter Querdenker passen Sie eigentlich nicht zur SVP, vermutlich zu gar keiner Partei.
Oder anders gesagt: Egal, welcher Partei Sie angehören, Sie sagen, wie einst der Hofnarr, was Sie wollen. Jetzt setzen Sie sich gerade für den Frauenstreik vom 14. Juni ein, bei dem es «um wichtige Inhalte» geht, «welche bürgerliche Politiker genauso beschäftigen sollten wie linke und grüne Politikerinnen», erklären Sie. Und denken dabei vor allem an die Zunahme von schwerster häuslicher Gewalt – bis hin zu Tötungen: «Dass Frauen aus familiären Gründen Angst haben, Anzeige zu erstatten, darf nicht sein.»
«Jetzt setzen Sie sich gerade für den Frauenstreik vom 14. Juni ein»
Mit diesem ernsthaften Engagement machen Sie dem ganzen bürgerlichen Lager, das sich zum Frauenstreik eher schmallippig verlauten lässt, eine lange Nase. Und dies als Kantonsrat und Nationalratskandidat einer Partei, die nicht für Gleichberechtigungsanliegen bekannt ist. Und die mit ihrem Boss Christoph Blocher vor über dreissig Jahren das neue Eherecht, das die Stellung des Mannes als «Haupt der Gemeinschaft» abgeschafft hat, politisch und rhetorisch mit Feuer und Flamme bekämpfte.
Gut, man kann immer gescheiter werden, das gilt auch für die SVP. Die Frage ist nur, wie lange es gehen muss. Als einer, der die Zeichen der Zeit schnell erkennt, dürften Sie sich für die SVP schon bald vom Hofnarr zur Hypothek entwickeln.
Mit freundlichen Grüssen