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Instagram-Boykott gegen Hass

Warum sich Kardashian jetzt für Steffi Buchli starkmacht

Kim Kardashian und Steffi Buchli: Zwei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Doch sie beide sind bereits Opfer von Internet-Hass geworden. Nun setzt sich Kardashian im Rahmen einer Bewegung dagegen ein – und sagte Instagram dazu Adieu.

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Kim Kardashian

Eine Herzensangelegenheit: Kim Kardashian.

Getty Images for The New York Ti

Sie ist nicht nur eine Marke, sondern auch eine Institution. Mit fast 200 Millionen Abonnenten allein auf Instagram hat Kim Kardashian, 39, viel Reichweite – und viel Macht.

Die will sie nun nutzen. Doch je grösser die Fanbase, desto höher auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter jemand verbirgt, dem es nicht um ein respektvolles Miteinander bestellt ist. Auch Kardashian hat Erfahrungen damit gemacht, was es heisst, online mit Hass eingedeckt zu werden. Doch davon hat sie genug. «Ich kann nicht zuschauen und still bleiben, während diese Plattformen es weiter zulassen, dass Hass, Propaganda und Falschinformation verbreitet wird», schreibt sie am Dienstag.

Nun will die 39-jährige Multimillionärin ein Zeichen setzen – und rief zum Boykott auf. Am Mittwoch blieb es ungewohnt ruhig auf ihrem Instagram- sowie ihrem Facebook-Profil, und das ganz bewusst. Kardashian fror ihre Konten absichtlich ein und folgte damit einem Aufruf von Bürgerrechtsorganisationen, die unter dem Hashtag «#StopHateForProfit» auf das Thema Online-Hass aufmerksam gemacht hatten. Auch auf den Profilen von Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence und Sacha Baron Cohen gab es am Mittwoch nichts Neues zu sehen. 

Facebooks umstrittener Umgang mit Hass

Facebook, zu dem auch Instagram gehört, sieht sich seit längerem in der Kritik, zu nachlässig mit kontroversen Beiträgen umzugehen. Zudem wird dem Konzern vorgeworfen, mit seinen Diensten Hasskommentare und Propaganda zu verbreiten. Eine Protestwelle nach dem Tod des US-Amerikaners George Floyd hat die Kritik wieder aufflammen lassen, nachdem sich Konzernchef Mark Zuckerberg geweigert hatte, gegen umstrittene Aussagen von US-Präsident Donald Trump vorzugehen. 

In der Folge wurde Mitte Juni die Initiative «#StopHateForProfit» ins Leben gerufen. Facebook und andere Plattformen werden aufgefordert, konsequent gegen Hate Speech vorzugehen und den Algorithmus zur Identifikation diffamierender Kommentare zu verbessern. Dazu wurde von der Initiative ein Aufruf gestartet, Werbung bei Facebook zu boykottieren. Zahlreiche Unternehmen wie Coca-Cola, The North Face, Patagonia und Unilever beteiligten sich bereits am Protest. Nun setzen sich auch Privatpersonen respektive Personen des öffentlichen Lebens dafür ein, gegen Hass vorzugehen.

Steffi Buchli von Online-Hass betroffen

Dass Online-Hass längst nicht mehr nur ein Problem ennet dem Teich ist und auch in der vergleichsweise kleinen Prominentenszene der Schweiz Einzug gehalten hat, zeigt unter anderem das Beispiel von Steffi Buchli, 41, auf. Die Programmchefin von MySports, die aufs neue Jahr hin als Sportchefin zum «Blick» wechselt, ist in den vergangenen Jahren immer wieder zur Zielscheibe von Hasskommentaren geworden.

«Ich habe lange versucht, dem Hass keinen Raum zu geben», schrieb sie unlängst in einem Gastbeitrag im «Beobachter». Doch auch sie kann nicht mehr wegsehen. «Die Anfeindungen haben zugenommen. Früher musste man sich hinsetzen und einen Leserbrief schreiben, heute geht das innert Sekunden über zig Kanäle. Der Hass ist diffuser, heftiger, multipliziert sich schneller.»

