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Der Nati-Trainer geht nach Bordeaux

Das wird uns von Vladimir Petkovic in Erinnerung bleiben

Lange wurde gemunkelt, nun ist klar: Vladimir Petkovic verlässt die Nati in Richtung Bordeaux. Sieben Jahre lang war er an der Seitenlinie zu sehen – und tritt auf dem Zenit ab. Doch nicht nur sportlich wird uns von «Vlado» einiges in Erinnerung bleiben.

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Vladimir Petkovic

Sagt Adieu: Nati-Trainer Vladimir Petkovic tritt nach der enorm erfolgreichen EM ab.

Getty Images

Man soll bekanntlich dann gehen, wenn es am schönsten ist. Und welcher Moment würde sich für Vladimir Petkovic, 57, besser eignen als derjenige im Glanz der sackstarken EM-Leistung der Schweizer Nati? Wohl keiner. So hat sich der Tessiner, der das Team sieben Jahre lang trainierte, entschieden, der Schweiz den Rücken zu kehren und bei Girondins Bordeaux sein Glück zu versuchen. 

«Es waren sieben wunderbare Jahre, die ich nie vergessen werde», lässt sich der scheidende Nati-Coach zitieren. Und so ist auch der Tenor von Nati-Captain Granit Xhaka, 28, der dem «Mister» auf Instagram rührende Zeilen widmet. «Wir haben Geschichte zusammen geschrieben!», schwärmt er. «Es war eine unglaubliche Reise – vielen Dank für deine harte Arbeit, deine Unterstützung und dafür, wie du die Nati zu einer Gruppe von Brüdern geformt hast. Wir werden deine Arbeit nie vergessen und wünschen dir alles Gute in Bordeaux!» 

So schön die Worte Xhakas sind, so ungenau war er bei einer Aussage. Denn längst ist es nicht nur die Arbeit als Trainer, die wir nie vergessen werden, sondern auch vier weitere Dinge, mit denen sich Vladimir Petkovic in die liebevolle Erinnerung der Fans eingebrannt hat.

Sein Erfolg

Klar: Was für einen Nati-Trainer zählt, ist der Erfolg auf dem Platz. Und den kann Petkovic in aller Deutlichkeit vorweisen: Er tritt als der Coach ab, der die erfolgreichste Ära der Schweizer Nati begleitet hat. Seit er das Team 2014 von Ottmar Hitzfeld übernommen hat, erreichte er bei allen Grossanlässen stets die K.o.-Phase. 

Es musste allerdings 2021 werden, bis die Schweizer Nati sich nach 67 Jahren wieder einmal für einen Viertelfinal qualifiziert hat. Der legendäre Fussball-Montagabend vom Juni bleibt unvergessen. Yann Sommers Penalty-Parade gegen den französischen Superstar Kylian Mbappé ebenso. Der Jubel im Schweizer Lager: grenzenlos – und die Emotionen, die uns Petkovic damit beschert hat, unvergleichlich. Mit seiner Mannschaft strapazierte er dann aber auch unsere Nerven im Viertelfinale gegen Spanien, als für die Schweizer erst im Penaltyschiessen Schluss war – so stolz haben uns die Fussball-Jungs selten gemacht!

Seine nüchterne Art

So euphorisch wir alle waren, so gelassen blieb der frühere YB-Trainer bei allem Rummel. Unvergessen eine Szene, in der SRF-Moderator Rainer Maria Salzgeber dem Nati-Trainer völlig ekstatisch zum historischen Viertelfinal-Einzug gratulierte. Unmittelbar nach dem Spiel, das eine Achterbahnfahrt der Gefühle war, zeigte sich Petkovic so wie immer: nüchtern, sachlich. «Danke», sagte er völlig emotionslos – was selbst Salzgeber zum Schmunzeln brachte.

Da war es fast schon eine Sensation, als er unmittelbar nach dem gewonnenen Penalty-Schiessen wild jubelte und Captain Granit Xhaka innig umarmte. Für Petkovic eine echte Ausnahme, wie auch seine Frau sagt. «Vlado ist von Natur aus cool. Das ist nicht gespielt», plauderte sie vor der EM 2016 aus. 

Seine ewig währende Liebe

Ljiljana muss es wissen: Sie ist seit rund 37 Jahren die Frau an Petkovics Seite. «Ljiljana ist eine ideale Partnerin», schwärmte Petkovic beim Besuch der «Schweizer Illustrierten» vor der EM 2016. «Sie ist eine lebensfrohe, aber bodenständige Frau.»

Zusammengefunden haben die beiden schon im Sommer 1984 – und ihre Liebesgeschichte könnte schöner kaum sein. An einem Abend Mitte der 80er-Jahre nämlich treffen sich der Fussball spielende Jus-Student und die Englisch-Studentin in einer Disco in Sarajevo und kommen sich näher. Liebe auf den ersten Blick sei es nicht gewesen, erinnert sich Ljiljana. «Wir kannten uns schon vorher durch gemeinsame Freunde.» Aber an jenem Abend funkte es. 

