Es ist ein schwerer Gang, der Stephanie Gräfin von Pfuel, 60, am 24. August bevorsteht. Denn dann beginnt der Prozess gegen den Mann, der ihren Sohn Charly vor zweieinhalb Jahren angefahren hat und sich nun wegen fahrlässiger Tötung verantworten muss. Stephanie von Pfuel wird im Gerichtssaal sitzen, obwohl sie grosse Angst vor dem Prozess hat.
Im Interview mit «gala.de» erklärt sie, sie wolle «dem Menschen, der mein Kind getötet hat, ins Gesicht schauen». Charly wurde am Mittwoch, 20. März 2019, auf der Berliner Chausseestrasse von einem Mercedes angefahren. Der 26-Jährige wollte die Strasse überqueren, als ihn das Fahrzeug erfasste. Er prallte gegen die Windschutzscheibe des Wagens und wurde auf die Gegenfahrbahn geschleudert. Dort überfuhr ihn ein Transporter. Eine Woche später erlag Charly im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.
Nun hofft Stephanie Gräfin von Pfuel, dass der Mercedes-Fahrer, der gemäss eines Gutachtens mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, «eine gerechte Strafe» bekommt. Zudem meint sie: «Schlimm wäre für mich, wenn der Angeklagte mit einer Bewährungsstrafe davonkommen würde.» Dass der Fahrer sie vermutlich nicht um Verzeihung bitten wird, sei ihr indes bewusst. «Das wäre ja quasi ein Schuldeingeständnis», sagt sie.
Für die Gräfin ist klar: «Bevor der Prozess nicht über die Bühne ist, kann ich nicht mit dem Geschehenen abschliessen.» Besonders schlimm seien für sie jeweils der Unfalltag, der Todestag und der Geburtstag ihres verstorbenen Sohnes. «Charlys Verlust fühlt sich an, als hätte man mir einen Körperteil amputiert», sagt Stephanie von Pfuel. Nun lerne sie gerade, mit einem Arm oder einem Bein zu leben. Das gehe – «Aber ich leide unter grauenvollen Phantomschmerzen.»
Auf die Frage, was sie dem Angeklagten gerne sagen würde, meint die 60-Jährige, sie sei kein Racheengel. Trotzdem hoffe sie, dass er jeden Abend mit dem Gedanken einschläft, dass er jemanden umgebracht hat. «Er hat mir das Liebste genommen, was man einem Menschen nehmen kann: sein Kind», erklärt sie.