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Buch über schmerzvolle Jahre des Wartens und Leidens

Tanja Szewczenko ging wegen Kinderwunsch «durch die Hölle»

Sie spricht öffentlich über etwas, das viele von uns nicht mal engen Freunden erzählen würden: Tanja Szewczenko schildert in ihrem neuen Buch, wie sie für ihren Kinderwunsch jahrelang leiden musste und sogar selbst in Lebensgefahr schwebte. Und warum es ihr so wichtig ist, darüber zu sprechen.

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Tanja Szewczenko 2017

Musste sich in den Leidensjahren vor öffentlichen Auftritten manchmal das Make-up auffrischen, um die Tränen zu verbergen: Tanja Szewczenko.

Getty Images

Beim Lesen ihrer unglaublichen Leidensgeschichte geht einem erst auf, was für ein grosses Wunder es ist, dass Tanja Szewczenko (45) heute dreifache Mutter ist. Und wie gross ihr Kinderwunsch gewesen sein muss.

Schon vor ihrer 2011 geborenen Tochter Jona erleidet die einstige Eiskunstläuferin und Schauspielerin («Unter uns», «Alles was zählt») eine erste Fehlgeburt. Ab 2015 versuchen sie und ihr heutiger Ehemann Norman Jeschke (43) nochmals Eltern zu werden. Doch bevor im vergangenen Jahr die Zwillingsbuben Leo und Luis das Licht der Welt erblicken, geht das Paar jahrelang durch einen dunklen Tunnel, erlebt drei weitere Fehlgeburten, von denen eine gar im Chemotherapie-Zentrum endet, weil sich eine Eizelle ausserhalb der Gebärmutter an Tanjas Kaiserschnittnarbe eingenistet hat und entfernt werden muss.

Detailliert erzählt sie ihren traumatischen Weg zu ihrer Traumfamilie in ihrem neuen Buch «Durch die Hölle zum Glück», das ab dem 5. November erhältlich ist. Und geht im Interview mit «Gala» auf einige Fragen dazu ein.

Dass sie überhaupt Mutter werden will, wird Tanja Szewczenko erst 2008 im Alter von 30 Jahren so richtig bewusst. Damals wird bei ihr eine Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Parallel zum Eingriff nach dem auffälligen Abstrich lernt sie Norman Jeschke kennen. Nach der ersten Fehlgeburt macht Tochter Jona das Glück des Paars perfekt. Doch dann folgt wieder jahrelanges Hoffen, Bangen und Funktionieren, weil sich die beiden so sehr weitere Kinder wünschen und es einfach nicht klappen will. «Wir waren abhängig von Terminen, von Zyklen. Wir sind beispielsweise nicht auf den Weihnachtsmarkt gegangen, weil ich mir zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Spritze setzen musste. Das konnte ich aber niemandem erklären», erzählt Tanja Szewczenko im Interview mit Gala. «Eine Kinderwunschreise isoliert extrem und macht einsam. Hinzu kam die dauerhafte Grübelei.»

Jeden Monat habe sie sich erneut darauf gefreut, dass es klappen könnte, und es sei immer wieder dieser kleine Traum zerplatzt. «Je öfter das passierte, desto mehr hat mich das runtergezogen, mich zweifeln lassen, mich müder, kleiner und zerbrechlicher gemacht.»

Sex nur noch «im Dienst der Befruchtung»

Sie erzählt auch, wie unwohl sie sich schliesslich beim ersten Termin in der Kinderwunschklinik gefühlt habe, und wie wichtig es ihnen anfangs gewesen sei, zu erwähnen, dass sie bereits eine Tochter auf normalem Weg gezeugt hätten. «Da wusste ich noch nicht, dass es normal ist, sich Hilfe zu holen.»

Der Beziehung konnte die schwere Zeit zum Glück nichts anhaben, auch wenn sie eine Zeit lang nur «Sex im Dienst der Befruchtung» gehabt hätten. «Wir hatten auch dann Sex, wenn wir eigentlich zu müde oder gestresst vom Tag waren.» Sie hätten dann humorvoll zueinander gesagt: «Da müssen wir jetzt durch.»

Das Schlimmste steht ihnen da aber noch bevor: die erwähnte Narbenschwangerschaft, als ihr gar die Entfernung der Gebärmutter droht. «Ich habe mich irgendwann gefragt, ob es die Strafe vom Schicksal ist, weil wir versuchen, eine Schwangerschaft herbeizuzwingen.» 

Trotz weiterer Fehlgeburten mit dramatischen Folgen (Sturzblutung, Not-OP) und einem Gehörsturz von Tanja gibt das Paar nicht auf. Von aussen betrachtet fast unvorstellbar. Sie versucht es im Interview zu erklären: «Mein Bauchgefühl sagte mir, dass hier was falsch läuft, dass es doch möglich sein muss. Das Retten meiner Gebärmutter habe ich als Zeichen wahrgenommen, es weiter zu versuchen.»

Und tatsächlich: 2020 wird sie schwanger. Auf natürlichem Weg. Völlig überraschend. Mit eineiigen Zwillingen! Dass sie nun ihre Leidensgeschichte nochmals aufrollt, hat einen speziellen Grund.

Aufforderung zu mehr Offenheit

Mit ihrem Buch will sie andere Betroffene unterstützen. Denn es stört sie, dass Fehlgeburt und Kinderwunsch Tabuthemen sind. «Weil wir nicht genug aufgeklärt wurden, weil sich viele dafür schämen, eine Fehlgeburt zu erleiden oder nicht auf natürlichem Weg Kinder bekommen zu können. Man traut sich nicht, mit anderen darüber zu sprechen. Dadurch kommt aber kein Austausch zustande und jeder denkt, er wäre allein mit seinem Problem.» Auch ihr sei es anfangs so ergangen. «Das hat in mir Versagensängste ausgelöst. Ich dachte, es wäre das Einfachste der Welt, schwanger zu werden. Das ist es aber oft nicht. Und meistens steckt eine Erkrankung dahinter, von der man noch nichts weiss.» Das war auch in ihrem Fall so: Wie sich schliesslich herausgestellt habe, hatte ihr Mann Anti-Spermien-Antikörper.

Tanja Szewczenko findet es deshalb auch keine gute Idee, eine Schwangerschaft in den ersten drei Monaten zu verschweigen, weil noch so viel passieren könne. «Man teilt nicht sein frühes Glück mit den anderen, aber auch nicht sein Unglück, wenn es zu einer Fehlgeburt kommt. Das fördert Schuldgefühle im Stillen und isoliert die Betroffenen.» Nach ihren vier Fehlgeburten habe sie sich komplett allein gefühlt und wusste vieles nicht. «Ich habe so viel mit mir herumgetragen, dass ich fast geplatzt wäre.»

Von am 3. November 2022 - 17:50 Uhr