Steffi Buchli, Schneeschuhwandern, Bivio, Julier, Graubuenden

Kriegte den Hass bereits auf verschiedenen Ebenen zu spüren: Moderatorin und Journalistin Steffi Buchli.

Geri Born

Die Leute würden manchmal denken, sie strotze vor Selbstsicherheit, erklärte Buchli. Und tatsächlich sei sie heute selbstbewusster als am Anfang ihrer Karriere. «Aber trotzdem ist mir nicht egal, was andere über mich denken. Ich bin emotional, das kann man sich nicht abtrainieren.» 

Dabei sind es die unterschiedlichsten Dinge, auf die sich der Hass von meist anonymen Kommentarschreibenden projiziert. Viele bösen Kommentare würden ihr Aussehen betreffen, sagte Buchli. «Ich staune, wie stark sich manche Leute dafür interessieren.» Doch auch Buchlis Doppelrolle als Mama von Karlie, 4, und erfolgreiche Karrierefrau stellen einige infrage. «Als ich vier Monate nach der Geburt meiner Tochter wieder vor der Kamera stand, hagelte es Kritik. Die übelsten Zuschriften bekam ich von Frauen, das verletzte mich sehr. Sie nannten mich Rabenmutter, keine richtige Frau.»

Im Umgang mit Hass

Mit dem Boykott der sozialen Medien für 24 Stunden wollen Kim Kardashian und andere VIPs ein Zeichen setzen. Doch das dürfte vorerst nicht reichen, um den Hass einzugrenzen. Denn der ist allgegenwärtig. Im ersten Quartal 2019 hat Facebook einen Viertel mehr gehässige Posts gelöscht als noch ein halbes Jahr zuvor. Wie die «NZZ» berichtet, hat jeder Zwölfte bereits Hass im Internet erlebt. Bei den jüngeren Befragten ist es gar jeder Sechste, der bereits mit Online-Hass konfrontiert wurde. Das hat eine Untersuchung in Deutschland gezeigt. 

Frauen seien dabei nicht öfter von Online-Hass betroffen als Männer, erklärt Lea Stahel, Soziologin an der Universität Zürich, gegenüber der Zeitung. Allerdings werden sie häufiger auf ihr Aussehen reduziert. «Frauen werden signifikant öfter auf Basis ihres Geschlechts und sexistischer angegriffen.» Zudem würden Frauen stärker auf den Online-Hass reagieren. Sie seien etwa emotional gestresster und würden öfter ihr Verhalten entsprechend ändern, indem sie sich etwa komplett aus dem digitalen Raum zurückziehen.

«Wir dürfen nicht immer schweigen»

Buchli ist noch da. Regelmässig bringt sie ihre 26'000 Instagram-Follower, die 80'000 Twitter-Fans und 30'000 Facebook-Abonnenten auf den neuesten Stand. Trotz einiger überstandener Angriffe hat sich die Moderatorin dazu entschieden, nicht einfach aufzuhören – auch wenn sie den einen Weg noch nicht gefunden hat, um in jeder Situation mit Hassattacken umzugehen.

«Der Hass ist diffuser, heftiger, multipliziert sich schneller»

Steffi Buchli

Viele Kommentare könne man ignorieren, da «ist Hopfen und Malz verloren», erklärte Buchli. Manchmal hingegen sperre sie die Leute auf den sozialen Medien, «wenn sie übertreiben». Eine Anzeige habe sie erst einmal gemacht – nach dem mehrmaligen Erhalt von Schmuddelbriefen. «Das machte mir Angst.»

Mittlerweile habe sie gelernt, ihre Stimme zu nutzen und sich gleichzeitig abzugrenzen, wann immer es nötig ist. Oder wie Buchli es sagt: «Ich habe die Fähigkeit entwickelt, im Sturm zu stehen und zu warten, bis er vorüber ist.» Denn für sie ist klar: Ihre Stimme wird sie sich nie verbieten lassen. «Wir Frauen dürfen nicht alles hinnehmen, nicht immer schweigen. Und vor allem dürfen wir uns nicht wegen solcher Angriffe zurückziehen. Das wäre ja wahnsinnig!»

Von Ramona Hirt am 16. September 2020 - 19:09 Uhr