1. Home
  2. People
  3. Swiss Stars
  4. Caroline Chevin spricht über den Tod ihres Mannes

Caroline Chevin über den Tod ihres Mannes

«Meine Welt zerbrach in tausend Stücke»

Erstmals und exklusiv spricht der Luzerner Soul-Star Caroline Chevin über den tragischen Tod ihrer grossen Liebe. 2018 nahm sich der neuseeländische TV-Star Greg Boyed das Leben.

Artikel teilen

Caroline Chevin, Soulsängerin aus Weggis, auf dem Vierwaldstättersee, 20.01.2020. Foto Lucia Hunziker Hair & Make Up: Patrick Kästli

Wieder zu Hause. Caroline Chevin auf dem Vierwaldstättersee. «Neuseeland bleibt ein Teil von mir.»

Lucia Hunziker

Als Caroline Chevin, 45, in Weggis LU an Bord der «Europa» geht, grüsst sie freundlich den Billett-Kontrolleur. Hier kennt jeder jeden. Hier ist Caroline aufgewachsen. Hierher  ist sie vergangenen Frühling nach dem Tod ihres Mannes mit ihrem Sohn Kian, 4, zurückgekehrt. Und von hier aus nimmt ihre musikalische Karriere wieder Fahrt auf. Ihr Album «Enjoy the Ride» erscheint am 27. März 2020 – dem Tag, an dem Carolines Ehemann, der neuseeländische Moderator Greg Boyed, seinen 50. Geburtstag gefeiert hätte.

Caroline Chevin, wissen Sie schon, wie Sie diesen Tag verbringen wollen?
Kian und ich backen gemeinsam eine Rüeblitorte, Gregs Lieblingskuchen. Das machten wir immer an seinem Geburtstag.

Sie und Greg trafen sich 2014 in den Ferien, heirateten noch im gleichen Jahr und wanderten aus.
Es brauchte fünf Minuten und einen Spruch von ihm, und ich war verliebt. Mit knapp 40 hatte ich den Mann gefunden, mit dem ich mir vorstellen konnte, meinen Traum einer Familie zu erfüllen.

Caroline Chevin lässt damals nicht nur ihre Familie und Freunde in der Schweiz zurück, sondern auch eine gut laufende Karriere. Die Single «Back in the Days» und das Album «Hey World» stürmen die Hitparade, 2011 erhält sie einen Swiss Music Award. Dann verschwindet sie. Und taucht am anderen Ende der Welt wieder auf. Als Ehefrau und Mutter. «Ich habe das sehr genossen. Und ich bin Greg dankbar, dass er mir ermöglicht hat, nach Kians Geburt drei Jahre lang bei meinem Sohn zu Hause zu sein.»

Was für ein Mensch war Greg?
Er war sehr warmherzig, intelligent, humorvoll, ein engagierter Papi für Kian und seine Tochter aus einer früheren Beziehung.

Wann merkten Sie, dass es noch eine andere, eine dunkle Seite gibt?
Greg sagte mir gleich zu Beginn, dass er Depressionen hat. Für mich war klar, er ist der Mann meines Lebens, mit dem ich durch dick und dünn gehe. Rückblickend mag das etwas naiv scheinen, und ich habe realisiert, wie wenig ich über die Krankheit wusste.

Sprachen Sie mit ihm darüber?
Ich versuchte es, aber das war schwierig. Für ihn war das einfach eine Funktion in seinem Hirn, die anders ist als bei anderen. Eine, die er mit Pillen kontrolliert, und damit hat sichs.

Caroline Chevin uns ihr verstorbener Partner Greg

Es war Liebe auf den ersten Blick zwischen Caroline und Greg. Seinetwegen blieb sie in Neuseeland.

