1. Home
  2. Blogs
  3. Joëlle schaut fern
  4. Nik Hartmann bei «SRF bi de Lüt – Reise mitohne Hindernis»: Ein wichtiger Denkzettel

Joëlle schaut fern

Spass und Tränen bei «Reise mitohne Hindernis» 

Wie sehr «SRF bi de Lüt – Reise mitohne Hindernis» unsere TV-Kolumnistin Joëlle Weil berühren wird, hätte sie wohl selbst nicht gedacht. Sie ging anschliessend mit einem butterweichen Herzen zu Bett.

Artikel teilen

Nik Hartmann

Nik Hartmann und Damian spielen Interview. Hand aufs Herz: Ich hab schon manch einen Journalisten getroffen, der seine Fragen schlechter gestellt hat, als der herzige Damian. 

Screenshot SRF1

Etwas Süsses zum Dessert hätte ich am Freitagabend eigentlich nicht gebraucht. Doch ich konnte im Vorfeld nicht ahnen, wie süss «SRF bi de Lüt – Reise mitohne Hindernis» sein würde. Also bekam ich an dem Abend die doppelte Portion Zucker. 

In seiner neuen Dokureihe begleitet Moderator Nik Hartmann, 47, sechs Jugendliche mit Down-Syndrom auf ihrer Reise durch die Schweiz. Jeder will was anderes sehen und machen und jeder wird im Laufe dieser Reise auf seine Kosten kommen. 

Mike hat Angst

Man könnte fast glauben, die Protagonisten wurden sorgfältig gecastet, so unterschiedlich und bunt gestaltet sich die Truppe. Und mit all der Vielfalt warten natürlich auch verschiedene Hindernisse und Herausforderungen auf die Jugendlichen. Mike zum Beispiel ist sehr ängstlich. Nicht nur der Tunnel, sondern auch das aufziehende Gewitter und die Schlafunterlage aus Stroh auf dem Bauernhof machen ihm Angst.

Es ist in solchen Fällen ja oft eine Gratwanderung, bei Kindern generell und bei Menschen mit Down-Syndrom sowieso: Bis wohin werden wir als Zuschauern unterhalten? Und ab wann sollte ebendiese Unterhaltung gar keine mehr sein, weil sie vom Protagonisten gar nicht in dieser Form gewollt ist?

Nik Hartmann

Damian bricht nach dem Küheschnitzen in Tränen aus. Das Handwerk erinnert ihn an seinen verstorbenen Onkel. 

Screenshot SRF1
Der schönste Erinnerungszettel

Es gab einige Situationen während dieses Ausflugs, bei denen ich nicht wusste, wie bewusst sich die Protagonisten sind, dass die ganze Nation sie nun sehen kann. Beim Holzküheschnitzen zum Beispiel bricht Damian in Tränen aus, weil ihn das Schnitzen an seinen verstorbenen Onkel erinnert, der ihm regelmässig solche Kühe geschenkt hat. Ist es dann okay, Damian beim Weinen zuzuschauen?

Ich hab während 45 Minuten mitgelitten – aber vor allem viel, viel gelacht. Und ja, es ist okay, Damian beim Weinen und Mike beim Überwinden seiner Ängste zu zeigen. Es sind Sendungen wie diese, die uns Unbeteiligten daran erinnern, wie facettenreich unsere Gesellschaft ist und wie vielseitig auch Menschen mit Down-Syndrom sind. Wir neigen dazu, Menschen, die wir in Schubladen stecken, zu generalisieren. Und daher ist es ein wunderschöner und äusserst unterhaltsamer Erinnerungszettel, den uns Nik Hartmann mit seiner Sendung verpasst. 

am 24. August 2019 - 10:56 Uhr