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Biograf über Boris Becker

«Jetzt will er seine Ehre retten»

Demütig, aber auch kämpferisch: Im ersten Auftritt von Boris Becker nach acht Monaten Knast wirkt der Tennisstar geläutert. Sein Biograf Christian Schommers sagt: «Boris wird unterstützt von seiner Freundin Lilian de Carvalho Monteiro – das muss eine grosse Liebe sein.»

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Boris Becker und Lilian de Carvalho Monteiro

Freundin und Managerin: Lilian de Carvalho Monteiro begleitete ihn in London zum Prozess und telefonierte täglich mit Boris im Knast.

Getty Images

Er sass in England mit Schwerverbrechern im Gefängnis, wurde bedroht und erpresst: Offen, und einige Male den Tränen nahe, berichtet Boris Becker, 55, im ersten Interview über diese Zeit. Kurz davor ist er aus dem Huntercombe Prison entlassen worden und nach Stuttgart ausgeflogen. Die Strafe wegen Vermögensdelikten ist damit verbüsst, er ist ein freier Mann – ausser dass er voraussichtlich die nächsten zehn Jahre nicht nach Grossbritannien einreisen darf. London war seine Homebase, hier lebte er mit seiner Freundin Lilian de Carvalho Monteiro, 34, hier leben zwei seiner Kinder, und hier begann der Aufstieg des Jungen aus dem deutschen Leimen zum weltbekannten Superstar: 17-jährig ist er, als er 1985 zum Wimbledon-Sieg stürmt. Die Tenniswelt steht kopf, über Nacht wird Tennis zum beliebtesten Sport Deutschlands – und Becker mit seiner Popularität vor den Kaiser (Beckenbauer) und den Kanzler (Kohl) gespült.

32 Jahre später ist davon nichts mehr übrig. Die Zeit im Knast sei die schlimmste seines Lebens gewesen, sagt Becker. Nach dem Höhenflug der tiefe Fall. «Boris machte sich ein Leben lang seine Gesetze selber. Das war richtig, als er Tennisspieler war. Aber als Geschäftsmann funktioniert das nicht», erklärt sein Biograf Christian Schommers. Sogar als die Berichte über seine Insolvenz immer dringender geworden seien, habe er wohl noch gedacht, dass für ihn normale Gesetze nicht gelten würden. «Er tat mir leid, er hat die Gefahr wohl wirklich nicht in vollem Ausmass kommen sehen», so Schommers.

Vom Millionär in die Pleite

Dass es überhaupt dazu kam, dass all seine Millionen nicht reichten – allein an Preisgeldern hat Boris Becker über 25 Millionen Dollar verdient –, liege an einem Irrtum, dem auch viele andere Spitzensportler erlägen: «Sie leben auf grossem Fuss. Das geht gut, solange Geld reinkommt. Doch nach der Karriere funktioniert das eben nicht mehr.» Boris sei aber immer auch ein treusorgender und liebevoller Familienmensch gewesen, weiss der Biograf. «Er hat stets für alle seine Frauen und Kinder gesorgt.» Da ist seine Jugendliebe, Barbara, 56: Mit ihr hat er die Kinder Noah, 28, und Elias, 22. Da ist die Tochter Anna Ermakova, 22, und ihre Mutter Angela, 54, mit der er eine Affäre hatte. Da ist Ehefrau Nummer 2, Lilly Becker, 46, und der gemeinsame Sohn Amadeus, 12. Boris sei es enorm wichtig, seine ganze Familie nie wieder in eine solche Situation zu bringen, so Schommers. «Und er will auf jeden Fall für sie da sein, wenn sie ihn brauchen.»

Lilly Becker, Boris Becker uns Sohn Amadeus

Der jüngste Becker-Spross. Lilly und Boris Becker wurden 2010 Eltern von Amadeus.

Getty Images

Seit 2021 ist nun Lilian de Carvalho Monteiro an seiner Seite. «Die Risikoanalystin ist die Erste, die wohl mehr Geld hat als Boris», sagt Schommers. «Sie hat ihn erst kennengelernt, als er schon im Fokus der Justiz stand, und sie hält unverbrüchlich zu ihm – das muss grosse Liebe sein.» Die Tochter des ehemaligen Verteidigungsministers von São Tomé und Príncipe hat studiert, spricht fünf Sprachen und gründete während Boris’ Zeit im Gefängnis die Firma BFB – das Kürzel steht für Boris Franz Becker. Darüber sollen seine künftigen Einnahmen laufen und mit der Firma auch er vermarktet werden. «Wichtig ist ihm vor allem, seine Ehre zu retten», ist Schommers überzeugt.

Noah Becker und Lilian de Carvalho Monteiro

Boris Beckers Freundin Lilian mit seinem Sohn Noah.

imago/i Images

«Das ist ein gewisser Zwiespalt», erklärt Biograf Schommers. «Einerseits wünscht sich Boris mehr Privatheit, andererseits lebt er von der Öffentlichkeit.» Allein für das Exklusivinterview auf Sat.1 hat er nach Medienberichten eine halbe Million Franken kassiert. Ein Verlag offeriert ihm anscheinend eine Million für ein Buch. Alles Geld wird aber nicht zu ihm fliessen, denn Boris Becker muss auch seine Gläubiger bedienen. Schommers geht davon aus, dass er wieder als TV-Kommentator arbeiten werde. «Zudem ist der deutsche Tennisbund an einer Zusammenarbeit mit ihm interessiert.»

Boris Becker

Erstes Interview: Auf Sat.1 erzählt Boris Becker offen und authentisch über seine Zeit im Gefängnis.

Dukas

Becker hat auch in der Schweiz Spuren hinterlassen. In Küsnacht gründete er die Boris Becker GmbH, und zusammen mit seinem langjährigen Geschäftspartner Hans-Dieter Cleven die Cleven-Becker-Stiftung. Ausserdem war der Deutsche an der Völkl Tennis GmbH beteiligt. Später gab er seinen Namen (und sein Geld) für das Internetportal Sportgate sowie für die New Food AG her. Beide Projekte erlitten Schiffbruch. Von den früheren Geschäftspartnern und Angestellten will sich niemand öffentlich äussern.

«Boris hat seine Lektion gelernt», sagt Schommers. «Was etwas irritiert, ist, dass er offenbar in Dubai oder Miami leben will, das sind sehr teure Plätze. Aber ich bin optimistisch, dass er sein Leben wirtschaftlich und privat wieder in den Griff bekommt.»

Monique Ryser
Monique RyserMehr erfahren
Von Thomas Renggli und Monique Ryser am 23. Dezember 2022 - 06:00 Uhr