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So war die neue Show von Michael Elsener

«Late Update»: Noch weniger Lachen wäre Weinen

Nur bei einem Dokumentarfilm über den nächsten Nuklearkrieg hat unsere TV-Kolumnistin Joëlle Weil weniger gelacht als bei «Late Update» von Michael Elsener. 

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Elsner

Sehen Sie, wie Michael Elsener auf diesem Bild nicht-lacht? Ich lachte noch weniger. 

SRF/Oscar Alessio

Meine Mundwinkel verhielten sich am Sonntagabend gleich wie mein Hintern während der Festtage: passiv-sich-nichtbewegend-faul. Warum das eigentlich hätte anders kommen sollen? Weil SRF1 seine neue Late-Night-Satire-Show zeigte: «Late Update». Komiker Michael Elsener, 33, tritt somit in die Fussstapfen von «Giacobbo/Müller». Nur einer verhielt sich gleich verfault wie meine Mundwinkel, nämlich der Kameramann der Sendung.

Elsener klebt an der Birke

Während unerträglichen 40 Minuten musste ich mir den fast immergleichen Bildausschnitt reinziehen: Elsener sitzt an der Birkentheke. Standbild. Während des nichtendenden Sitzens haut der Elsener seine Sprüche mit dem Charme eines Akkubohrers raus. Ich war dem Ansatz eines Lachens so fern wie Reiner Calmund einer Taille.

Zwischen den Elsener-an-der-Birkentheke-Standbildern zeigte die Show immer wieder Einspieler, etwa eine null-komma-nicht lustige Illustration darüber, wie sich die Schweiz gegenüber der EU verhält. Dann ein flüchtiger Schwenk durchs Publikum und schliesslich wieder zum Standbild. Meine Mundwinkel wollten sterben.

Lacht da etwa einer? 

Ich schwöre: Ich war mir die ersten 20 Minuten sicher, bei dem Gelächter handelte es sich lediglich um Aufzeichnungen. Ich war mir sicher, da sitzt keine Menschenseele. Und ich war mir eigentlich auch sicher, dass das keiner lustig finden kann.

Zweiter humoristischer Schwerpunkt der Sendung war die Klimaerwärmung. (Ich erspare Ihnen weitere Details zum Inhalt. Danken Sie mir später.) Man schaltete während der Sendung dann zu einem «Aussenreporter», der über die Schülerstreiks berichten sollte. Und auch da: Charme hätte nicht weiter weg sein können.

Uncharmant und unpointiert

Warum es vor allem Deutschschweizer kaum auf die Reihe kriegen, lustig und charmant zu sein, ist mir unbegreiflich. Und wenn man keinen Charme hat, dann soll man kühl wie ein Kühlschrank und pointiert bei einer Satire-Show abliefern. Der Elsener hat bei beidem verfehlt.

Ich bin wirklich untröstlich, denn ich möchte nicht daran glauben, dass wir keine talentierten Menschen in unserem Land für solche Formate haben. Jedes Land dieser Welt bringt es irgendwie zustande, einen charismatischen, scharfen, telegenen und witzigen Menschen zur Primetime über Aktualitäten labern zu lassen. Warum das bei uns immer nach Schulaufführung ausschauen muss, verstehe ich einfach nicht.

Man bringe mir den Alkohol

Am Ende des Tages verhält es sich mit dem Fernsehen gleich wie mit so vielen anderen Sachen im Leben: Wer gut kocht, muss nicht zwingend ein Restaurant eröffnen. Wer einmal ein Pflaster richtig aufgeklebt hat, muss nicht Chirurg werden. Und wer einmal den Stammtisch zum Lachen gebracht hat, muss deshalb keine Late-Night-Satire-Show moderieren.

Ich wünsche dem Studiopublikum, dass es betrunken war. Ich zumindest hätte mir die Sache lieber nicht nüchtern reingezogen.

Von Joëlle Weil am 21. Januar 2019 - 08:43 Uhr, aktualisiert 3. Februar 2019 - 13:11 Uhr