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  4. Komiker Alain Frei feiert Erfolg in Deutschland, entspannt in Solothurn
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Der Stand-Up-Comedian Alain Frei ist mit seinem neuen Programm «All In» in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf Tournee. Bei einem Besuch im Elternhaus in Solothurn erzählt uns der Familienvater von seiner Wahlheimat Deutschland. Schweizer Illustrierte
Schweizer Starkomiker

Alain Frei kickt sich an die Comedy-Spitze

Er füllt Hallen in Deutschland, begeistert mit ironischem Witz und feinem Gespür fürs Zeitgeschehen. Zurück im Elternhaus in Solothurn zeigt sich: Hinter dem Starkomiker steckt eine Person mit Tiefgang – und vor allem ein Familienmensch.

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Mit einem kräftigen Schuss fliegt der Ball über den Rasen – leider nicht dahin, wo Alain Frei ihn haben wollte. Marlon (11) passt zu Fynn (9), Frei spielt zurück. «Du blamierst dich!», ruft einer seiner Neffen und prustet los. Frei, der eigentlich Rüetschli heisst und den Mädchennamen seiner Mutter als Künstlernamen übernommen hat, lacht: Er sei in einer Fussballfamilie aufgewachsen, sagt der 41-Jährige. «Ich bin aber mit Abstand der Unbegabteste.»

Sein Talent zeigt sich woanders: auf der Bühne. Seit über 20 Jahren lebt der Komiker in Deutschland, tourt durch den gesamten deutschsprachigen Raum. Zwischendurch kehrt er nach Flumenthal SO zurück, um seine Liebsten zu besuchen. «Hier bei meiner Familie tanke ich Energie und fahre runter. Ich muss nicht immer lustig sein.»

Fussballrunde im Garten des ­ Elternhauses in Flumen­ thal SO: ­ Komiker Alain Frei gegen seine Neffen Fynn (l.) und Marlon – ein klares Spiel für die jungen Talente.

Fussballrunde im Garten des Elternhauses in Flumen thal SO: Komiker Alain Frei gegen seine Neffen Fynn (l.) und Marlon – ein klares Spiel für die jungen Talente.

Roger Hofstetter

Ruhm dort, Rückzug hier

1,45 Millionen Menschen folgen Alain Frei plattformübergreifend auf Social Media. Zu sehen war er schon im «Quatsch Comedy Club», bei «Nuhr im Ersten», «Happy Hour» auf 3sat, dem «RTL Comedy Grand Prix» oder bei «Die besten Comedians Deutschlands». Alain Frei ist einer der wenigen Schweizer, die es in der deutschen Comedyszene ganz nach oben geschafft haben. Er gilt als eine Art Schweiz-Erklärer und hinterfragt gern Vorurteile.

Sein sechstes Soloprogramm heisst «Alles Neu». Darin erzählt der Solothurner vom Leben mit Kindern, vom Älterwerden und von den Absurditäten des Alltags. «Ich lasse inzwischen viel mehr zu, auch die ernsten Seiten. Ich glaube, das spüren die Leute.»

Ob in der ProSieben-«Quatsch Comedy Show» oder bei seinen eigenen Shows – Alain Frei sorgt zuverlässig für Lacher.

Ob in der ProSieben-«Quatsch Comedy Show» oder bei seinen eigenen Shows – Alain Frei sorgt zuverlässig für Lacher.

Willi Weber

Panikattacken vor Auftritten

In seinen Shows erzählt Frei, wie ihn der Druck auffrass, wie plötzlich alles zu viel wurde. «Ich hatte Panikattacken, war in Therapie. Dann hatte ich auch noch weissen Hautkrebs. Beides hat mich eine Zeit lang aus der Bahn geworfen.» Heute kann er darüber witzeln. «Comedy ist meine Art zu verarbeiten. Es hilft mir. Und offenbar auch anderen.»

Seine Mutter Stephanie Rüetschli und seine Schwägerin Jasmin Rüetschli sitzen auf der Gartentreppe und schauen dem hitzigen Fussballduell zu – sichtlich froh, dass Alain wieder einmal zu Besuch ist. Als er einem frechen Spruch seines Neffen mit einem trockenen Konter begegnet, schmunzelt Stephanie. «Er war schon als Kind sehr schlagfertig», sagt sie. «Aber auch sensibel.» Dass sein Erfolg ein solches Ausmass annehmen würde, habe sie sich nicht vorstellen können. «Es macht aber total Sinn. Die Leute mochten ihn schon immer – er ist einfach lustig.»

<p>«Lueg, wie härzig!» – Mama Stephanie und Alain Frei ­blättern gemeinsam in alten ­Familienalben.</p>

«Lueg, wie härzig!» – Mama Stephanie und Alain Frei blättern gemeinsam in alten Familienalben.

Roger Hofstetter

Träumte von der Schauspielerei

Sein Weg auf die Bühne begann leise. «Ich habe niemandem gesagt, dass ich nach Hamburg an die Schauspielschule will – weder meinen Eltern noch meinem älteren Bruder. Ich bin einfach gegangen.» Seine Eltern mussten sich an die Idee gewöhnen. Frei ging konsequent seinen Weg, wollte die Welt entdecken, trat auf kleinen Bühnen auf, schreibend, beobachtend – bis es klick machte. «Man muss oft hinfallen, bis man merkt, was funktioniert.»

Heute lebt der Komiker mit seiner Frau und den zwei gemeinsamen Töchtern in Köln. Die Familie hält er konsequent aus der Öffentlichkeit heraus. Was er teilt, sind Geschichten über seine Neffen. «Die kommen in meinem Programm vor – mit ihrem Segen. Sie feiern das sogar.» Die Buben grinsen. «Wir lachen jedes Mal, wenn er uns auf der Bühne erwähnt», sagt Fynn.

Dass es in seinem Programm nicht nur um ihn selbst geht, ist Alain Frei ganz recht. «Ich will nicht immer im Rampenlicht stehen.» Denn so sehr er seinen Beruf liebt – er braucht auch den Rückzug. «Ein gutes Buch, Sport und Zeit mit der Familie – das bringt mich ins Gleichgewicht.»

Doch genau diese Balance ist manchmal schwer zu halten. Wenn er auf Tour ist, bleibt der Alltag in Köln zurück – inklusive seiner Familie. Seine Töchter sieht er dann oft nur über Facetime. «Ich vermisse sie sehr in dieser Zeit. Aber ich bemühe mich, präsent zu sein – auch aus der Ferne.»

Ob es ihn irgendwann ganz in die Schweiz zurückzieht? «Vielleicht später, wenn die Kinder älter sind.» Bis dahin bleibt es bei kurzen Besuchen. Kaffee und Guetsli, Brettspielen, Fussballmatches – und einem Gefühl, das er besonders schätzt: «Hier bin ich nicht der Comedian. Hier bin ich einfach Alain.»

Von Vanessa Nyfeler vor 3 Stunden