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«Habe gedacht, das bringen wir nicht auf die Reihe»

Federers hatten Angst, als Zwillingseltern zu versagen

Gleich zweimal hat es im Hause Federer Zwillinge gegeben. Doch vor der Geburt ihrer Mädchen zweifelten Roger und Mirka daran, dem doppelten Kinderglück gewachsen zu sein. Mittlerweile handeln die Federers das Familienleben gefühlt kinderleicht. Warum es doch nicht ganz so einfach ist, er aber trotzdem ein gutes Gefühl hat bei seinem Nachwuchs, erzählt der Maestro in einem schonungslos offenen Interview.

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Roger Federer Mirka Federer

Seit über 20 Jahren ein Paar: Roger und Mirka Federer.

PA Images via Getty Images

Spielerisch leicht lässt er es aussehen, wenn er den Gegnern auf dem Court die Bälle um die Ohren haut. In Sachen Familienmanagement sieht es nicht anders aus. Auch da vermitteln Roger Federer, 40, und Ehefrau Mirka, 43, den Eindruck, als ob es nichts Leichteres geben würde, als mit vier Kindern auf Tour zu sein. Da gibts zum Geburtstag einen selbstgebackenen Kuchen, die Kinder werden mit der Aussicht auf Schleckzeug zum Tennisspielen motiviert und auch als Kinder des grössten Schweizer Superstars besuchen die Kids die reguläre Skischule – herrlich normal, wunderbar bodenständig und gefühlt kinderleicht erziehen die Federers ihre Sprösslinge.

Ganz so einfach aber, wie es auf den ersten Blick wirkt, ist es nicht. Ganz im Gegenteil, wie der Baselbieter im neuen Printmagazin «Interview by Ringier» in einem persönlichen Gespräch schonungslos zugibt. Als «Herkulesaufgabe» bezeichnet er es, seine Tenniskarriere mit der Rolle als Familienvater zu kombinieren – und dabei ständig von einem Ort zum nächsten zu reisen. Das Wohlbefinden der vier Sprösslinge allerdings steht immer an erster Stelle. «Egal, wo wir sind: Wichtig ist uns, für die Kinder ein ‹home away from home feeling› zu kreieren», erzählt Federer. «Sie haben immer ihre Spielecke, und wir pflegen Rituale. Wir versuchen möglichst viel genau so zu machen wie beim letzten Mal. Derselbe tolle Spielplatz in Australien, derselbe Baum im Central Park. Kinder lieben das!»

Angst vor der doppelten Aufgabe

Dass er heute weiss, was Kinder wollen, hätte unser Schweizer Tennis-Ass vor zwölf Jahren wohl noch nicht zu träumen gewagt. Denn als die Mädchen Charlene Riva und Myla Rose zur Welt gekommen sind, löste das vor allem Angst aus. «Zwillinge! Das hat uns einen unglaublichen Schrecken eingejagt», erzählt Roger. «Da habe ich wirklich gedacht, das bringen wir nicht auf die Reihe.»

Rogers Sorgen waren unbegründet. Denn er und Ehefrau Mirka haben es nicht nur einmal hingekriegt, sondern gleich zweimal. 2014 kam mit den Buben Leo und Lenny ein weiteres Zwillingspaar hinzu, das den Papa gemeinsam mit seinen Schwestern unheimlich stolz macht. Er habe ein gutes Gefühl, sagt der 20-fache Grand-Slam-Sieger über seinen Nachwuchs. «Wir haben tolle, offene, sozial kompatible Kids.» 

Mirka Federer mit Leo Lenny Charlene Myla

Papas ganzer Stolz: Roger Federers Zwillinge mit seiner Ehefrau Mirka.

Corbis via Getty Images

Allein allerdings wäre es schwierig geworden. Mirka sei eine super Mutter, schwärmt Federer von seiner Frau. Und auch als Ehefrau erhält sie von ihrem Mann die besten Noten. «Manchmal habe ich vom Massagetisch aus die Gutenachtgeschichte vorgelesen. Aber wenn es mir wirklich zu viel wird, hält Mirka mir den Rücken frei und sagt: ‹Leg du dich jetzt erst mal hin.›»

Mit der ganzen Familie auf Campingreise

Die Vorlesestunde lässt Federer allerdings nur im Notfall ausfallen. Denn die Familie ist der beste Ausgleich für den Schweizer. Auch wenn am nächsten Tag wieder ein Final ansteht und er nach einer Night-Session spätabends nach Hause kommt, hoffe er, dass alle noch wach seien. «Die Kinder sind für mich eine riesengrosse Ablenkung, im negativen wie auch im positiven Sinne.»