Euro 2016 EM Schweiz Vladimir Petkovic Frau Ljljana

Seit fast 40 Jahren ein Paar: Vladimir Petkovic und seine Frau Ljiljana. 

Geri Born

Als Petkovic kurz darauf die Chance erhält, in der Schweiz seine Karriere anzukurbeln, folgt ihm seine Verlobte schon nach einem Monat. Zusammen ziehen sie nach Chur. Am 21. November 1987 wird geheiratet. Tochter Ines kommt 1988 in Martigny VS zur Welt, Lea wird 1993 in Bellinzona geboren. 

Im Tessin wohnen die Petkovics heute noch. Das dürfte sich mit Vladimirs Neuverpflichtung ändern – doch gemeinsam wird das Ehepaar bestimmt auch das Abenteuer Frankreich angehen. «Unser Leben gehört zusammen, wir verbringen viel und gerne Zeit miteinander», so der scheidende Nati-Coach. 

Sein Style

Anouk, die Frau des Fussballtrainers Bernard Challendes, bezeichnete Petkovic einst als «George Clooney des Fussballs». Und tatsächlich lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit des Hollywoodschauspielers und des abtretenden Nati-Trainers nicht abstreiten. 

Das liegt nicht nur an seiner grauen Matte, sondern auch an Petkovics stets sehr herausgeputzten und damit fast schon galawürdigen Auftritten an der Seitenlinie. Anzug und Hemd sind Pflicht. Wenn er einen ganz lockeren Tag hat, lässt er die Krawatte auch mal weg – an der EM hingegen hatte er bei sämtlichen Spielen eine rote um den Hals hängen. 

Besonders in Erinnerung bleibt das Bild der beiden sehr unterschiedlich gekleideten Trainern aus dem Gruppenspiel der Schweizer gegen Wales. Wo Vladimir sich in typischer Petkovic-Uniform gezeigt hat, liess es Wales-Coach Rob Page in atmungsaktivem T-Shirt, Trainerhosen und Turnschuhen wesentlich lässiger zugehen. Ein solches Outfit kommt bei Petkovic höchstens auf dem Trainingsplatz zum Einsatz – den Mode-Fans, und damit sind nicht die Ausschliesslich-Grossanlässe-Verfolger gemeint, wird er ganz bestimmt fehlen.

Vladimir Petkovic Rob Page

Zwei Fashion-Welten: Im Spiel gegen Wales setzte es für die Schweizer ein Unentschieden ab, im Mode-Duell der Trainer kann sich Vladimir Petkovic (l.) piekfein durchgestylt klar gegen Rob Page durchsetzen. 

Getty Images
Seine Sprüche

Passend zu seinem unaufgeregten und nüchternen Naturell waren die Sprüche, die Vladimir Petkovic in seinen Jahren als Nati-Trainer fallen liess, zwar nicht allzu zahlreich. Doch haute er mal einen raus, dann aber so richtig! 

So sorgte er etwa für Lacher, als die Blondier-Debatte um Granit Xhaka und Manuel Akanji, 26, vor und nach dem zweiten Gruppenspiel für mächtig Wirbel sorgte. Als er darauf angesprochen wurde, sagte er: «Ich wollte eigentlich meine Haare schwarz färben und euch überraschen.» Und fügte – Vollblut-Trainer, der er ist – an, dass er vor so einem wichtigen Spiel «nicht über so ein Thema» sprechen wolle. «Jeder kann seine Haare färben, wie er möchte.»

«Es waren sieben wunderbare Jahre, die ich nie vergessen werde»

Petkovic zu seinem Nati-Abgang

Dasselbe Thema wurde vor dem Achtelfinale noch einmal aufgegriffen, als Petkovic gefragt wurde, wie er Nebenschauplätze wie Coiffeur-Besuche ausgeblendet habe. «Ich bin das seit sieben Jahren gewohnt», sagte er. Um dann zum Schmunzeln aller anzufügen: «Ich habe mir ein bisschen Vaseline auf den Kopf gestrichen. So konnte das Wasser ablaufen. Ich spürte nichts.»

Und auch als sich erste Gerüchte um ein mögliches Nati-Aus rankten, blieb Petkovic gewohnt cool. Zunächst wurde über einen möglichen Abgang nach Istanbul spekuliert. Als ein Journalist ihn darauf an einer Pressekonferenz ansprach, sagte der 57-Jährige: «Ich glaube, da bist du schlecht informiert. Fenerbahçe hat einen Trainer.» Weiter fügte er an: «Wenn jemand von euch Beziehungen hat, bitte meldet euch bei mir.» Ob sein Abgang zu Bordeaux nun einem Journalisten ein hübsches Feriensümmchen eingebracht hat? Ganz lässig nämlich verkündete Petkovic an besagter Pressekonferenz Anfang Juli: «Ich lasse meine E-Mail-Adresse da – und dann habt ihr Provision.»

Von Ramona Hirt am 28. Juli 2021 - 15:38 Uhr