Ich glaube, dieses Jahr haben wir alles geschlagen. Die Menge an Schokolade, die meine Kinder zu Ostern geschenkt bekamen, bricht jeden Rekord. Dazu müssen nun zwei Dinge festgehalten werden: Erstens habe ich selbst meinen Kindern noch NIE einen einzigen Schoggihasen gekauft, das Zeugs kommt alles von Verwandten und Freunden. Und zweitens gibt es bei uns seit einigen Jahren folgende Festtagsregel: Bis und mit dem letzten Feiertag (Stephanstag/Ostermontag) darf so viel genascht werden, wie man möchte. Danach wird alles konfisziert und verschenkt, meist an meine Büro-Gschpänli. Denn bei aller ernährungstechnischen Lockerheit: Dass meine Kinder über Wochen tonnenweise Schoggi essen, kann ich nicht verantworten. Und verstecken nützt nichts, die finden das überall, wie Schweine die Trüffel.
Dieses Jahr blieb ziemlich viel übrig, denn wir waren über Ostern gar nicht da. Was jeweils zu einer anderen essenstechnischen Studie meinerseits führt: Das Verhalten Minderjähriger wenn sie nicht essen müssen, was auf den Tisch kommt, sondern selbst bestellen dürfen. Mein Sohn sucht sich jeweils drei, vier Sachen aus, und die bestellt er während der Ferien – und sonst nichts. Es gab schon Wochen, da ernährte er sich ausschliesslich von Birchermüesli oder Ghackets mit Hörnli. Diesmal standen Kellogg’s Choco Pops, Pasta mit Tomatensauce, Schoggiglace und Melonen auf der Liste der akzeptierten Speisen. Für meine Tochter hingegen ist eine Mahlzeit ohne Fleisch keine Mahlzeit - und mit Fleisch meint sie nicht Chicken Nuggets, sondern ein richtiges Stück, am liebsten Rindsfilet!
Um uns allen die Unbeschwertheit der freien Tage nicht zu nehmen, lasse ich meine Kids jeweils auch kulinarisch gewähren. Sie werden schon keine Mangelerscheinungen aufweisen, wenn sie mal drei Tage lang kein Gemüse essen. Dabei drangen während des Essens im Restaurant immer wieder Gesprächsfetzen von anderen Tischen zu mir durch. «Nein, du hattest schon gestern Pommes Frites, heute gibts keine.» - «Wenn du keinen Salat isst, gibts kein Dessert.» - «Nein, Glace gibts nicht, das ist nicht gesund.» Herrje, dachte ich, macht euch doch mal locker, und lasst mindestens in den Ferien den täglichen Kampf am Esstisch sein.
Dabei muss ich zugeben, dass der im Alltag auch bei uns hin und wieder stattfindet. Zwar gibt es ein paar Regeln, und die werden eigentlich auch diskussionslos eingehalten: Es wird mindestens probiert. Wer kein Gemüse mehr mag, mag auch kein Dessert. Aufessen ist kein Muss - aber wer nicht aufisst, muss nicht eine halbe Stunde später nach Essen fragen. Aber eben, irgendwie scheint ihnen immer etwas Neues einzufallen, was gerade gar nicht geht: Die Konsistenz von Couscous und Tomaten zusammen. Überhaupt gekochte Tomaten. Und zwei Tage später rohe Tomaten. Und der Supergau: Stückli im Joghurt. Geht. Gar. Nicht. Meine Strategie: Ich schnetzle so viel «Untolerierbares» ins Essen, dass sie beim Sezieren garantiert etwas übersehen: «Wääääh, da hats Auberginen. Und gekochte Tomaten. Und Zucchetti. Und Pasta mag ich sowieso nur mit Tomatensauce.» (Yesssss - sie haben die Pilze nicht bemerkt und sie gegessen!)
Aber ganz grundsätzlich gilt: Ich koche, sie essen. Ich versuche, uns abwechslungsreich und halbwegs gesund zu ernähren. That's it. Nicht vegan, nicht glutenfrei, kein Low Carb, kein Bullshit. Früchte, Gemüse, Eiweiss, Kohlenhydrate, gesunder Menschenverstand und ein Minimum an Genuss. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich auch immer wieder mal in die Ernährungsfalle der komischen Überlegungen tappe - vor allem wenn ich mich nach dem Winter erfolglos in die Sommerklamotten zu zwängen versuche. Dann bin ich auch schon den Versprechungen von Low Carb und Superfood erlegen - und habe mit der Zeit gemerkt, dass das genau so viel oder wenig nützt wie bewusstes Essen und genügend Bewegung.
Dass es offenbar immer mehr Eltern gibt, die ihre Kinder nach irgendwelchen strikten Plänen ernähren, finde ich bedenklich. Die Folge davon ist, dass immer mehr Kinder mit Mangelerscheinungen im Krankenhaus landen, wie Kinderarzt Raoul Furlano vergangene Woche im «SonntagsBlick» sagte. Ich kann ehrlicherweise verstehen, wenn man keine Tiere essen möchte. Wenn man dann auch seine Kinder vegetarisch ernährt, muss man sicherstellen, dass sie auf andere Weise alle benötigten Nährstoffe bekommen. Aber alle, die Essen als eine Art Ersatz-Religion betreiben, verstehe ich nicht wirklich. Und wer das auf seine Kinder überträgt, erst recht nicht. Denn selbst wenn diese dabei ultra-gesund aufwachsen sollten, werden sie Essen immer mit Regeln und Verzicht verbinden, und der Genuss bleibt auf der Strecke. Und das ist schade.