Abgelenkt wird er denn bisweilen auch vom Schlafen. Denn das Ehebett wird schon mal zum Familientreffpunkt. «Manchmal schlafen alle vier bei uns im Bett», erzählt Roger.

Als Familie auf engem Raum zu sein, damit kennen sich die Federers bestens aus. Nach dem legendären Wimbledon-Finale 2019 gegen Novak Djokovic gingen sie zusammen campen. Gleich am Morgen nach dem letzten Endes verlorenen Finale sollte es losgehen auf einen Trip durchs Appenzell. Doch das war den Kindern ein bisschen zu spät. «Die Kids waren so aufgeregt und wollten schon die Nacht vor der Abfahrt darin schlafen. Ich dachte nur: ‹Oh, nein. Bitte nicht! Ich will nur noch in mein Bett!›» Keine Frage, wer die Oberhand behalten hat. Auch nach dem historischen 5-Stunden-Krimi hatten die Kinder kein Erbarmen mit Papa. «Wir haben die Nacht dann natürlich zu sechst im Camper verbracht.»

Roger Federer Wimbledon 2019

4 Stunden und 57 Minuten dauerte das legendäre Finalspiel von Roger Federer gegen Novak Djokovic. Statt sich danach Entspannung im Luxusbett zu gönnen, ging es für den Baselbieter schnurstracks ab auf die Camping-Matratze.

Getty Images

An die Camping-Ferien hat der Maestro nur die besten Erinnerungen. «Es war unglaublich cool! Das sind Momente, an die ich immer gern zurückdenke. Ich bin froh, dass ich das genau so gemacht habe.» 

Nie nur Tennis

Nach einem Tennis-Thriller im Camper übernachten? Kann man machen. Und will man machen, wenn man Roger Federer heisst. Neben seinem Sport war ihm das Familienleben immer heilig. «Ich habe nie alles dem Tennis untergeordnet», sagt er.

Das merken auch die Kinder: Die nämlich «hatten lange Zeit überhaupt keine Ahnung, wie ich klassiert bin. Irgendwann haben sie von ihren Freunden erfahren, dass ihr Papi wohl einmal die Nummer eins der Welt war. Sie waren ziemlich erstaunt», erzählt Roger lachend. «Wir haben immer versucht, die Kinder möglichst abzuschirmen. Meinen Erfolg haben wir nie gross zum Thema gemacht.»

Und das ist ihnen gelungen. Als Familie Federer von Melbourne nach London jettete und weiter in den Big Apple mit einigen Zwischenstationen, glaubten die Kids an eine normale Ferienreise. «Die Kinder haben gar nie richtig gemerkt, dass ich auch noch zum Tennisspielen hier bin. Die hatten das Gefühl, wir sind in New York just for fun.» Trotz aller Massnahmen aber ist Federer klar, dass das Leben auf Tour nicht dem Standard entspricht. «Es stimmt natürlich, die vier leben keine normale Kindheit.» 

Roger Federer Mirka 2003

Haben (fast) alles miteinander erlebt: Roger Federer und Mirka 2003, als Roger in Wimbledon seinen ersten Grand-Slam-Triumph feierte. 19 weitere sollten folgen – bislang. 

Getty Images

Umso zentraler ist es für Roger, ihnen auch unterwegs immer das Gefühl zu geben, zuhause zu sein. Denn auch er selbst hat sein menschliches Daheim vor über 20 Jahren gefunden. Mirka schon in so jungen Jahren an seiner Seite zu wissen, «das alles gab mir Sicherheit und Stabilität», erzählt er. Dabei nehmen die beiden voreinander kein Blatt vor den Mund. Sie würden alles ansprechen, «bloss kein Problem verdrängen», sagt Federer. «Mirka sagt auch, was sie denkt, und das finde ich super.»

Das Leben, wie er es jetzt führt, wäre ohne Mirka nicht machbar. Sie organisiert, steht bei, unterstützt – wenn sie Letzteres allerdings auch schon mal verschwitzt hat. So hat sie Roger einst während eines Matchs angerufen – «sie hatte ganz vergessen, dass ich spiele», erzählt dieser lachend. Genau das gefalle ihm an ihr und sei Mirkas Charme, erklärt Federer. «Wenn sie drin ist im Tennis, dann ist sie drin. Und wenn sie draussen ist, kann sie sich sehr gut davon lösen.»

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Auf 148 Seiten versammelt die erste Ausgabe von «Interview by Ringier» exklusive Gespräche mit beeindruckenden Persönlichkeiten – von Roger Federer über Alain Berset bis hin zu Urs Fischer. Das Magazin kann unter diesem Link erworben und abonniert werden. 

Interview by Ringier Cover mit Roger Federer
Interview by Ringier, Cover: Walter Pfeiffer
Von rhi am 12. November 2021 - 20:09 Uhr