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Ein Fall für Stutz

Gewichtsverlust: Diese Tipps helfen gegen den Abnehm-Frust!

Der Kampf gegen die Kilos bringt eine Leserin fast zum Verzweifeln. Obwohl sie sich genügend bewegt, nimmt sie immer weiter zu. Dr. Stutz erkennt die Gründe und weiss, weshalb die Leserin nicht abnimmt: Einerseits beschäftigt sie sich zu oft mit dem Thema Essen, und anderseits ernährt sich die Leserin falsch.

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Ich gelange an Sie, weil ich ratlos und am Verzweifeln bin. Ich hatte 2012 und 2013 Skiunfälle – Kreuzband rechts und links. Folglich konnte ich mich in beiden Jahren kaum sportlich betätigen und habe – bei einer Grösse von 160 Zentimetern – von 69 auf 74 Kilogramm zugenommen.

Letztes Jahr konnte ich mich endlich wieder mehr bewegen und mich wieder sportlich betätigen. Mein grosses Hobby ist Golf. Leider bewegte sich mein Gewicht überhaupt nicht nach unten. Einzig im Oktober und November habe ich etwa zwei Kilo abgenommen. Ich war so happy und dachte, nun geht etwas. Leider war diese Freude nur von kurzer Dauer. Obschon ich in den Wintermonaten praktisch jeden Tag etwa 20 Minuten mit meinem Hula-Hoop-Ring mit Gewicht trainierte und anschliessend 20 Minuten auf dem Minitrampolin joggte, nahm ich kontinuierlich zu, bis auf 75 Kilo. Letzte Woche waren wir in den Skiferien, machten lange Märsche, zum Teil bis 28 000 Schritte am Tag, und Langlauf, fuhren Ski und assen fast immer nur Frühstück und am Mittag oder am Abend. Ich fühlte mich super, dachte, nun hast du sicher ein Kilo verloren. So stand ich am Montag dann auf die Waage, und es gab mir beinahe etwas! Absolut kein Gewichtsverlust! Wissen Sie, ich fühle mich nicht schlecht und eigentlich auch nicht dick. Meine Kilos sind zum Glück von oben bis unten gut verteilt. Aber ich habe Angst, dass das so weitergeht und ich die Kilos dann gar nicht mehr loswerde. Haben Sie mir einen Rat?
Eine Ratlose Leserin

Das sagt Dr. Stutz:
«Tägliches Wägen verursacht nur Enttäuschung und Stress»

In diesem Fall verhinderten gleich mehrere Faktoren einen Gewichtsverlust. Da ist einmal die über die Jahre entstandene gedankliche Fixierung aufs Essen und Abnehmen. Gerade bei Frauen im Alter zwischen 40 und 60 sehe ich das sehr häufig. Im Glauben, der Gesundheit etwas Gutes zu tun, dreht sich von morgens bis abends alles um gesunde Ernährung, um Portionengrösse und um Kalorien. Das Thema wird oft so dominant, dass aus der gesunden Ernährung eine Art Ersatzreligion wird und aus dem Essen ein Ersatzpartner, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Dazu passt das häufige Wägen. Jeden Tag auf die Waage zu stehen oder sich nach einem sportlichen Training oder auch nach einer Ferienwoche zu wägen, macht nicht nur keinen Sinn, sondern verursacht Stress und Enttäuschungen. Das Gewicht schwankt schon im Verlaufe eines Tages so stark, dass ein oder zwei Kilo mehr oder weniger rein gar nichts aussagen können. Kommt dazu, dass nach intensiver sportlicher Betätigung das Gewicht schon allein deshalb zuerst mal nur zunehmen kann, weil die Muskelmasse vermehrt wird. Dieser Erfolg schlägt sich auf einer normalen Waage nicht nieder, sondern nur auf einem Körperanalysegerät. Das einfachste und zuverlässigste Mass für den Erfolg beim Abnehmen ist ohnehin der Bauchumfang. Man kann ihn messen, aber auch gut abschätzen, wenn man alte Kleider hervornimmt oder schaut, welches Loch im Gürtel man braucht.

Die Ernährungsgewohnheiten dieser Leserin weisen sogleich auf einen Fehler, der sehr oft gemacht wird: zu wenig Eiweiss zum Frühstück. Etwas Milch oder eine Portion Joghurt reicht bei Weitem nicht. Genug Eiweiss zum Zmorge – in welcher Form auch immer – hat einen lange sättigenden Effekt. Eiweiss wird zudem kaum in Fett umgewandelt und benötigt zur Verstoffwechselung selber noch eine gehörige Portion Energie, das heisst Kalorien. Ein weiterer Fehler sind die Zwischenmahlzeiten, auch wenn sie noch so gut gemeint sind. Selbst Früchte haben zwischendurch nichts zu suchen, wenn jemand abnehmen will. Zu den Hauptmahlzeiten dagegen sind sie optimal, besonders wenn man damit andere Kohlenhydrate wie zum Beispiel Teigwaren ersetzt. Streicht man alle Zwischenmahlzeiten, die bis heute noch in den meisten Ernährungsratgebern fälschlicherweise propagiert werden, kommt man am Vormittag und Nachmittag auf Intervalle von je vier bis fünf Stunden Dauer. Diese erleichtern das Abnehmen ungemein und sind eine Wohltat für den Stoffwechsel und die Bauchspeicheldrüse mit ihrer Insulinproduktion.

