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Der ganz normale Wahnsinn

Wieviele Kinder soll man haben?

Sue und Noel Radford gaben vergangene Woche Unglaubliches bekannt. Das britische Ehepaar erwartet sein 22. Kind. Nichts für den Durchschnitt. Aber: Umfragen zeigen, dass sich in der Schweiz junge Menschen vermehrt eine grössere Anzahl an Kindern wünschen. Unsere Familienbloggerin erörtert, warum Wunsch und Wirklichkeit so stark auseinanderdriften.

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Sandra Casalini, bei sich zu Hause in Thalwil, mit ihren Kindern Gian und Joya, am 04.12.2018, Foto Lucian Hunziker

Unsere Familienbloggerin stösst manchmal schon mit zwei Kindern an ihre Grenzen. Eine Grossfamilie kann sie sich nicht vorstellen. 

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Sue Radford ist 44 Jahre alt und erwartet ihr 22.Kind! Dass eine Frau es lässig findet, ihr halbes Leben schwanger und/oder stillend zu verbringen und nebenbei noch zigmal den ganz normalen Wahnsinn jeden Alters zu schmeissen – von Wickeln und Zahnen über Kindergarten, Schule bis zu Lehrstellensuche und Erwachsenwerden – ist sicher aussergewöhnlich. Der Wunsch nach mehr als den «gängigen» zwei Kindern ist es nicht.

Für viele Kinder ist das Zeitfenster zu knapp

Immer mehr junge Menschen in der Schweiz wünschen sich eine grosse Familie. Laut einer Umfrage des Bundesamtes für Statistik unter 17'000 Kinderlosen möchten über ein Viertel von ihnen drei Kinder oder mehr. Dem steht eine Geburtenrate in unserem Land von 1,5 Kindern pro Frau gegenüber (die übrigens seit 1975 relativ konstant ist). Warum klaffen hier Wunsch und Wirklichkeit so stark auseinander?

«Wenn man, wie das hierzulande der Fall ist, mit Kindern warten muss oder will, bis man sie sich einigermassen leisten kann, bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Grossfamilie.»

Das liegt zum einen – wieder mal – an unserem familienunfreundlichen System. Noch mehr Zahlen: 65 Prozent der 20- bis 39-jährigen Frauen befürchten laut Bundesamt für Statistik mit jedem Kind schlechtere Berufsaussichten. Dazu kommt, dass Schweizer Frauen mit einem Durchschnittsalter von fast 31 Jahren beim ersten Kind zu den ältesten Müttern Europas gehören.

Wenn man, wie das hierzulande der Fall ist, mit Kindern warten muss oder will, bis man sie sich einigermassen leisten kann (nach Ausbildung und einigen Jahren im Job), bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Grossfamilie. Wie wäre es also mit bezahlbareren Betreuungsangeboten, damit die Paare, die sich mehr als zwei Kinder wünschen, auch früher mit der Familienplanung anfangen können?

«Irgendwann muss man doch emotional erschöpft sein?»

Zum anderen hat Kinderhaben emotionale Grenzen – zumindest für die meisten von uns. Als ich das erste Kind bekam, war ich überwältigt von meinen Gefühlen. Ich dachte, ich würde nie wieder für jemanden das empfinden, was ich für dieses Wesen empfinde. Mit dem zweiten Kind merkte ich, dass man noch jemanden gleich intensiv lieben kann, wenn auch auf eine ganz eigene Art und Weise. Das ginge sicherlich bei einem dritten und vierten auch noch. Aber irgendwann muss man doch emotional erschöpft sein. Wenn ich mir vorstelle, 22 Kinder so zu intensiv zu lieben, wie ich meine Kinder liebe, macht mich nur schon der Gedanke gefühlsmässig total fertig.

«Ich persönlich stosse schon mit zwei Kindern manchmal an meine emotionalen Grenzen.»

Sicherlich ist es ein Vorteil, dass man bei jedem weiteren Kind gelassener wird. Und bis zu einem gewissen Grad kann ich gut nachvollziehen, dass man die Kinder mit einer liebevollen Gelassenheit gern hat. Aber irgendwo muss das doch Grenzen haben. Ein Kind, das keine Lehrstelle findet, eines, das gerade mit ADS diagnostiziert wurde, eines, das in der Schule gemobbt wird, eines, das im Kindergarten noch in die Hosen macht, eines das gerade am Zahnen ist und jede Nacht weint, dazu noch eines, das gestillt wird und schwanger bin ich auch noch. Dazu noch zwei, drei bei denen grad alles glatt läuft.

Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wie macht man das als Mutter? Ist das alles halt einfach nicht so wichtig? Kommt schon irgendwie gut? Und wenn dem so ist, wäre das so falsch? Ich persönlich stosse schon mit zwei Kindern manchmal an meine emotionalen Grenzen. Mich nimmt Wunder, wie das bei euch aussieht. Gibt es eine Schmerzgrenze was die Anzahl an Kindern angeht?

Mehr von Familien-Bloggerin Sandra C. lest ihr hier.

Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 1. November 2019 - 13:22 Uhr