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Der ganz normale Wahnsinn

Warum wollen wir eigentlich Kinder?

Gerade macht sich ein neues Phänomen breit: «Parent Shaming». Frauen und Männer mit Kinderwunsch müssen sich immer öfter für diesen rechtfertigen. Totaler Blödsinn, findet unsere Familienbloggerin – wie übrigens jede andere From von Shaming auch. Der Kinderwunsch ist nämlich erstens individuell, zweitens total irrational und geht drittens, niemanden etwas an!

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Sandra Casalini, bei sich zu Hause in Thalwil, mit ihren Kindern Gian und Joya, am 04.12.2018, Foto Lucian Hunziker

Warum sie Kinder wollte? Unsere Familienbloggerin weiss es selbst nicht so genau.

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Es gibt Dinge, die früher viel, viel einfacher waren. Zum Beispiel Kinderkriegen. Nicht der Akt an und für sich, der dürfte heute, PDA und Kaiserschnitt sei Dank, um einiges erträglicher und weniger gefährlich sein. Aber die Frage danach, ob man überhaupt welche möchte oder nicht. Die stellte sich bis vor noch gar nicht allzu langer Zeit nicht, da sie erstens, kaum zu verhindern waren, und zweitens nötig wegen der Altersvorsorge. Und wenn es aus irgendwelchen Gründen keine gab, hatte man sich einfach damit abzufinden.

Egoistisch oder nicht?

Heute ist nur schon der Weg zur Entscheidung ein steiniger und oftmals langer. Während die letzten Jahre geprägt waren von der Ideologie, dass einer Frau nichts Besseres passieren kann als Mutterschaft, und jede, welche dies anzweifelte, sich von hinten bis vorne dafür rechtfertigen musste, macht sich nun ein neues Phänomen breit: «Parent Shaming». Frauen und Männer mit Kinderwunsch müssen sich erklären. Weil Klima und Pandemie und Krieg und so. Da ist es doch egoistisch, in diese Welt ein Kind zu setzen. Dem gegenüber steht der Papst, der behauptet, es nicht zu tun sei egoistisch. Ja was denn nun?

«Der Kinderwunsch ist erstens total individuell und zweitens vollkommen irrational.»

Nun, liebe «Parent Shamer» und lieber Papst. Es ist so: Kinderkriegen oder eben nicht hat absolut nichts mit Egoismus zu tun. Denn der Kinderwunsch ist erstens total individuell und zweitens vollkommen irrational. Hätte er auch nur im Geringsten irgend etwas mit Logik zu tun, würde in der heutigen Zeit kein Mensch dieser Welt Kinder wollen. Oder würdet ihr einen Vertrag unterschreiben, in dem steht, dass ihr jahrelang kompromisslos für das seelische und körperliche Wohl eines Tyrannen verantwortlich seid, für den ihr notabene auch noch finanziell aufkommen müsst, und euer einziger Lohn ist ab und zu ein Lächeln oder eine Umarmung? Also bitte!

Irgendwie muss er in unsere Gene gepflanzt worden sein, dieser Kinderwunsch. Bei manchen stärker, bei anderen schwächer, bei dritten kaum. Bei Frauen vermutlich etwas mehr als bei Männern. Das ist der einzig logische Part in dieser Geschichte, weil Kinder austragen, gebären und ernähren zumindest am Anfang auch für Frauen noch etwas mehr scheisse ist als für Männer. Da muss man das schon ziemlich fest wollen.

Trotzdem glaube ich nicht, dass der Kinderwunsch ausschliesslich biologisch ist. Neben der Tatsache, dass wir alle bis und mit der Generation Z so sozialisiert wurden, dass eine eigene Familie ein erreichenswertes Ziel ist, muss da noch irgend etwas anderes sein. Ich habe mich selbst Dutzende male gefragt, warum ich Kinder wollte, und ich komme auf keine schlüssige Antwort. Meine Theorie, Stand heute: Männer wollen Kinder, um ihnen die Welt zu erklären. Es ist ja auch toll, wenn es jemanden gibt, der glaubt, dass du alles weisst. Frauen wollen Kinder, weil sie bedingungslos lieben und geliebt werden wollen. Kinder haben diesbezüglich ja auch keine andere Wahl. Aber fragt mich morgen oder übermorgen nochmal, dann hab ich vielleicht eine andere Theorie. So oder so, lieber Papst, liebe «Parent Shamer» und alle, die das Gefühl haben, irgendwelche Kommentare zum Kinderwunsch anderer abgeben zu müssen: Ihr dürft sie euch gern sparen. Denn es geht euch nichts an.

Von SC am 25. Februar 2023 - 17:03 Uhr