Wer die Hauptmahlzeiten mit einer reichen Auswahl an Gemüse, Salaten und Früchten aufwertet, die Eiweiss-Portionen erhöht und alle Arten von Zucker stark reduziert, wird wie diese Leserin die Erfahrung machen, dass sich der Blutzuckerspiegel trotz fehlenden Zwischenmahlzeiten rasch normalisiert und Heisshungerattacken schon bald einmal ausbleiben.

So ging es weiter: Dr. Stutz kontaktierte mich persönlich und fragte im Detail nach meinen Essgewohnheiten. Dabei zeigte sich, dass ich zum Frühstück viel zu wenig Eiweiss zu mir nahm. Ich dachte, die Milch im Müesli sei genug. Was ich zum Znüni esse, fragte er mich. Eine Frucht, war meine Antwort, weil ich meinte, Obst sei gesund und decke die Vitaminzufuhr. Seine Antwort: Früchte unbedingt, aber nur zu den Haupt- und nicht als Zwischenmahlzeit, wenn man abnehmen will. Ich solle versuchen, am Morgen und am Nachmittag mindestens je vier Stunden am Stück komplett nüchtern zu sein. Auch ein Mahlzeitenersatz komme für mich infrage, um endlich einen Gewichtsverlust möglich zu machen. Sofort setzte ich das Ganze um. Zum Frühstück esse ich seither einmal Quark mit Flöckli und einer Banane oder Knäckebrot mit Frischkäse und einem Ei und ein anderes Mal etwas Hartkäse und etwas Rohschinken. Zum Znüni trinke ich nun nur noch einen Kaffee oder Tee. Das Mittagessen ersetze ich mit einem Mahlzeitenersatz, und dazu nehme ich Früchte, die ich bisher als Zwischenmahlzeiten gegessen habe. Am Abend esse ich richtig viel Gemüse, Fisch, Fleisch, Salate, aber wenig Kohlenhydrate. Zwischendurch habe ich gar nichts mehr gegessen und hatte dabei kein einziges Mal Hungergefühle. Natürlich bewege ich mich wie bisher möglichst viel und gehe wenn immer möglich zu Fuss zur Arbeit. Ich schaue darauf, dass ich jeweils die 10 000 Schritte pro Tag erreiche. Schon wenige Tage danach fühlte ich mich viel besser. Dr. Stutz riet mir aber, erst ein paar Wochen später auf die Waage zu stehen. Am Vorabend war ich etwas unsicher, da ich mich ja schon einige Male leichter gefühlt hatte, aber wenn ich mich dann wog, dasselbe oder ein noch höheres Gewicht auf der Anzeige stand. Aber dieses Mal hatte ich ein Erfolgserlebnis! Die Waage zeigte zwei Kilo weniger an! Juhui!!! Der Anfang war geschafft! Ich fühlte mich so glücklich! Nach der Arbeit kaufte ich je ein Kilo Salz und Zucker und machte mich zu Fuss auf den Heimweg, die zwei Kilo in der Einkaufstasche und nicht mehr an meinem Körper als Fett! Ein tolles Gefühl! Ich habe mir vorgenommen, dass ich zukünftig jeweils nur am 1. jedes neuen Monats auf die Waage stehe, und hoffe, dass das Gewicht langsam, aber stetig abnimmt. Ich weiss jetzt, dass es nicht an meinem Alter liegt, sondern an meinem Essverhalten.

Es geht mir sehr gut, und ich fühle mich super. Ich denke, dass ich wieder etwas leichter geworden bin. Da ich ja nicht auf die Waage stehe, messe ich meinen Erfolg an einem Paar Hosen, das mir schon lange nicht mehr passt. Letzte Woche konnte ich den Knopf noch nicht schliessen. Gestern schon! Wie schön, ich freue mich wirklich sehr über diesen Erfolg. Ich könnte weinen vor Freude, weil ich erst jetzt merke, wie sehr mich dies alles belastet hat. Und das Wichtigste: Ich bin überglücklich, dass ich meinen Kopf endlich wieder freibekommen habe und sich nicht mehr alles nur ums Essen und Abnehmen dreht.

Dr. Samuel Stutz analysiert Schicksale, die unter die Haut gehen.

Dr. Samuel Stutz analysiert Schicksale, die unter die Haut gehen.

ZVG

Sind Sie ein scheinbar unlösbarer «Fall»? Schreiben Sie an sprechstunde@doktorstutz.ch.

Von Dr. Samuel Stutz am 7. Juli 2015 - 18:31 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:05 Uhr