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Experte erklärt Nutritional Psychology

Welche Ernährung hilft bei ADHS und Co.?

Was wir essen kann tatsächlich Einfluss auf psychische und neurologische Beeinträchtigungen haben. Ein Neurowissenschaftler erklärt, welche Nahrungsmittel zum Beispiel bei ADHS oder Angststörungen helfen können – und auf welche man besser verzichtet.

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<p>Auch wenns nicht immer schmeckt – gerade bei Kindern mit neurolgischen Divergenzen ist Gemüse ein Must auf dem Speiseplan. </p>

Auch wenns nicht immer schmeckt – gerade bei Kindern mit neurolgischen Divergenzen ist Gemüse ein Must auf dem Speiseplan. 

Getty Images

Obwohl der Darm und das Gehirn nicht nah beieinanderliegen, können die beiden Organe über das Nervensystem miteinander kommunizieren. Diese sogenannte Darm-Hirn-Achse funktioniert in beide Richtungen. «Deshalb haben viele Menschen Verdauungsprobleme, wenn sie gestresst oder ängstlich sind», sagt Martin Keck (57), Neurowissenschaftler und Mediziner mit eigener Praxis in Zürich.

Umgekehrt kann auch der Darm unser Verhalten und Empfinden beeinflussen. Dabei spielt das Mikrobiom, also die Milliarden von Mikroorganismen, die im Darmtrakt leben, eine zentrale Rolle. Die Nutritional Psychology erforscht diesen Einfluss der Ernährung auf unsere Psyche. Es spielt also durchaus eine Rolle, was Kinder und Jugendliche, die beispielsweise unter Depressionen oder Angststörungen leiden, ADHS haben oder auf dem Autismus-Spektrum sind, essen.

1. Depression

«Die mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Fisch, Poulet und Olivenöl hat bei Depressionen den stärksten positiven Effekt», sagt Keck und verweist auf eine australische Studie namens «The Smiles Trial» aus dem Jahr 2017. Sie konnte zeigen, dass sich die Symptome bei depressiven Menschen schon nach drei Monaten deutlich verbesserten, in dem sie von einer ungesunden Ernährung (viel verarbeitetes Fleisch, Süsses, Salziges und Fertigprodukte) auf eine mediterrane Ernährung umgestiegen sind. Diese Ernährungsweise gilt grundsätzlich als vorteilhaft und hilft auch bei anderen psychischen Störungen. Der Experte sagt: «Olivenöl wirkt durch den hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und sekundären Pflanzenstoffen entzündungshemmend.» Und das könne sich positiv auf die Psyche auswirken.

2. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung)

Die Symptome von ADHS können sich verschärfen, wenn Betroffene wenig Ballaststoffe essen, sagt der Experte. «Besonders schlecht sind zuckerhaltige und industriell verarbeitete Lebensmittel, da sie das Gehirn irritieren und beispielsweise die Neubildung von Synapsen und Nervenzellen hemmen.» Neben Ballaststoffen seien Omega-3-Fettsäuren sehr wichtig für Menschen mit ADHS. «Eine Untersuchung ergab, dass Kinder, die pro Tag zusätzlich ein Gramm Omega-3 in Form eines Nahrungsergänzungsmittels bekommen haben, weniger zappelig waren und sich besser konzentrieren konnten.» Kapseln auf Algenbasis sind laut Keck genauso gut wie Kapseln aus Fischöl. Wichtig ist, dass sie die beiden Fettsäuren EPA und DHA enthalten.

3. Angststörung

Ein schwankender Blutzuckerspiegel, Koffein und Alkohol können dem Experten zufolge Angststörungen begünstigen. «Um den Blutzucker möglichst stabil zu halten, ist es wichtig, Lebensmittel zu essen, die im Körper nur wenig Insulin ausschütten lassen.» Das heisst, Betroffene sollten auf Süssstoffe, stark verarbeitete Produkte und kurzkettige Kohlenhydrate verzichten. «Am schlimmsten ist Fructose, da es in der Leber direkt zu Fett umgewandelt wird, Entzündungen auslöst und dadurch im Gehirn die Empfindlichkeit für Insulin vermindert», sagt Keck. Früchte seien aber kein Problem, da die enthaltenen Ballaststoffe dafür sorgen würden, dass die Fructose nur langsam ins Blut abgegeben werde. Insgesamt ist also auch bei Angststörungen eine ballaststoffreiche, mediterrane Ernährung sinnvoll.

4. Autismus-Spektrum-Störung

«Bei Autismus-Spektrum-Störungen sind vor allem stark verarbeitete Lebensmittel, ein hoher Zuckerkonsum sowie Transfette ungünstig», sagt Keck. Positiv sei eine mediterrane Ernährung, die durch präbiotische und probiotische Lebensmittel ergänzt werde. Präbiotika kann man über ballaststoffreiche Nahrungsmittel aufnehmen und Probiotika stecken in Naturjoghurt, Kefir oder fermentiertem Gemüse wie Sauerkraut oder Essiggurken. Manchmal sei es hilfreich, weniger Gluten und Milchprodukte zu essen, sagt der Experte. Die wissenschaftliche Evidenz sei hier aber weniger eindeutig als etwa bei der mediterranen Ernährung im Zusammenhang mit Depressionen. «Insgesamt hängt der Einfluss der Ernährung stark von der Ausprägung der Autismus-Symptomatik ab.»

 

Von Jana Giger vor 2 Stunden