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Perfektionismus als Hauptrisikofaktor

Diese Stressfaktoren begünstigen ein Eltern-Burnout

Nicht nur das Berufs-, auch das Familienleben kann fordernd sein. Expertin Katja Cattapan erklärt, welche Stressfaktoren zu einem Eltern-Burnout führen können und wie Betroffene ­wieder aus der Negativspirale herauskommen.

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Mutter mit ihren Kindern

Ständiger Lärm stellt eine grosse Belastung dar. 

Getty Images/Westend61

Katja Cattapan, was ist der Unterschied zum klassischen Burnout?
Auch beim Eltern-Burnout ist der Auslöser eine Erschöpfungsdepression. Allerdings ist die Situation eine andere: einmal Eltern, immer Eltern! Dies hat wie beim klassischen, also beruflichen Burnout eine ähnliche Auswirkung auf Suchterkrankungen und Schlafprobleme. Allerdings wirkt sich das Eltern-Burnout stärker auf Beziehungskonflikte aus wie die Entfremdung von der Partnerin oder vom Partner, Vernachlässigung des eigenen Kindes, Gewalt oder die Flucht von der Familie. Ein nicht ganz unwichtiger Aspekt: Es kann sich mit dem beruflichen überschneiden. Denn oft sind es Mehrfachbelastungen, die das Fass zum Überlaufen bringen.

Was sind die möglichen Ursachen?
Ein Burnout entsteht, wenn die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen, um mit den Bedingungen bei der Arbeit oder im Privatleben richtig umzugehen. Mögliche Gründe dafür sind Zeitmangel oder zu wenig soziale Unterstützung. In der Regel spielen aber auch subjektive Faktoren eine wichtige Rolle. Sprich: Mütter oder Väter sind mit ihrer Leistung unzufrieden, weil sie zu hohe Ansprüche an sich selbst oder das eigene Kind stellen. Perfektionismus gilt als ein Hauptrisikofaktor. Oder anders gesagt: Davon sind Eltern betroffen, die alles besonders gut und richtig machen möchten.

Gibt es noch weitere Gründe?
Wer ein Kind mit speziellen Bedürfnissen wie ADHS oder einer chronischen körperlichen Erkrankung hat, brennt tendenziell eher aus. Weitere Ursachen können eine inkonsequente Erziehung sein oder wenn sich die Eltern in Sachen Erziehung uneinig sind. Auch soziale Unterstützung ist von Bedeutung. Darum sind Alleinerziehende besonders gefährdet.

Wie erkennen Betroffene, dass sie an einem Eltern-Burnout leiden?
Erschöpfung ist das zentrale Thema. Jede Mutter und jeder Vater ist einmal ausgelaugt. Dauert dieser Zustand jedoch über einen längeren Zeitraum an, und sind die Eltern nicht mehr fähig, auch mal abzuschalten und Energie zu tanken, ist das ein mögliches Indiz. Dazu gesellen sich häufig Freudlosigkeit, Gereiztheit oder Irritierbarkeit. Die Palette an Symptomen ist gross. Viele Eltern leiden zudem an psycho-somatischen Beschwerden wie Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen, Infektanfälligkeit, Schlafstörungen und Magen-Darm-Symptomen.

«Die Folge kann eine psychiatrische oder psychosomatische Erkrankung wie eine Depression oder Angststörung sein, die im schlimmsten Fall im Suizid endet.»

Prof. Dr. med. Katja Cattapan

Bei welchen Anzeichen besteht denn Handlungsbedarf?
Mütter oder Väter sollten aktiv werden, sobald sie über einen längeren Zeitraum eine emotionale Distanz zum Kind fühlen, ungeduldig und gereizt sind, freudlos im Umgang mit dem Nachwuchs respektive der Familie oder sogar aus der Familiensituation entfliehen möchten. Es gibt aber auch eher unspezifische Symptome wie dauerhafte Erschöpfung, Schlafstörungen, sozialer Rückzug und das Vernachlässigen von Aktivitäten, die man früher gerne gemacht hat.

Was passiert bei einem unbehandelten Eltern-Burnout?
Die Folge kann eine psychiatrische oder psychosomatische Erkrankung wie eine Depression oder Angststörung sein, die im schlimmsten Fall im Suizid endet. Auch eine Trennung des Paares ist möglich. Darunter leidet das Kind.

Welche Tipps helfen Müttern und Vätern aus der Negativspirale?
Sie müssen aktiv werden, statt im Autopiloten-Modus weiterzumachen und zu leiden. Betroffene sollten ihrem Leben bewusst eine Richtung geben, Entspannungsmethoden in ihren Alltag integrieren und Hilfe annehmen. Auf diese Weise lassen sich die eigenen stressverstärkenden Muster beleuchten und kritisch hinterfragen. Zudem rate ich dazu, dass sie sich professionelle psychotherapeutische Hilfe holen.

Tabuthema: Eltern am Limit. Was empfehlen Sie Betroffenen?
Sie sind nicht allein. Es redet nur kaum jemand darüber. Paare sollten ihre Beziehung pflegen, proaktiv um Unterstützung bitten sowie die schönen Momente als Familie geniessen und wertschätzen. 

Prof. Dr. med. Katja Cattapan ist Stv. Ärztliche Direktorin und Chefärztin, Sanatorium Kilchberg ZH.

Von Vanessa Kim am 20. Mai 2023 - 07:00 Uhr