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  4. Eislauf-Star Sarah van Berkel über Geschwister-Eifersucht zwischen Kindern Tim und Noè

Aus Eifersucht wurde Bruderliebe

So erlebte Sarah van Berkel die ersten sechs Monate als Zweifachmami

Anders als beim ersten Kind, weiss man beim zweiten bereits, was einen erwartet – oder nicht? Sarah van Berkel kommt nach sechs Monaten als Zweifachmami zu einem anderen Schluss.

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Sarah van Berkel mit Tim und Noè

Sarah van Berkel mit ihren Söhnen mit Tim und Noè.

ZVG

«Ein Kind ist wie kein Kind», sagt der Volksmund, «zwei sind wie ein Vielfaches davon». Diesen Spruch kriegen fast alle Eltern zu hören, die ein zweites Kind erwarten. Eislauf-Star Sarah van Berkel (38) und ihrem Ehemann, dem Triathleten Jan van Berkel (36), ging es nicht anders, als sie die zweite Schwangerschaft öffentlich machten. Am 8. August 2022 kam Noè auf die Welt und machte den kleinen Tim (2) zum grosssen Bruder. Zum Zeitpunkt des Interviews ist Noè genau sechs Monate alt. Zeit Bilanz zu ziehen! Bevor die Familie in eine sechswöchige Auszeit nach Neuseeland verschwindet, wollen wir von Sarah van Berkel wissen, wie sie sich in ihrer Rolle als Zweifach-Mami eingefunden hat. 

Sarah van Berkel, nach sechs Monaten als Zweifachmami, was halten Sie vom «Ein Kind ist wie kein Kind ...»-Spruch?
Ich habe beides gehört: Manche Eltern meinen, dass sich der Aufwand mit zwei Kindern mehr als verdoppelt, andere, dass die Umstellung von 0 auf 1 Kind grösser sei. Die Wahrnehmung ist offenbar individuell und ich habe mich einfach mal auf alle Möglichkeiten eingestellt.

Welche Variante trifft für Sie nun zu?
Für mich fühlen sich zwei Kinder definitiv nach einem Vielfachen an. Der Aufwand hat sich mehr als verdoppelt. Und wenn ich zurückblicke auf die ersten sechs Monate mit Tim, frage ich mich manchmal, was ich eigentlich den ganzen Tag gemacht habe mit nur einem Kind, das ja eigentlich ständig schlief. Mein Mann hat dazu eine Erklärung, die ich einleuchtend finde. 

«Tim hatte anfangs grosse Mühe mit der Geschwistereifersucht. Das hat stark an meinen Nerven gezehrt»

Sarah van Berkel

Wie erklärt er sich das Phänomen?
Beim zweiten Kind kommt der Faktor Erfahrung dazu. Wenn man mit diesem Erfahrungswert noch einmal beim ersten Kind anfangen könnte, wäre es mega chillig mit einem Kind. Aber da man diese Erfahrung beim ersten Kind nicht hat, macht man sich mehr Sorgen und hat mehr Fragen. Mit dem zweiten Kind nimmt diese Belastung ab. 

Dennoch fühlt es sich für Sie aber nach einem Vielfachen des Aufwands an mit zwei Kindern. Warum?
Einerseits liegt es wohl daran, dass in der Anfangszeit Vieles zusammen kam: Noè musste mit einer Augeninfektion mehrmals 5 Tage ins Spital, mein Mann war mitten in der WM-Vorbereitung und dann an der WM in Hawaii, und Tim hatte anfangs grosse Mühe mit der Geschwistereifersucht. Das hat stark an meinen Nerven gezehrt. 

Wie äusserte sich seine Eifersucht?
Als Einzelkind war er lieb und unkompliziert. Aggressionen zeigte er selten. Nicht einmal auf dem Spielplatz liess er sich gross in einen Streit verwickeln. Dann kam Noè auf die Welt und Tim machte ziemlich schnell klar, dass er diesen Bruder nicht haben wollte. Er wünschte sich, Noè gleich wieder abgeben zu können. Einmal meinte er sogar, man könnte ihn doch der Müllabfuhr mitgeben.  Er hat seinen kleinen Bruder bei jeder Gelegenheit gekratzt, gebissen, geschlagen, Dinge nach ihm geworfen. Ich war eigentlich permanent damit beschäftigt, zwischen den beiden einen Abstand zu sichern. Das bedeutete, dass ich nichts tun konnte, ohne die beiden aus den Augen zu lassen. Ein Kind nahm ich immer mit mir mit auf die Toilette. 

Wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Das Ausmass schockierte mich. Ich hatte damit gerechnet, dass mein Grosser zwischendurch vielleicht eifersüchtig sein könnte. Aber mit dieser Heftigkeit hatte ich nicht gerechnet. Ich fühlte mich teilweise überfordert. 

«Ich bin mit einer Schwester aufgewachsen und wir haben uns viel gezofft. Das gehört wohl dazu.»

Sarah van Berkel

Was hat Ihnen geholfen?
Ich versuchte, Geduld für Tims Verhalten aufzubringen, indem ich an meine eigene Kindheit zurück dachte. Ich bin mit einer Schwester aufgewachsen und wir haben uns viel gezofft. Das gehört wohl dazu. Zum Glück haben in meinem Freundeskreis auch viele Kinder in ähnlichem Alter. Der Austausch in unseren Mütter-Chats hat mir geholfen. Da konnte ich mal Dampf ablassen oder sehen, dass andere Eltern ähnliches erleben. Auch weiss ich mittlerweile, dass die Zeit sehr schnell vergeht mit Kindern. Vieles ist einfach eine Phase, die vorübergeht. Mit diesem Erfahrungswert kann ich mich selbst beruhigen, wenn ich unsicher oder gestresst bin als Mutter. 

Wie sind Sie mit der Geschwistereifersucht umgegangen?
Jan und ich haben oft darüber gesprochen, mit welcher Strategie man der Eifersucht entgegenwirken kann. Ich glaube, wir haben absolut jede Möglichkeit durchgespielt – von Schimpfen über Ignorieren bis hin zu mehr Einzelzeit mit Tim, damit er nicht das Gefühl hat, Noè nehme ihm unsere Aufmerksamkeit weg. Die Einzelzeit wollte er gar nicht, das hat mich überrascht. Wenn ich mich organisierte, einen Babysitter für Noè fand und Milch abpumpte um mit Tim alleine ins Hallenbad zu gehen, wollte er lieber zuhause bleiben. Schlussendlich weiss ich nicht, ob etwas davon genützt hat. Wahrscheinlich musste einfach Zeit vergehen, damit Tim sich an die neue Situation gewöhnen konnte. 

«Seit Noè sich vom Neugeborenen zu einem kleinen Menschen entwickelt, mit dem Tim interagieren kann, findet er ihn sogar richtig lässig.»

Sarah van Berkel

Ist es jetzt besser?
Ja, Tim hat begriffen, dass man ein Baby nicht einfach zurückgeben kann. Dass es bliebt und zur Familie gehört. Und seit Noè sich vom Neugeborenen zu einem kleinen Menschen entwickelt, mit dem Tim interagieren kann, findet er ihn sogar richtig lässig. Er hilft gerne mit, ihn zu versorgen, und will ihn herumtragen. 

Eltern erleben ihr zweites Baby oft ganz anders als das erste. Wie war das bei Ihnen?
Ich wusste, dass zwei Kinder oft recht unterschiedlich sein können. Da Tim als Baby relativ pflegeleicht war, stellte ich mich auf alles ein – sogar auf ein Schreibaby. Aber Noè kommt mir fast noch unkomplizierter vor. Er ist zufrieden und schläft gut. Nur das Stillen fiel mir dieses Mal schwerer, da ich wohl wegen der Belastungen in der Anfangszeit häufig unter Milchstau litt. Aber gleichzeitig hatte ich einen lockereren Umgang damit und machte mir keinen Druck, weiter zu stillen. Erfahrung bringt Gelassenheit. Nun klappt es seit einiger Zeit sehr gut. 

Welche Anzahl Kinder halten Sie für genau richtig?
Diese Anzahl haben wir bereits erreicht (lacht). Wir haben immer von zwei Kindern gesprochen und geträumt und es ist mega schön, dass wir nun zwei gesunde Söhne haben. 

Von KMY am 8. Februar 2023 - 07:00 Uhr