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TV-Moderatorin spricht über Finanzerziehung

Anna Maier setzt bei ihren Kindern auf den Jugendlohn

Geld spielt eine zentrale Rolle in unserem Alltag. Also sollte die Finanzkompetenz auch eine zentrale Rolle in der Erziehung spielen, nicht? Wir beleuchten das Konzept Jugendlohn mit TV-Moderatorin Anna Maier, die es bei ihrer ältesten Tochter ausprobiert hat.

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Anna Maier mit Tochter Lena Anusha, 2021

Anna Maier mit ihrer ältesten Tochter Lena Anusha.

Thomas Buchwalder

«Über Geld spricht man nicht.» Diese Volksweisheit ist längst überholt. Über Geld sollte man unbedingt sprechen, ganz besonders innerhalb der Familie. Denn die Finanzen sind ein zentraler Aspekt unseres alltäglichen Lebens und einem Kind einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu vermitteln, ist eine zentrale Aufgabe der Erziehungsverantwortlichen.

Ganz besonders im Konsumparadies Schwiez, wo scheinbar alles verfügbar ist – notfalls auf Kredit. Online-Shopping und Pump-Kultur verleiten Menschen dazu, mehr Geld auszugeben, als sie haben. Gut 42 Prozent der Menschen in der Schweiz leben in einem Haushalt mit Schulden (hier sind verschiedene Schulden wie Zahlungsrückstände, Leasing oder Kredite berücksichtigt). In der Verschuldungs-Erhebung des Bundesamts für Statistik fällt die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen besonders auf. Offenbar tappen viele Menschen mit der Volljährigkeit in die Schuldenfalle.

Wie lässt sich das vermeiden? Ein Konzept zur frühen Vermittlung von Finanzkompetenz ist der Jugendlohn. Dieses vom Psychologen und Familientherapeuten Urs Abt in den 1970er-Jahren entwickelte Finanzerziehungsmodell hat sich mittlerweile als wirkungsvoller Ansatz der Gelderziehung etabliert. Es funktioniert ganz einfach: Damit Jugendliche lernen, ihr Budget zu verwalten und mit einem limitierten Geldbetrag auszukommen, erhalten sie von ihren Eltern einen monatlich fixen Geldbetrag zur eigenen Verwaltung. Mit diesem begleichen sie einen Teil der Lebenskosten (zum Beispiel die Handyrechnung) und ihre Konsumwünsche (zum Beispiel den Kinoeintritt).

Moderatorin Anna Maier (44) hat den Jugendlohn bei ihrer ältesten Tochter Lena Anusha (20) angewendet. Im Interview mit SI Family erklärt die Künstlerin, Buchautorin und TV-Frau, wie das Konzept in ihrem Familienalltag funktioniert hat und ob sie es auch für ihre beiden jüngeren Kinder, Julie (10) und Nio (9), in Betracht zieht.

Anna Maier, habe Sie selbst als Jugendliche Erfahrungen mit Schulden gemacht?
Nein, zum Glück nicht. Mein Vater war alleinerziehend und hat uns Kinder früh gelehrt, achtsam mit Geld umzugehen. Das hat mich geprägt. Auch, als ich mit 16 Jahren schon von zu Hause auszog. Ich musste mit meinem Lehrlingslohn und einem Zustupf meines Vaters auskommen. Da waren keine grossen Sprünge möglich.

An welche Regeln halten Sie sich im Umgang mit Geld?
Nie mehr Geld ausgeben, als vorhanden ist, und immer etwas zur Seite legen, das habe ich gelernt und mich strikt daran gehalten. Denn ich sah damals bei Kollegen, wie schnell man in die Schuldenfalle rutschen und diese zum Teufelskreis werden kann.

«Am besten trägt man ein kleines Notizbüchlein stets bei sich, um die Kontrolle über die Ausgaben zu behalten»

Anna Maier

Heutzutage ist es durch den Online-Konsum noch einfacher, sich zu verschulden. Wie beugen Sie dem in der Erziehung ihrer drei Kinder vor?
Wir sprechen regelmässig über diese Themen und auch, was das Leben allgemein kostet. Ich integriere die Kinder da bewusst jedes Jahr ein bisschen mehr. Mir ist es wichtig, dass die Kinder in ihrem Alltag mit Geld umgehen lernen. Denn nur so entwickeln sie ein Gefühl dafür.

