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Typisch Schweiz!

So eigen erziehen wir unsere Kinder

Erziehungsratgeber loben Eltern aus Frankreich, Finnland und Vietnam in den Himmel. Dabei haben wir Schweizer auch ein paar landestypische Erziehungstricks auf Lager.

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Kind Blockflöte

Schweizer zu finden, die keine Blockflöte spielen können, ist schwierig.

Getty Images

Die typisch französische Erziehung bringt benimmsichere Allesesser zum Vorschein. In Finnland ziehen die Eltern besonders lebenszufridene Kinder gross. Und in Vietnam sind Kinder meist schon mit neun Monaten trocken.

Wir Schweizer schielen via Erziehungsratgeber oft ins Ausland, um uns von dortigen Erziehungs-Eigenheiten inspirieren zu lassen. Dabei haben wir selber auch ein paar ganz coole Erziehungs-Methoden auf Lager. So eigenständig wächst ein durchschnittliches Schweizer Kind auf.

1. Keine Angst vor Messern

Es hängt wohl mit dem Schweizer Sackmesser zusammen, das Eltern einfach auf jedem Ausflug dabei haben. In der Schweiz lernen Kinder oft schon im Vorschulalter mit Schneidewerkzeug umzugehen. Spätestens im Waldkindergarten, gehen sie selbständig mit Messer und Säge um, wie eine Susanne Lukas, eine Journalistin von CBS-News erschrocken feststellen musste. «In den USA würden die Lehrpersonen, die Kindern solche Werkzeuge in die Hand geben, gefeuert und wegen fahrlässiger Gefährdung angezeigt.»

In ihrem Artikel zählt die Mutter eines Sohnes verschiedene Schweizer Erziehungs-Eigenschaften auf, über die sie erst gestaunt hat, deren Wert sie später jedoch zu schätzen lernte.

Am Beispiel Sackmesser zeigt sich: Schweizer Eltern sind engagiert darin, ihren Kindern Risiko-Kompetenz zu vermitteln. Es gilt als sinnvoller, früh den richtigen Umgang mit einem Messer zu erlernen, als lange auf elterliche Hilfe angewiesen zu sein. Denn solange ein Kind nicht mit einem Messer umzugehen lernt, bleibt es gefährlich.

2. Keine Eltern auf dem Schulweg

Selbstverständlich belgeiten auch in der Schweiz Eltern ihre Sprösslinge am Anfang auf dem Schulweg. Es ist jedoch Gang und Gäbe, schon Kindergärteler nach den ersten Tagen alleine loszuschicken. Wenn dies von der Länge und Verkehrssicherheit her zumutbar ist, wird Eltern sogar empfohlen, die Kinder nicht allzu lange zu begleiten.

Für Schulwegsexperte Pascal Regli ist klar: Im Alter von drei Jahren können Eltern mit ihren Kindern erste Strassenquerungen üben, also stehen bleiben und auf beide Seiten über die Strasse schauen. Mit vier Jahren sind viele Kinder bereit, selbständig verkehrsarme Quartierstrasse zu überqueren. Und ab fünf Jahren können sie sich mit der richtigen Übung normalerweise auch über etwas mehr befahrene Strassen bewegen.

Der Schulweg wird in der Schweiz als wichtige Lern- und Begegnungszone angesehen, auf der Kinder ohne elterliche Kontrolle Erfahrungen sammeln und sich entwickeln können.

3. Kein Wetter hält uns drinnen

«Schlechtes Wetter gibt es nicht, nur ungeeignete Kleidung.» Dieses Sprichwort könnte ein Schweizer oder eine Schweizerin erfunden haben - zumindest wird er von Eltern in der Schweiz gerne zitiert.

Gefütterte Gummistiefel, wasserdichte Latzhosen und eine gummierte Jacke gehören hierzulande in jeden Kinderschrank. Denn kaltes, niederschlagsreiches Wetter hält die typische Schweizer Familie nicht vom Rausgehen ab. Wir wandern mit unseren Kindern durch den Nieselregen, Schlitteln im Schneegestöber und Bräteln bei Wind und Wetter. Wer nicht mitmacht, kriegt das Sprichwort zu hören.

4. Kein Weihnachten ohne Blockflöte (naja, fast)

Früher gehörte der Blockflötenunterricht fest in den Stundenplan von GrundschülerInnen. Jeder, der hier aufgewachsen ist, konnte zum Leidwesen der gesamten Verwandtschaft unterm Weihnachtsbaum mindestens ein Liedli vorblockflöteln.

Heutzutage ist der Blockflötenunterricht fakultativ. Man findet das hölzerne Instrument (manchmal auch als Plastikausgabe) dennoch in fast jedem Haushalt mit Kindern. Die Blockflöte gehört mindestens so sehr zur Schweizer Identität wie Schokolade und Käse.

5. Keine Angst vor Fremdsprachen

Die Schweiz hat vier Landessprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Ob es daher kommt, dass in der Schweiz besonders viele Familien ihre Kindern mehrsprachig aufziehen? Laut Bundesamt für Statistik sprechen rund 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung im Alltag mindestens zwei verschiedene Sprachen. Neben den Landessprachen kommen auch Englisch, Portugiesisch, Kroatisch, Albanisch und Spanisch häufig vor. Bilingue Krippenangebote boomen, Frühförderungsangebote nehmen zu und der weitere Fremdsprachenerwerb hat bereits in der Grundschule einen hohen Stellenwert.

Einen Schweizer oder eine Schweizerin zu finden, die nach Schulabschluss keine Zweitsprache beherrschen, ist wahrscheinlich unmöglich.

Von KMY am 23. Februar 2021 - 07:09 Uhr