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Comedian Renato Kaiser

«Ich bin ziemlich unspektakulär»

Der Ostschweizer Comedian tourt gerade durch die Schweiz – und kennt auf der Bühne keine Tabus. Seine übertriebene Höflichkeit würde er allerdings mit ins Grab nehmen. Wenn es denn sein müsste.

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2019, Renato Kaiser, Slam Poet, Satiriker und Komiker, Photo by Aissa Tripodi
Ob Renato Kaiser lieber sympathischer oder intelligenter wäre? «Letzteres. Man kann zu sympathisch sein. Aber niemals zu intelligent.» Aissa Tripodi

Welches Ereignis hat Ihr Leben verändert?
Es war in der Sek, als ich – klein und dick – in der Turnhallengarderobe hörte, wie der sportliche Mädchenschwarm über mich lästerte. Ich ging zu ihm hin und sagte: «Hör zu, Roger, du magst mich offenbar nicht besonders. Ich dich auch nicht. Lassen wirs doch einfach dabei bewenden und gehen einander aus dem Weg.» Ich bin heute ehrlich gesagt nicht mehr sicher, ob sich das tatsächlich so zugetragen hat, aber auch wenn es nur in meinem Kopf so war, hat es mich gelehrt, den Leuten offen und direkt zu sagen, wenn mich etwas stört.

Was wären Sie als Kind gerne geworden?
In der vierten Klasse dachte ich mal, Schauspieler wäre cool. In derselben Minute sagte ich zu mir selbst: «Das schaffe ich eh nicht, und Geld verdient man auch keines. Ich werde Lehrer.» Ich war schon damals ein Pragmatiker.

Für wen haben Sie als Teenager geschwärmt?
Für Halle Berry im «Flintstones»-Film. Ich finde sie absurd attraktiv. Und «Ursula», die Bösewichtin aus «Arielle, die Meerjungfrau». Vielleicht wegen ihrer exzessiven Weiblichkeit.

Wofür haben Sie zuletzt gebetet?
Vor sehr langer Zeit – vermutlich dafür, nicht in die Messe zu müssen. Ich bin katholisch aufgewachsen, aber auf eine sehr humane Art und Weise.

Wann haben Sie zuletzt geweint?
Ich weine sehr selten, was vermutlich daran liegt, dass ich in unserer patriarchalischen Gesellschaft aufgewachsen bin. Aber wenn, dann richtig. Letztmals vor einem halben Jahr, als meine Hündin starb.

Was denken andere über Sie, was vielleicht gar nicht stimmt?
Eventuell, dass ich unglaublich interessant bin. Ich bin ziemlich unspektakulär.

Sagen Sie mal mit Renato Kaiser

Mein Haustier: Sindi, ein Bretonischer Vorstehmischling, ist seit drei Monaten bei meiner Freundin und mir.

ZVG

Was soll auf Ihrem Grabstein stehen?
«Ist hier noch frei?» Ich bin ein fast schon übertrieben höflicher Mensch.

Wie möchten Sie sterben?
Am liebsten gar nicht. Wenn es denn sein muss, soll mich aus heiterem Himmel ein Blitz treffen. Was ja bei den derzeitigen Wetterphänomenen durchaus im Bereich des Möglichen liegt.

Haben Sie schon mal eine Therapie gemacht?
Nein. Ich hab zwar schon daran gedacht, aber letztlich ist mein Job ja eine ständige Auseinandersetzung mit mir selbst, also auch eine Art Therapie. Die bringt zwar nicht so viel, dafür kostet sie nichts.

Welche Eigenschaft hätten Sie lieber nicht?
Ich bin zu pflichtbewusst und arbeitswillig. Anders gesagt: Ich arbeite daran, besser Nein sagen zu können.

Was üben Sie gerade, was Sie noch nicht so gut können?
Das Handy weglegen.

Sagen Sie mal mit Renato Kaiser

Mein Talisman: Das Porzellanherzli erinnert mich an eine verstorbene Freundin und daran, wie vergänglich alles ist. Ihr Bruder hat es mir an ihrer Beerdigung geschenkt.

ZVG

Wie viel sind Sie wert – in Franken?
Ich sag jetzt einfach mal eine Million. Das ist eine gute Grösse. Über die gesamte Lebenszeit gesehen fast schon anständig und bescheiden.

Wofür geben Sie am meisten Geld aus?
Für gutes Essen und Kaffee in Bio-Qualität und für Bücher.

Wofür sollte es Bussen geben?
Für E-Trottis, die nervigsten Fortbewegungsmittel seit den Segways.

Welches ist Ihr Lieblingsspiel?
«Zelda» auf dem Nintendo. Völlig überbewertet finde ich Jassen. Das ist reine Glückssache.

Was darf in Ihrem Haushalt nie fehlen?
Eine handbetriebene Kaffeemühle. Ich habe meine aus dem Brockenhaus. Das Mahlen hat etwas Meditatives und sorgt dafür, dass ich nicht zu viel Kafi trinke.

Was machen Sie als Letztes, bevor Sie ins Bett gehen?
Leider immer noch ins Handy schauen. Daran muss ich echt arbeiten. Zumal es auch meine Freundin ultimativ aufregt.

Womit belohnen Sie sich selbst?
Mit Gamen und Lesen.

Welches Kompliment haben Sie kürzlich erhalten?
Ich wurde dafür gelobt, dass ich es wage, auf der Bühne über Tabuthemen wie Abtreibung zu sprechen. Schade, dass das immer noch so ein Aufreger ist.

Mit wem würden Sie gern im Lift stecken bleiben?
Mit meinem Regisseur Manuel Gübeli. Ich kann mich mit kaum jemandem so gut unterhalten wie mit ihm.

Welchen Tag würden Sie gern nochmals erleben?
Vielleicht den Tag meiner Geburt. Man erinnert sich im Nachhinein so schlecht daran, und es wäre spannend, diesen Moment bewusst zu erleben.

Sagen sie mal mit Renato Kaiser

Mein Programm: Mit «Neu» toure ich noch bis nächsten Frühling durch die Schweiz. Am 7./8./9. September 2023 in St. Gallen.

ZVG
Familienbloggerin Sandra C.
Sandra CasaliniMehr erfahren
Von Sandra Casalini am 2. September 2023 - 18:00 Uhr