Bei ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter haben Sie sich dafür entschieden, das Konzept Jugendlohn anzuwenden. Weswegen?
Eine Freundin mit einer gleichaltrigen Tochter hatte mich vor zehn Jahren auf die Idee des Jugendlohns aufmerksam gemacht. Pro Juventute empfiehlt, mit Jugendlichen ein Budget für ihre alltäglichen Ausgaben zu erstellen und anstelle eines Taschengeldes einen Jugendlohn auszubezahlen, mit dem sie ihrer wiederkehrenden Auslagen selbst übernehmen lernen. So entdecken sie in der Praxis auf eine spielerische und doch realistische Weise den monetären Gegenwert von Genussartikeln oder Hobbys. Gleichzeitig wird die Selbständigkeit und Selbstverantwortung gefördert, denn sie müssen auch abwägen, ob sie lieber auf etwas verzichten möchten, um für etwas anderes zu sparen.

Das Konzept kann individuell interpretiert werden. Wie haben Sie das gehandhabt?
Da es schon fast zehn Jahre her ist, weiss ich nicht mehr genau, mit welchen konkreten Ausgaben wir begonnen haben. Aber wir haben mit kleinen Geldbeträgen angefangen, damit sie sich zum Beispiel mal ein Glace oder ein Game selber kaufen konnte und haben uns dann über Jahre an die grösseren Investitionen herangetastet wie Kleider, Hobbys, Bus-Abo, Freizeitaktivitäten.

Wie gut hat das geklappt?
Wir brauchten ein paar Anläufe. Gehapert hat es anfangs daran, dass Geld grundsätzlich einfach ausgegeben wird, aber man sich später häufig schlecht erinnert, wofür, wenn man nicht akribische jeden Franken notiert. Dies ist für Jugendliche der eher unlustige und mühsame Teil des Jugendlohnes. Am besten trägt man ein kleines Notizbüchlein stets bei sich, um die Kontrolle über die Ausgaben zu behalten.

«Den Rat meines Vaters gebe ich auch meinen Kindern mit: Nur Geld ausgeben, das vorhanden ist, und immer etwas zur Seite legen»

Anna Maier

Welche Tipps können Sie noch geben für Eltern, die den Jugendlohn ausprobieren möchten?
Es ist wichtig, dass Eltern ihre Kinder eng begleiten in diesem Prozess. Einen Jugendlohn zu verwalten geht nicht alleine und schon gar nicht von heute auf morgen. Bei uns war es zum Beispiel so, dass meine Tochter das Tempo mitbestimmen konnte, zu was sie sich schon bereit fühlte. Ausgaben zu verwalten ist nicht mit dem Bezahlen eines Artikels getan. Wenn Jugendlichen erstmals bewusst wird, wie teuer das Leben ist und dass einem nichts geschenkt wird, kann dies auch Ängste auslösen.

Der Jugendlohn wird ab 12 Jahren empfohlen – ein Alter, das ihre jüngeren Kinder bald erreicht haben. Werden Sie das Konzept wieder aufgreifen?
Er ist auf jeden Fall schon ein rege besprochenes Thema. Meine mittlere Tochter wird diesen Sommer 11 Jahre alt und würde sehr gerne mit dem Jugendlohn beginnen. Wir werden uns da wiederum langsam herantasten, so, wie sie sich damit wohl fühlt. Aber ich bin absolut pro Jugendlohn. Weil ich glaube, dass Kinder, die früh mit Geld umgehen lernen, weniger Gefahr laufen, in eine Schuldenfalle zu tappen. Ich sehe auch, wie leichtfüssig meine heute 20jährige Tochter den Lohn ihres Studentenjobs verwaltet und ihre Ausgaben im Griff hat.

Welche weiteren Werte in der Finanzerziehung sind dir als Mama wichtig?
Dass Geld nicht einen übertriebenen Stellenwert erhält. Aber dass sie trotzdem wissen, was man mit Geld alles machen kann. Zum Beispiel, dass sie es nicht nur kurzfristig für nötige Auslagen nutzen oder in der Spardose aufbewahren, sondern eben auch langfristig anlegen können. Alle meine Kinder haben seit ihrer Geburt ein Fondskonto, auf das ich monatlich einzahle. Was mit einem Fonds oder beim Kauf von Aktien und Obligationen genau geschieht, das bespreche ich mit den Kindern, auch wenn sie nicht immer alles verstehen oder spannend finden (lacht). Oder aber ich erkläre ihnen, was eine Mietkaution ist oder wie eine Hypothek oder ein Leasing funktioniert. Den Rat meines Vaters gebe ich auch meinen Kindern mit: Nur Geld ausgeben, was vorhanden ist, und immer etwas zur Seite legen. Ebenso möchte ich, dass die Kinder einen Teil ihres Jugendlohnes spenden, wofür, können sie selber entscheiden. Kürzlich sagte mir meine erwachsene Tochter, was sie sich von meiner Erziehung besonders eingeprägt habe: Du kannst jedes Ziel erreichen, aber dies ist immer mit Arbeit verbunden. Erarbeite dir deine Träume und bleibe immer unabhängig. Das fand ich schön zu hören.

Von KMY am 3. Juni 2022 - 16:57 Uhr