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Das persönliche Interview

Joss Stone: «Betrunken bin ich brillant»

Die britische Soul-Pop-Sängerin Joss Stone brachte ihre Babys zu einem Auftritt mit ins Berner Oberland: neue Songs von ihrem kommenden Album und ihre Tochter Violet. Warum sie keine Nanny für ihre Kleine hat und weshalb sie stets barfuss singt.

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Joss Stone, Musikerin

Joss Stone, 34, trat an den Giessbach Sessions im Grand Hotel Giessbach in Brienz BE auf. Ihr Album «Never Forget My Love» erscheint Anfang 2022.

Kurt Reichenbach

Ihre neue Single heisst «Never Forget My Love». Drehen wir die Zeit zurück – können Sie sich ans erste Verknalltsein erinnern?
Dazu erzähle ich Ihnen erst mal etwas Verrücktes. Meine Mutter hat mit 14 einen Jungen gedatet, der nun mit 60 wieder in ihr Leben getreten ist. Wie romantisch ist das? Mit meinem ersten Freund aus der Schulzeit, der wahnsinnig lustig und frech war, verstehe ich mich heute noch gut. Wir wohnen schliesslich immer noch im gleichen Dorf.

Was haben Sie von ihren Eltern ständig zu hören bekommen?
Mein Vater sagt immer: «Vergiss diese zwei Dinge nie: 1. Das Leben ist nicht fair. 2. Niemand liebt dich mehr als dein Dad.»

Was ist Ihre früheste Erinnerung?
In meinem Kinderbett mit meiner Stimme gespielt und Spass daran bekommen zu haben, richtig hoch zu schreien. Ich mochte das Gefühl in meinem Hals.

Wann wurde Ihnen zum ersten Mal bewusst, dass Ihre Stimme etwas Besonderes ist?
Später. Man hat mir immer gesagt, sie sei gut. Und ich habe widersprochen. Bis ich mit 20 in der Lage war, sie so zu benützen, wie ich es wollte. Erst dann war ich eine gute Sängerin.

Haben Sie einen Traum, der immer wiederkehrt?
Ich hatte einen. Vor Jahren. Ich habe von meiner Tochter Violet geträumt.

Noch vor ihrer Geburt?
Schon etwa zehn Jahre vorher. Ich habe sie ganz deutlich vor mir gesehen: ihre Haarfarbe, ihre Haut – diese weiche, schöne Karamellnuance ...

Sie waren damals schon mit Violets Vater zusammen?
Nein, ich kannte meinen Freund zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das ist das Verrückte an der Sache. Und dennoch ... Da war ausserdem immer dieses Gefühl, sie nie mehr loslassen zu wollen. Jetzt, wo sie da ist, habe ich auch keine Nanny. Diese Empfindungen im Traum sind Realität geworden. Ich muss mich mental schon jetzt auf den Moment vorbereiten, in dem sie zur Schule geht und ich sie ziehen lassen muss. Ich werde einen verdammten Herzinfarkt bekommen.

Welchen Tag wollen Sie noch einmal erleben?
Obwohl ich einen Kaiserschnitt hatte und sehr traurig über die Tatsache war, aufgeschnitten zu werden: die Geburt meiner Tochter. Es war cool, sie zu sehen. Aber auch merkwürdig, weil ich nicht das Gefühl hatte, sie neu kennenzulernen. Ich dachte: «Ach ja klar, so siehst du aus.»

Joss Stone mit Tochter Violet

«Mein Lieblingsgeräusch? Jeder Ton, den meine zehn Monate alte Tochter Violet von sich gibt.»

Instagram

Die beste Idee ihres Lebens?
Dieses Kind zu bekommen.

Die dümmste?
Ich habe betrunken das Auto meiner Schwester gestohlen und versucht, damit in einer engen Strasse zu wenden.

Hervorragendes Stichwort: Wie sind Sie, wenn Sie betrunken sind?
Brillant.

Was können Sie alkoholisiert besser als in nüchternem Zustand?
Mit dem Singen klappts dann schlechter, ich rede dafür wahnsinnig laut und verliere jedes Mal meine Stimme. Kleiner Tipp: Ich kann mit der Zunge einen Knoten in den Stiel einer Kirsche machen – das ist ein ziemlich guter Partytrick.

Wie alt wären Sie gerne für immer?
Zwischen 30 und 40 – als Frau ist man in der Blütezeit, mit diesem tiefen Vertrauen in sich selbst.

Haben Sie Phobien? Lassen Sie mich raten: Schuhe?
Nein, ich trage Schuhe! Einfach dann nicht, wenn ich singe, weil ich sonst vor sehr vielen Menschen hinfalle. Ausserdem muss ich so keinen Koffer voller Schuhe mit mir herumschleppen. Ich meine, jedes Kleid bräuchte schliesslich ein anderes Paar. Und da ich nicht jeden Abend das Gleiche tragen möchte, ist das einfach praktisch. Was ich aber tatsächlich hasse: Käfer.

Das Uncoolste, das Sie je gemacht haben?
«The Masked Singer UK» als Wurst in einer Pommestüte zu gewinnen – grossartig und peinlich zugleich.

The masked Singer UK

Joss Stone im Kostüm bei «The Masked Singer UK».

Instagram

In welcher Situation in Ihrem Leben hatten Sie so richtig Schwein?
An dem Abend, als Suge Knight (Anm. d. Red.: US-amerikanischer Hip-Hop-Produzent) 2014 in Miami angeschossen wurde. Ich war mit einer Freundin im gleichen Club, und plötzlich beschlich mich dieses ungute Gefühl, dass wir so schnell wie möglich abhauen sollten. Es war voll und laut, und in der Sekunde, in der wir den Club verliessen, fielen Schüsse. Suge Knight hatte sich auf meinen leeren Platz gesetzt, und jemand hat ihm zwei Minuten später ins Bein geschossen. Das hätte ich sein können. Unheimlich, oder?

Bei welchem Thema haben Sie fundamental Ihre Meinung geändert?
Ich sehe Menschen, die rechts und konservativ orientiert sind, mit anderen Augen. In jungen Jahren will man einfach nur, dass die Menschen lieb zueinander sind. Im Lauf der Jahre versteht man, wie die Welt funktioniert. In der eigenen Bubble, auch wir als Künstler und Künstlerinnen, wählen alle das Gleiche. Der Konsens lautet: Alle, die rechts wählen, sind Idioten. Wir denken: Ihr seid zu 100 Prozent Arschlöcher. Und das ist ganz einfach nicht wahr. Ich habe gelernt, nicht festgefahren zu denken. Es gibt überall gute Menschen – wirklich überall. Jeder hat eine andere Idee, wie wir die Welt besser machen können. Das ist alles.

Was macht die Stimme geschmeidig?
Minztee mit Zitrone, Honig, Ingwer und Cayennepfeffer.

Was hören Sie gerade?
Während ich stille den Song «Higher Love» von Whitney Houston. Wir tanzen dann. Also ... ich tanze. Und Violet lacht.

Und was schauen Sie gerade?
Die Serie «Dopesick». Ein Pharmakonzern launcht ein Schmerzmittel, das stark abhängig macht. Erschreckend!

Wie belohnen Sie sich?
Mit einem Bad und einem Stück Schokolade am Morgen – im Grunde mache ich das täglich. Ich belohne mich dafür, aufgestanden zu sein (lacht)

Von Linda Leitner am 29. November 2021 - 11:13 Uhr