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  4. Marc Gisin bangt nach Horror-Sturz in Gröden um Saisonstart in Lake Louise

Saisonstart steht nach Sturz auf der Kippe

Marc Gisins Kopf lässt keinen Speed mehr zu

Neun Monate nach seinem fürchterlichen Sturz in Gröden ist Marc Gisin körperlich wieder ganz der Alte. Doch die Erinnerungen an den Crash machen dem Engelberger so zu schaffen, dass er gar seine Teilnahme an den ersten Saisonrennen infrage stellt.

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Marc Gisin in der Physio

Körperlich ist er wieder der Alte – doch mit der Psyche hadert er noch: Skistar Marc Gisin.

Fabienne Bühler

15. Dezember 2018: Es ist der Tag, an dem der Skiwelt der Atem stockt. Bei der spektakulären Abfahrt in Gröden ereignet sich ein Unglück, das erschüttert: Der Schweizer Speed-Spezialist Marc Gisin, 31, stürzt fürchterlich. Bei vollem Tempo verliert der Engelberger nach einem Verschneider die Kontrolle über seine Skis – und prallt nach einer guten Minute Fahrtzeit auf die pickelharte Piste. Unmittelbar vor den berühmt-berüchtigten Kamelbuckeln auf der Saslong hebt der 1.98-Meter-Hüne ab, wird durch die Luft geschleudert und kommt erst nach rund 50 Metern zum Liegen. 

Der Bruder von Dominique, 34, und Michelle, 25, hat an jenem Tag tausende Schutzengel: Er kommt mit Rippenbrüchen, Verletzungen an der Lunge, Frakturen an Wirbelsäule, Hüfte und Zähnen sowie einer Gehirnerschütterung verhältnismässig glimpflich davon. 

Gisin kämpft sich nach wie vor zurück

Nach der Reha und dem Wiederaufbau geht es Gisin körperlich gesehen wieder gut. «Meine physischen Werte sind wieder genauso gut wie vor dem Sturz in Gröden», erklärt er gegenüber «Blick»

Doch an seine Spitzenzeiten und die Marken seiner Teamkollegen in Trainings kommt er trotzdem nicht heran. Dass er noch nicht hundertprozentig konkurrenzfähig ist, führt der 31-Jährige auf sein Unterbewusstsein zurück. «Ich kann derzeit auf den Ski nicht ans Limit gehen», sagt er. «Ich habe das Gefühl, dass mein Unterbewusstsein gewisse Bewegungen blockiert, die mich schneller machen würden.»

Erfahrungen helfen nicht weiter

Wie seine Schwester Dominique, die in ihrer aktiven Karriere neunmal am Knie operiert werden musste, wurde Marc Gisin von vielen Verletzungen zurückgeworfen. So auch vor vier Jahren: «2015 habe ich beim Super-G in Kitzbühel ein Schädel-Hirn-Trauma inklusive Hirnblutung erlitten. Damals hat es aber nicht lange gedauert, bis ich wieder ans Limit gehen konnte.» Bereits ein Jahr später konnte der Obwaldner mit dem fünften Platz am selben Ort seine bislang beste Platzierung im Weltcup feiern.

Marc Gisin

Sucht nach seiner alten Form: Marc Gisin, hier im November vergangenes Jahr beim Abfahrtstraining in Beaver Creek. 

Getty Images

Doch diesmal läuft die Genesung nicht ganz so reibungslos – der Kopf setzt Gisin zu. Ob er den Speed-Saisonstart auf der Piste miterleben wird, stellt er infrage. «Es ist zwar nach wie vor mein Ziel, dass ich am 30. November in Lake Louise dabei bin. Aber ich werde für dieses Ziel sicher nicht die Brechstange auspacken.» Seine Teilnahme hängt von einem ab: «Ich werde in Kanada nur dann starten, wenn ich bis dahin wieder voller Überzeugung angreifen kann.»

Gisin braucht Geduld

Ein Wundermittel, um seine Heilung zu beschleunigen, hat Gisin noch nicht gefunden. «Ich kenne keinen Trick, mit dem ich mein Unterbewusstsein überlisten könnte. Deshalb brauche ich jetzt vor allem Geduld.» Auch «viele Trainingskilometer» sollen dabei helfen, dass er gemeinsam mit seinen Teamkollegen Ende November ins Weltcup-Geschehen eingreifen kann.

Von Ramona Hirt am 24. September 2019 - 18:09 Uhr