Das hätte Walter Thalmann vor 50 Jahren nicht einmal zu träumen gewagt: dass er im Park sitzt, die Sonne geniesst und vor allem dass er eine gesunde Niere hat. Sie stammte von einem Spender, der tödlich verunfallt war, und wurde ihm als 24-Jähriger eingepflanzt. «Mehr weiss ich nicht über den Mann, der mir ein neues Leben ermöglichte», sagt der heute 74-Jährige. «Ich hatte unglaubliches Glück!»
Lange fand man nicht heraus, warum Walter Thalmann als junger Mann ständig erschöpft war. Zudem war sein Blutdruck mit 200 mmHg viel zu hoch. Der Hausarzt schickte ihn zur Kur nach Arosa. In den drei Wochen an der Höhensonne hat sich sein Zustand aber nur verschlechtert, er schien keine Energie mehr zu haben. Erst danach folgte die richtige Diagnose: Thalmann litt unter einer Schrumpfniere. Dabei handelt es sich um eine Vernarbung der Niere (auch Nierenfibrose genannt) als Folge von diversen Erkrankungen wie zum Beispiel angeborene Störungen, Entzündungen oder Infektionen der Niere. Durch die Vernarbung wird sie immer kleiner – sie schrumpft.
Nierenerkrankungen werden oft spät erkannt, da die Nieren keine sensiblen Nerven haben und deshalb keine Schmerzen auslösen. Da nur 10 Prozent der Nierenfunktion ausreichen, bemerkt man die schlechte Nierenfunktion erst, wenn sie unter etwa 20 Prozent fällt oder noch später. «Leider hat man bei mir die Ursachen nie herausgefunden», sagt Walter Thalmann. Sicher war, dass er eine Behandlung benötigte – es folgten unzählige Dialysesitzungen, sein Blut wurde per Maschine gereinigt. Zweimal pro Woche war er für die Blutwäsche von sechs Uhr abends bis um fünf Uhr morgens im Spital. Heute dauern diese Sitzungen noch drei bis vier Stunden.
Nach einem halben Jahr entschieden die Ärzte damals, dass man beide Nieren zur Vorbereitung auf die geplante Transplantation entfernen müsse (heute bleiben die kranken Nieren im Körper). Am Tag nach der Entnahme – Walter Thalmann lag da noch immer im Spital – wurde per Zufall eine passende Spenderniere gefunden. «Damals ging das ohne lange Warteliste. Ich war gerade vor Ort, und alle Voraussetzungen stimmten.» Vor dem Eingriff hatte Walter Thalmann keine Angst. Zwei Monate musste er im Spital bleiben. «Ich hatte ein eigenes Zimmer wegen meines geschwächten Immunsystems, Krankenschwestern waren rund um die Uhr an meiner Seite. Es gibt Schlimmeres», erzählt er und lacht.
Thalmanns Körper nahm das fremde Organ ohne Probleme an. Die Medikamente halfen ihm dabei. Bis heute muss er täglich Tabletten schlucken. «Am Anfang hiess es, die Niere funktioniere zehn Jahre. Dann waren es plötzlich 20, 30, 40 und jetzt 50!»
Die Nieren scheiden via Urin Endprodukte des Stoffwechsels und Giftstoffe aus und regulieren den Wasserhaushalt sowie den Säure-Basen-Haushalt des Körpers. Die Nieren produzieren zudem Hormone für die Blutbildung und die Regulierung des Blutdrucks.
Im Endstadium: extrem hoher Blutdruck, Rückgang der Urinmenge, Benommenheit, Schläfrigkeit, Wassereinlagerungen, Luftnot, Appetitlosigkeit, Übelkeit.
Prinzipiell kommen für eine Spende alle Personen infrage, die nicht an einer aktiven Krebserkrankung, einer Prionenerkrankung (z. B. Creutzfeldt-Jakob) oder einer nicht behandelbaren Sepsis (Blutvergiftung) leiden. Entscheidend sind der Gesundheitszustand und die Funktionsfähigkeit der einzelnen Organe. Es gibt keine obere Altersgrenze für Organspender.