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Schluss mit Stress

Wie Eltern die Stressresistenz ihrer Kinder beeinflussen

Ob im Job oder im Privatleben – viele Schweizer und Schweizerinnen fühlen sich gestresst. Vor allem die Elterngeneration leidet unter den hohen Ansprüchen, die sie an sich selber stellt. Und gibt den Stress an die Kinder weiter. Psychologin Ulrike Ehlert über die Gründe und darüber, wie man die nächste Generation zu mehr Stressresistenz erziehen kann.

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Kinder

Nur nicht zu sehr behüten! Lasst eure Kinder auf Bäume klettern - das macht sie stressresistent!

plainpicture/Cultura/Henrik Weis

Prof. Ulrike Ehlert, warum leiden so viele Schweizer unter Stress?
Eine der häufigsten Ursachen bei den Schweizern sind die hohen Ansprüche an sich selber.

Gibts dafür einen Grund?
Generell lässt sich feststellen, dass die Individualisierung in der Gesellschaft schneller voranschreitet. Und wenn sich die Menschen mehr als Individuen wahrnehmen, so steigen auch die eigenen Ansprüche und Erwartungen.

Das ist aber nicht nur falsch, oder?
Nein, es kann sogar leistungsmotivierend wirken und bei einem Erfolg die Persönlichkeit stärken. Dafür müssen aber auch die Umstände stimmen.

«Gestresste Menschen klagen häufig über zu wenig Wertschätzung»

Wie meinen Sie das?
Gestresste Menschen klagen häufig darüber, dass sie zu wenig Wertschätzung und zu wenig Unterstützung durch ihre Vorgesetzten erfahren. Oft ist es nicht einmal die viele Arbeit, die als belastend empfunden wird, sondern dass man während der Arbeit häufig gestört wird.

Spielt denn nicht auch das steigende Arbeitspensum eine Rolle?
Ja, klar. Ob man sich dadurch aber gestresst fühlt, hängt stets von mehreren Faktoren ab.

Zum Beispiel?
Wie gross der Einsatz war. Musste ich für das Projekt meine Familie vernachlässigen? Kann ich mich danach richtig erholen? Und ganz wichtig: Welchen Background bringe ich aus der Kindheit mit?

«Man muss den Kindern etwas zutrauen. Das führt zu Selbstbewusstsein»

Dann können Eltern die Stressresistenz ihrer Kinder beeinflussen?
Ja, und jede andere enge Bezugsperson auch. Es es geht dabei um Selbstvertrauen und um den schmalen Grat zwischen Förderung und Überforderung.

Wie macht man das am besten?
Man muss den Kindern etwas zutrauen. Das führt zu einem guten Selbstbewusstsein und später zu einer höheren Toleranz, wenn mal etwas schiefgeht.

Was, wenn man diesen Background nicht mitbringt?
Dann ist es am wichtigsten, dass man sich dessen bewusst ist und sich überlegt, wer einen unterstützen kann. Überhaupt sollten alle mehr in soziale Beziehungen investieren, das wirkt gegen Stress.

«Ein einfacher Trick: Vor dem Schlafengehen alle offenen Fragen aufschreiben»

Wie zeigt sich negativer Stress?
Am häufigsten durch Schlafstörungen, Nervosität und hohe Reizbarkeit. Auch unspezifische physische Auswirkungen wie Nacken-, Kopf- oder Rückenschmerzen können ein Zeichen von Überforderung sein.

Was hilft dagegen?
Gezielte Erholung. Eventuell ist es bei permanenter Überlastung bei der Arbeit möglich, das Pensum zu kürzen. Wichtig ist auch, dass man die Arbeit nicht mit ins Bett nimmt. Ein einfacher Trick: Vor dem Schlafengehen alle offenen Fragen aufschreiben und idealerweise auch gleich das Smartphone ausschalten. Generell sollte man Aufgaben auch mal temporär vernachlässigen können.

Wie meinen Sie das?
Nehmen wir eine Frau Mitte 30, die zwei kleine Kinder hat, die arbeitet und in einer Partnerschaft lebt. Sie hat drei Rollen zu erfüllen, ist Mutter, Arbeitnehmerin und Partnerin. Wenn Sie es schafft, diese Rollen zeitweise voneinander zu trennen, hat sie weniger Stress. Kommt eine vierte Rolle dazu, zum Beispiel die Pflege eines Angehörigen, wird es kritisch, und das Risiko einer Überforderung steigt wieder.

Von Lisa Merz am 1. Juni 2019 - 17:10 Uhr