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Broschüre sorgt für rote Köpfe

Wie sollen unsere Kinder gendern?

Selbst wenn wir versuchen, im Alltag einigermassen Gleichstellung zu leben, scheitern wir oft - nicht zuletzt an der Sprache. Die Umsetzung einer gendergerechten Ausdrucksweise sollte dort beginnen, wo Sprache gelehrt wird: in der Schule. Eine entsprechende Broschüre des Zürcher Amtes für Gleichstellung sorgt für Diskussionen.

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Ob sie ihre Geschäftskorrespondenz dereinst in gendergerechter Sprache verfassen wird? Noch ist unsere Gesellschaft nicht soweit. 

imago images/Cavan Images

Bist du noch von gestern oder genderst du schon? Und wenn ja, wie? Diese Frage treibt derzeit nicht nur die Bundesverwaltung um - bei ihr wurden kürzlich Gender-Sterne etc. untersagt - sondern vor allem auch die Schulen.

Wie soll man Gleichstellung in der Sprache behandeln in einer Institution, welche der nächsten Generation den Umgang mit dieser beibringen soll, aber diesbezüglich zum Beispiel noch mit total veralteten Schulbüchern arbeitet?

Entwicklung unabhängig von starren Rollenbildern

Wie sehr unsere gesellschaft noch in alten Rollenbildern gefangen ist, zeigt der Diskurs, der um eine Broschüre der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung entfacht ist. Sie entstand im Rahmen des Schulentwicklungsprogramms «Gleichstellung in der Schule», das sich an alle professionell Tätigen an Schulen richtet, zum Beispiel Schulleitung, Lehrpersonen oder Sozialarbeiterinnen und -arbeiter.

Das Ziel des Programms ist es, «dass sich Kinder und Jugendliche entlang ihrer persönlichen Potenziale und Interessen entfalten können, unabhängig von starren Geschlechterstereotypen und Rollenbildern», schreibt die Fachstelle.

«Häufig wird zur Beschreibung gewisser Personengruppen ausschliesslich die maskuline Form benutzt. Studien zeigen, dass mit dieser Sprachlegelung Frauen gedanklich weniger einbezogen werden.»

Für Zündstoff sorgt dabei vor allem das Kapitel «Interaktion und Kommunikation». «Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch eine geschlechterreflektierte Sprache», heisst es da. «Häufig wird zur Beschreibung gewisser Personengruppen ausschliesslich die maskuline Form benutzt. Studien zeigen, dass mit dieser Sprachlegelung Frauen gedanklich weniger einbezogen werden.»

Gender-Gap, -Doppelpunkt oder -Stern?

Eine geschlechtergerechte Sprache zu pflegen sei nicht schwierig, heisst es weiter. Und es folgen Tipps an die Schulen: Man solle Begriffe wählen, welche das Geschlecht neutralisiere («Lehrkräfte»), die männliche und weibliche Form benutzen («Lehrerinnen und Lehrer») oder das Binnen-I oder den Schrägstrich («LehrerInnen, Leher/innen»). Oder aber den Gender-Gap («Lehrer_innen»), den Gender-Doppelpunkt («Lehrer:innen») oder den Gender-Stern («Lehrer*innen»), wobei letzterer nicht nur «aus Sicht der Barrierefreiheit vertretbar ist, da er von Scrrenreadern vorgelesen wird», sondern auch insofern inklusiv ist, als dass er alle mit einschliesst, zum Beispiel Trans- oder nonbinäre Menschen.

«Schulen müssen auf die gesellschaftliche Entwicklung reagieren.»

Hier liegt der Stein des Anstosses. Solche Empfehlungen kommen zu früh, findet Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. «Lehrerinnen und Lehrer sollten mit dem Genderstern zuwarten», sagt die «oberste Lehrerin» zu «Watson». Es mache Sinn, zuzuwarten, bis der Deutsche Rat für Rechtschreibung (Duden) verbindliche Regeln erlasse.

Wenn nicht in der Schule - wo dann?

Lucius Hartmann, Präsident des Vereins Schweizerischer Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer, sieht das anders: «Schulen müssen auf die gesellschaftliche Entwicklung reagieren», sagt er auf der selben Plattform.

Während die Gesellschaft noch nicht reif genug für verbindliche Gender-Regeln sei, seien zumindest die Gymnasien genau der richtige Ort, um diese Debatte zu führen. Wenn man bei der Einführung von gendergerechter Sprache nicht bei denen anfängt, die sie einmal prägen werden - wo dann?

Von SC am 25. Juni 2021 - 07:09 Uhr