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Check-up: Migräne

Migräne: Stress wegen Sommerhitze!

Tropische Nächte und schwüle Tage setzen dem Körper zu. Dann leiden Heisswetter-Migräniker - die Gluthitze löst bei ihnen pochende Kopfschmerzen aus.

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Migräne-Attacke: 

Kommen Temperaturen über 30 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit zusammen, bedeutet das enormen Stress für den Körper.
iStockphoto, Kiki Obermayr

Wer Migräne-Kopfschmerzen kennt, erinnert sich nur ungern an die Stunden und Tage der Qualen. Über eine Million Schweizerinnen und Schweizer leidet daran. Sehr verbreitet ist die Wochenend-Migräne. Sie befällt den Stress-Entspannungs-Typ, und zwar genau dann, wenn der Stress nachlässt: am Freitagabend oder zu Ferienbeginn. Doppelt unfair: Häufig leiden Betroffene das ganze Wochenende, aber pünktlich zum Wochenstart am Montag sind sie wieder voll einsatzfähig.

Um Stress geht es auch beim Leistungs-Typ. Wettkampfsportler etwa entwickeln Migräne nach dem Wettkampf, nicht aber nach dem Training. Dann der Mens-Typ: Während oder kurz vor der Monatsblutung werden Frauen regelmässig von Migräne-Attacken heimgesucht. Erst in der Menopause lassen diese nach. Auch Wetterfühligkeit scheint weit verbreitet. So reagiert der Bise-Typ sensibel auf kalte Temperaturen, die mit dem Wind aus Norden und Nordosten zu uns geführt werden.

Im Hochsommer trifft es vermehrt den Heisswetter-Typ. Kopfweh-Experte und Migräne-Spezialist Dr. Reto Agosti vom Kopfwehzentrum Hirslanden Zürich in Zollikon weiss: «Wegen der zunehmend heissen Sommer leiden immer mehr Menschen unter hitzebedingten Migräne-Attacken. Die hohen Temperaturen von über 30 Grad, kombiniert mit einer hohen Luftfeuchtigkeit, sind Stress pur für den Körper, der sich nach Abkühlung sehnt.» Das Problem: Wenn das Thermometer in Tropennächten nicht unter 20 Grad fällt, kann sich der Organismus selbst zu Ruhezeiten nicht entspannen. Der Körper schwitzt, weil er sich dringend abkühlen möchte. «Schafft er das nicht, entstehen Hitzestau, grosser Stress. und die Muskeln verspannen sich», sagt der Experte. Seine Hypothese: «Der Muskel ist wie ein Sinnesorgan, er nimmt viel mehr wahr, als wir uns vorstellen. Sensoren an Schläfen, Hals und Schultern reagieren nicht nur auf Bise, sondern auch auf Überhitzung. Die Folge: Migräne

Doch es gibt Vorboten, sogenannte Prodrome. Mehr als die Hälfte der Migräniker kennen sie. «Exzessives Gähnen während zwei bis drei Stunden, obwohl man ausgeschlafen hat, ist ein Prodrom», sagt Dr. Agosti. Nimmt man ein Panadol, noch bevor die Schmerzen kommen, kann man die Migräne-Attacke verhindern.

Ist die Attacke bereits im Anzug und nützen normale Schmerzmittel nicht, muss man auf Triptane umsteigen. Die sind rezeptpflichtig und werden als Tablette, Zäpfchen oder Nasenspray eingenommen, selten auch gespritzt. Ganz neu, aber noch nicht im Handel, sind sogenannte CGRP-Blocker, die gleich mehrere Systeme blockieren und so die Migräne ausschalten. Ergänzend sollten Mittel gegen die Übelkeit nicht vergessen werden. Wenn gar nichts mehr nützt oder man die richtigen Medikamente nicht zur Hand hat, bleiben Notfallarzt oder Notfallstation. Nach einer Infusion sind die Schmerzen schnell weg.

Wer mehr als fünf Mal pro Monat Migräne hat, sollte vorbeugen. Dr. Agosti: «Es gibt 50 verschiedene Substanzen, die sich für eine Basisbehandlung eignen. Ich wähle jenes Medikament aus, das gleichzeitig ein weiteres Problem des Patienten behebt. Einige Migräne-Mittel sind blutdrucksenkend, andere gut gegen Durchfall, wieder andere wirken gegen Übergewicht.» Was ist mit Botox? «Botox nimmt den Schmerz und entspannt gleichzeitig die verkrampften Muskelfaser-Nester.» Positive Wirkung haben auch Sport, autogenes Training oder eine Cranio-Sacral-Therapie. Für hartnäckige Fälle arbeitet Dr. Reto Agosti sehr eng mit Kollegen von Rehakliniken zusammen. «Viele Leute vergessen, dass man auch mit Verhaltensanpassungen sehr viel gegen Migräne unternehmen kann. Das lernen sie in den spezialisierten Kliniken.»

CHECK SECHS MERKMALE EINER MIGRÄNE

  • Behindernde, starke, pochende Kopfschmerzen
  • Licht-, Lärm- und Geruchsüberempfindlichkeit
  • Übelkeit (fast jeder) und Erbrechen (jeder Fünfte)
  • Sehstörung (Zickzack-Linien, blinde Flecke)
  • Gefühlsstörungen an Armen und im Gesicht
  • Wortfindungsstörungen

Allgemein gilt: Alle die Migräne begleitenden Symptome können auch ohne Kopfschmerzen, isoliert oder in beliebiger Kombination auftreten.

Tipp

Gefährdet ihre Migräne ihren Job, oder suchen Sie einen migränegerechten Arbeitsplatz? Die Aktion Kopfwohl bietet Coaches an, die Migräne-Leidende im Arbeitsalltag unterstützen. www.jobwohlkopfwohl.ch

Informationen im Internet

Von Dr. med. Samuel Stutz am 23. August 2010 - 11:55 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 19:51 Uhr