Auf den ersten Blick wirkt die Anekdote recht erfrischend: Journalistin Emily Andrews erinnert sich an ein Zusammentreffen mit der vermutlich berühmtesten Frau der Welt. Die Royal-Korrespondentin berichtet im «You»-Magazin von dieser Begegnung: Kate sei gerade vom Coiffeur gekommen und hätte ihren Signature-Blow-Out-Look mit einem Pony verfeinert. Die Journalistin habe ihr ein Kompliment gemacht so à la «Cool Kate, sieht super aus.»
Die künftige Königin Englands habe geantwortet: «Sind Sie sicher? Glauben Sie wirklich, das steht mir? Ich war etwas zögerlich.» Der Besucherin fiel es wie Schuppen von den Augen: Diese Frau, die sich langsam und stetig vom College-Flirt zur Stil-Ikone an der Seite eines Prinzen gemausert hat, ist tatsächlich – ACHTUNG – menschlich. Und Menschen, selbst die berühmtesten, reichsten, gefeiertsten haben Unsicherheiten. Wer hätte das gedacht. Es sind nicht alles Roboter. Wir dürfen nun alle aufatmen.
Doch ein Gedanke bleibt: Warum ist es eigentlich so wichtig, dass Herzogin Catherine auch «total normal» ist. Denn, seien wir ehrlich, sie ist es nicht. Selbst wenn sie ihren Kindern morgens eine Stulle schmiert, sie abends mit Gummibärchen in die Badewanne lockt oder sie mit allerhand Versprechungen ködert, unliebsame Aufgaben zu erledigen: Herzogin Catherine wird nie «eine von uns sein». Ist das schlimm? Nein. Natürlich nicht. Vielleicht für sie manchmal, wer weiss.
Faszinierend ist doch: Während «normale Menschen» gerne versuchen, durch Individualität aus der Masse zu stechen, um eben nicht «normal» zu sein, feiern wir die vermeintliche Normalität von anderen. Doch warum ist das eigentlich so wichtig? Ist es eine Prise Schadenfreude, dass eine Frau wie Herzogin Catherine zwischendurch auch an ihren Haaren zweifelt oder auch ein paar Probleme hat? Schadenfreude ist ja durchaus ein Symptom von Neid. Immerhin ist Kate Middleton aus Bucklebury in ihrem Leben ja nur «nach oben gefallen».
Ob dieses «Oben» aber wirklich so erstrebenswert ist? Man weiss es nicht genau. Es klingt recht gut, keine Geldsorgen zu kennen, unleidige Aufgaben wie Bügeln oder Aufräumen an geschätztes Personal auszulagern oder auf einem hübschen Kleiderbudget zu sitzen. Doch im Kern zahlt eine Kate auch einen Preis dafür – und damit sind wir wieder bei ihren Haaren.
Wenn unsereins einen Bad-Hair-Day hat oder die Frisur ein wenig verschnitten wurde, dann kräht kein Hahn danach. Im besten Fall lachen wir herzlich und leben weiter, im schlechtesten Fall grämen wir uns und leben dann ebenfalls weiter. Bei Kate ists gleich ein Politikum: Hat sie jetzt einen Pony, um von einer möglichen Schwangerschaft abzulenken? Hat sie eine verfrühte Midlife-Crisis? HAT SIE DEN VERSTAND VERLOREN? Und das skaliert auf die ganze Welt. Ist sie mal unsicher, dann freuen wir uns und verbuchen das unter «hach wie normal». Und genau deshalb wird Kate nie «ganz normal» sein.