Beinahe jeder fünfte Mann leidet unter vorzeitigem Samenerguss, will man den Umfragen glauben. Von einem vorzeitigen Samenerguss spricht man, wenn es dem Mann regelmässig nicht gelingt, etwa zwei Minuten mit dem eingeführten Glied zu verharren, ohne dass es zur Ejakulation kommt. Diese Definition berücksichtigt jedoch die individuellen Bedürfnisse eines Paares nicht ausreichend. Unter Umständen genügen schon 30 bis 60 Sekunden, um eine Frau zu befriedigen, sofern sie während des Vorspiels genügend erregt wurde.
Erreicht die Partnerin dagegen nie oder selten den Höhepunkt, führt das zu einer Kette von Frustrationen. Denn die nach der Ejakulation eintretende Erschlaffung des Gliedes kann kein Mann verhindern. Am Anfang der Partnerschaft haben oft beide noch Geduld. Schliesslich will man ja tolerant sein. Doch auf Dauer kann das nicht gut gehen, weil sich die Tendenz des Mannes, vorzeitig zu ejakulieren, unter dem Druck, es «besser machen» zu wollen, nur noch verstärkt.
Wie lässt sich wirksame Abhilfe schaffen? Ganz wichtig ist es, offen und locker zur Sache zu gehen und darüber zu reden. Und sich nicht auf das Problem zu fixieren und schon gar nicht die Beziehung darauf zu reduzieren. Der beste Weg besteht darin, dass beide Partner einander helfen, die Ejakulation zu steuern. Wichtigster Schritt: Weg mit dem Erfolgsdruck! Bei jungen Männern hilft eine «präventive» Ejakulation. Danach erfolgt eine weitere deutlich verzögert.
Es gibt drei Tricks, um die Ejakulation besser kontrollieren zu können. Bei der Zeitlupentechnik geht es nach der Vereinigung betont langsam zu und her. Ideal dazu ist die Seitenlage, die beste Position, um den Ejakulationsprozess zu kontrollieren. Bei der üblichen Rückenlage der Frau ist eine Kontrolle der Ejakulation dagegen sehr viel schwerer. Sobald die sexuelle Erregung steigt und der Mann fürchtet, die Ejakulation nicht mehr zurückhalten zu können, sollten die Bewegungen unterbrochen werden. Dadurch, dass sich die Partnerin nicht sexuell fordernd oder erregt verhält, gibt sie dem Mann Gelegenheit, sich auf die Kontrolle des Ergusses zu konzentrieren. Diese weibliche Zurückhaltung ermöglicht es dem Partner, sich an das Gefühl des eingeführten Gliedes ohne Ejakulation zu gewöhnen.
Bei der Stopp-Start-Methode lernt der Mann, seine Erektion besser wahrzunehmen und zu kontrollieren. Dabei masturbiert er, oder die Partnerin stimuliert ihn, bis er stark erregt ist. Kurz vor dem Orgasmus wird die Stimulation für 30 bis 60 Sekunden unterbrochen, bis die Erregung abgeflaut ist. Dann geht es von vorne los. Stimulation und Pause im Wechsel, bis er den Höhepunkt zulassen darf. Ein weiterer Trick ist die Squeeze-Technik. Dabei «würgt» die Partnerin die Erregung ab, indem sie den Penis auf Höhe der Eichel fest zudrückt. Mit diesen Techniken tastet sich der Mann allmählich an den kritischen Punkt heran, an dem der Orgasmus unausweichlich ist. Der Mann erreicht nicht nur eine Verbesserung seiner Kontrollfähigkeit, es kommt auch zu einer Vertiefung der Beziehung. Auch die Frau lernt, den Grad der sexuellen Erregung des Partners einzuschätzen.
Es gibt auch Cremes und Gels, die man auf die Eichel aufträgt, um dort die Empfindsamkeit zu vermindern. Zudem sind Medikamente erhältlich, die den Orgasmus verzögern können. Wunder sind von ihnen allerdings keine zu erwarten, zudem können sie Nebenwirkungen haben. Betroffene Paare kommen nicht umhin, das Thema gemeinsam anzugehen und den männlichen Orgasmus beziehungsweise seine Erregung besser steuern zu lernen.
Welche Medikamente helfen bei vorzeitigem Samenerguss?
Die Dr. Andres Apotheke Stadelhofen in Zürich gibt Auskunft:
Zurzeit ist in der Schweiz nur ein wirksames Medikament mit dem Namen Kenergon zur lokalen Behandlung des vorzeitigen Samenergusses zugelassen. Das Wirkprinzip beruht auf dem anästhetischen Effekt von Lidocain, welches beim Auftragen auf die Peniseichel die Hypersensibilität herabsetzt. Kenergon ist als Spray rezeptfrei erhältlich und kann zusammen mit Präservativen angewendet werden. Ein Nachteil ist allerdings, dass auch die Empfindung der Partnerin durch das Lokalanästhetikum beeinträchtigt werden kann.
Seit 2012 ist in der Schweiz auch ein rezeptpflichtiges Medikament erhältlich. Der genaue Wirkmechanismus ist bisher unklar; man weiss jedoch, dass sein Wirkstoff Dapoxetin zu den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern zählt. Der ejakulationshemmende Effekt dieser Mittel gehört zu deren Nebenwirkungen. Die unerwünschten Nebenwirkungen reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit und Durchfall bis hin zu sogenannten Synkopen, die sich in einer kurzen Bewusstlosigkeit äussern. Auch auf die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder bewusstseinsverändernden Substanzen muss geachtet werden.