Das Projekt, welches mich als Produktentwickler bei Betty Bossi im letzten Jahr am meisten beschäftigt hat, ist der Spätzli-Blitz. Dieses Produkt ist eine Ikone und kam 1985 das erste Mal auf den Markt. Über die Jahrzehnte wurde er mehrmals weiterentwickelt und im November wird nun die vierte Version davon auf den Markt kommen. Für mich war es etwas Besonderes, an so einem Klassiker zu arbeiten. Bei der neusten Version kann man zum Beispiel die Scheiben austauschen, damit man diese besser reinigen kann, und sogar grössere Stücke wie Speck- oder Schinkenwürfel hineingeben. So wird aus einer Beilage fast ein Hauptgericht – genau solche Weiterentwicklungen zeigen das Potenzial eines Klassikers.
4000 Ideen pro Jahr
Es sind wohl bis zu 4000 Ideen, die wir pro Jahr haben. Von denen kommen aber nur circa 20 als von Betty Bossi entwickelte Produkte in den Onlineshop und vereinzelt auch in die Geschäfte. Dies ist weniger als ein Prozent. Das kann eine Ausstechform sein, ein Hobel oder eben der Spätzli-Blitz.
Ein Entwicklungsprozess dauert im Durchschnitt zweieinhalb Jahre – von der ersten Idee über Skizzen und 3D-Prototypen bis hin zum fertigen Produkt. Manchmal muss man ein Projekt abbrechen, wenn es nicht funktioniert. Wichtig ist mir, dass wir die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden ernst nehmen. Dafür haben wir Panels mit rund 500 Leuten, die uns Fotos schicken oder neue Produkte bei uns im Haus testen. Oft zeigt sich dann, dass Dinge, die für uns selbstverständlich wirken, in der Praxis gar nicht so klar sind. Genau das hilft, Produkte einfacher und verständlicher zu machen.

Stefan Staub beim Pröbeln: In den Büros von Betty Bossi in Zürich-Altstetten stehen zwei 3D-Drucker, die in der Testphase wertvolle Dienste leisten.
Fabienne BühlerInspiration finde ich überall. Wenn ich reise, gehe ich in Küchenläden und schaue, wie andere Probleme lösen. Manchmal reicht ein Detail – ein Mechanismus an einer Bustür oder ein raffiniertes Utensil in Japan – und daraus entsteht eine Idee. Besonders eindrücklich war eine Scoutingreise nach Tokio, ins Quartier Kappabashi, das für seine vielen Küchengeschäfte bekannt ist. Gemeinsam mit meinem Team habe ich dort so viele Geräte entdeckt, dass wir mit zwei Koffern voller Gadgets zurückkamen. Diese probieren wir Stück für Stück aus, entwickeln sie weiter oder verwerfen sie wieder. Allein diese Auswertung braucht enorm viel Zeit. Nicht alles passt für den Schweizer Markt: Sushi-Tools zum Beispiel sind hier eher eine Nische. Andere Ideen lassen sich jedoch adaptieren – so ist etwa die Eistee-Karaffe entstanden.
Vom Maschinenbauer zum Küchen-Gadget-Entwickler
Wir sind ein kleines Team, drei Leute mit 250 Stellenprozenten. Ich selbst bringe den technischen Hintergrund mit, ein Kollege kombiniert Kochausbildung mit Produktdesign, dazu kommt eine Praktikantin mit Designausbildung. Diese Mischung ist wichtig: Technik, Kulinarik und Gestaltung gehören bei uns zusammen.

Eine Legende unter den Haushaltsgeräten: Vom Spätzli-Blitz gibts neu schon die vierte Version. 1985 erstmals auf dem Markt, wurde er schon zum dritten Mal verbessert.
Fabienne BühlerMein eigener Weg hierher war nicht ganz gerade. Vor meiner Zeit bei Betty Bossi habe ich lange im Maschinenbau gearbeitet. Danach war ich selbständig, weil meine Bachelorarbeit ein Projekt für einen Lawinenrucksack war, den wir patentieren konnten. Daraus entstand eine Entwicklungsarbeit, die ich mehrere Jahre weitergeführt habe. Vier Jahre war ich so unterwegs, bis Corona kam – und vieles unsicher wurde. In dieser Situation habe ich das Stellenangebot von Betty Bossi gesehen. Es war für mich eine tolle Chance, weil mich die Verbindung von Technik, Kreativität und Kulinarik schon immer interessiert hat.
Inspiration vom Bauernhof
Ich bin auf einem Bauernhof bei Bern aufgewachsen, mit einem natürlichen Bezug zu Lebensmitteln. Oft sagte meine Mutter beim Abendessen: Heute ist alles Eigenes. Für mich war das ein grosses Privileg – zu wissen, woher die Lebensmittel stammen und wie sie hergestellt wurden. Dieses Bewusstsein prägt auch meine Arbeit heute: Mit unseren Gadgets möchten wir Kundinnen und Kunden befähigen, selbst zu entscheiden, was in ihren Lebensmitteln steckt – sei es der Zuckergehalt oder die Herkunft der Zutaten. Wir wollen ihnen Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie einfacher, schneller und trotzdem qualitativ hochwertig selber Essen zubereiten können.

Noch bequemer: Ein neuer Griff erleichtert das Drehen des Spätzli-Blitzes.
Fabienne BühlerEin Thema, das mich persönlich besonders reizt, sind Dumplings. Ich würde sehr gerne ein Tool dafür entwickeln – ich selbst würde es sofort kaufen. Doch im Moment ist der Markt in der Schweiz noch nicht so weit. Unsere Kundinnen und Kunden sind näher an den Ravioli. Dabei wären diese Teigtaschen kulinarisch spannend, weil man sie dämpfen, braten oder mit der Heissluftfritteuse zubereiten kann. Sie eröffnen eine grosse Vielfalt und neue Ideen für Rezepte. Aber man darf Trends nicht zu früh auf den Markt bringen.
Am Ende geht es immer um das Gleiche: Produkte sollen den Alltag erleichtern, einfach funktionieren und Freude machen. Ich bin überzeugt, dass man fast alles noch ein bisschen besser machen kann. Egal ob ein Spätzli-Blitz, ein Ausstecher oder ein Gemüsehobel.
