Eine Freundin von mir ist gerade Mama geworden. Alles toll, alles super. Wenn nur das Stillen nicht wäre. Es ist ein Riesenkrampf und dauert ewig, immer wieder ein Frust für Mama und Baby. «Dabei sollte das doch das Schönste, Intimste sein, das es gibt zwischen einer Mutter und ihrem Kind», heult die Neo-Mama.
Zum Glück hat die Gute eine Freundin wie mich, die nicht zu den Rosa-Brillenträgerinnen gehört. Nicht, dass ich dieses Ding, das einen viele Dinge total verklärt sehen lässt, nicht auch mal auf der Nase gehabt hätte. Aber mit ein wenig (oder in meinem Fall schon ziemlich viel) Abstand, sieht die Welt eben meist anders aus.
Nach ein paar Anfangsschwierigkeiten (Baby Nr. 2 hat etwa zwei Wochen lang nur an der linken Brust getrunken), hat das Stillen bei mir immer funktioniert. Ich habs trotzdem nicht gemocht. Ich hasste meinen Riesenbusen. Ich hasste den Fakt, dass mein Körper, den ich bereits neun Monate lang mit jemand anderem geteilt hatte, immer noch nicht wieder vollständig mir gehörte. Ich wurde immer wieder von Liebe für diese kleinen Wesen überflutet – aber dies passierte in unterschiedlichen Situationen, und war nicht ans Stillen gekoppelt. Dass ich das Andocken eines zahnlosen Babymundes an meine Brustwarzen nicht als das Nonplusultra meines Mama-Daseins empfand, hätte ich damals niemals jemandem gesagt.
Zumal es ja problemlos ging. Abstillen, weil es ein niemals endender Krampf ist? Das sorgt zwar bei der Mütterberatung oder am Spielplatzrand auch für hochgezogene Augenbrauen («ob die wohl wirklich ALLES versucht hat?»), aber auch für Verständnis. Abstillen, weil mans einfach nicht so geil findet, wie alle sagen? Da geht ein Aufschrei durch die Mama-Mafia! Und weil diese sehr lange auch in meinem Kopf sass, hab ichs zweimal durchgezogen, bis die Babys von sich aus nicht mehr wollten. Nicht, dass ihnen und mir das geschadet hätte. Aber so wichtig, wie alle tun, find ichs im Nachhinein nicht.
«Ich hab während meiner beiden Schwangerschaften weder eine besondere Verbundenheit zu meinem Körper, noch zu meinem Baby gespürt.»
Und wenn wir schon bei den Geständnissen sind: Ich war auch nicht wahnsinnig gern schwanger. Das Kotzen, das Zunehmen und die Wasseeinlagerungen im Körper finden vermutlich auch andere nicht so super. Aber ich hab während meiner beiden Schwangerschaften weder eine besondere Verbundenheit zu meinem Körper, noch zu meinem Baby gespürt. Und die verklärten Berichte derer, die sich nichts Grossartigeres vorstellen können, als die Bewegungen des Ungeborenen zu spüren, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Kind 1 zappelte in meinem Bauch mehr oder weniger ohne Unterbruch herum, am allerliebsten dann, wenn ich schlafen wollte. Kind 2 bewegte sich so gut wie gar nie, so dass ich mich ständig fragte, ob es noch lebt.
Seine Trägheit ging so weit, dass Kind 2 es nicht schaffte, sich rechtzeitig in Startposition zu begeben und beim Versuch stecken blieb. Was ich damals auch nie laut ausgesprochen hätte: Als klar war, dass es einen Kaiserschnitt geben würde, war ich tief in meinem Inneren froh, dass mir die Wehen erspart bleiben würden. Schliesslich gibt es doch nichts Schöneres für eine Mutter, als ein 3,5-Kilo-Ding unter stundenlangen Schmerzen aus sich rauszupressen. Das ist ganz einfach – es braucht dafür nur eine rosa Brille.