 
ZVG

«Es war extrem hart, mit jemandem zu leben, der es einfach nicht schafft, glücklich zu sein»

Caroline Chevin

Wie zeigte sich die Depression?
Für mich war es extrem hart, mit jemandem zu leben, den ich liebe, der alles hat, was man sich erträumen kann, und der es einfach nicht schafft, glücklich zu sein. Noch schlimmer war, dass auch ich ihn nicht glücklich machen konnte. Ich versuchte es auf jedem erdenklichen Weg, mit Wut, Trauer, Liebe, Verständnis – aber es klappte nicht. Ich hoffte trotzdem, dass es irgendwie gut kommt.

Sprach Greg je Suizidgedanken aus?
Es kam vor, dass er in der Wut sagte, er könne genauso gut in den nächsten Baum fahren, das würde eh niemanden kümmern. Aber er sagte jeweils, das würde er seinen Kindern niemals antun, wenn ich ihn darauf ansprach. Darauf habe ich mich immer verlassen.

Greg Boyed nimmt sich am 20. August 2018 in den Ferien in der Schweiz das Leben. Ein Schock für alle. Die Familie lässt verlauten, dass er an Depressionen litt, nicht aber die konkrete Todesursache. «Zum Schutz von uns Hinterbliebenen», sagt Caroline Chevin.

Caroline Chevin, Soulsängerin aus Weggis, Ufer Vierwaldstättersee, 20.01.2020. Foto Lucia Hunziker Hair & Make Up: Patrick Kästli

Ihre alte Heimat Weggis nahm Caroline Chevin liebevoll auf.

Lucia Hunziker

Wie erlebten Sie die erste Zeit nach Gregs Tod?
Ich versuchte irgendwie zu überleben, schlief kaum, hatte unzählige Fragen und keine Antworten, fühlte mich schuldig, dass ich das nicht verhindern konnte. Tagsüber funktionierte ich irgendwie – für Kian. Nachts zerbrach meine Welt in tausend Stücke.

Wie sagten Sie Kian, dass sein Vater tot ist?
Ich konsultierte eine Kinderpsychologin, lernte, dass Kinder anders mit so etwas umgehen als Erwachsene. Kian beschäftigten Fragen wie die, ob sein Dad im Himmel auch Auto fahren könne.

Nahmen Sie psychologische Hilfe in Anspruch?
Ich merkte, dass ich das Thema auf meine eigene Art verarbeiten muss. Der Weg zurück in einen möglichst «normalen Alltag» war das Allerwichtigste für Kian und mich.

Caroline Chevin, Soulsängerin aus Weggis, auf dem Vierwaldstättersee, 20.01.2020. Foto Lucia Hunziker Hair & Make Up: Patrick Kästli

Volle Fahrt voraus: «Ich möchte die Leute mit meiner Musik berühren.» Tourdaten auf carolinechevin.com

Lucia Hunziker

Wie war für Sie Ihre Rückkehr nach Weggis?
Das Gefühl, nicht hier sein zu wollen, war überwältigend. Das hatte nichts mit Weggis zu tun – ich wollte nirgends sein, wo Greg nicht ist. Ich hatte das Gefühl, ohne ihn nirgends mehr hinzugehören. Aber Weggis hat uns unglaublich herzlich angenommen, dafür bin ich sehr dankbar.

Haderten Sie je damit, dass Ihnen so etwas Tragisches passiert ist?
Nein. Ich sehe mein Schicksal nicht als schlimmer an als das von jemand anderem. Schwere Zeiten machen verletzlicher, aber auch stärker. Ich bin unglaublich dankbar für meinen Sohn. Hätte ich damals gewusst, was kommen würde, hätte ich es trotz allem noch mal gleich gemacht.

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Ich möchte nicht auf mein Schicksal reduziert werden. Ich bin nicht «die Arme, die ihren Mann verloren hat». Ich will vorwärtsschauen. Ich darf auf der Bühne stehen und singen. Ich darf lachen und glücklich sein. Das würde Greg so wollen. Ich kann und will meine Lebensfreude nicht abstellen. Das Gleiche gilt für die Trauer. Beides ist ein Teil von mir. Ich möchte mit beiden Beinen in meinem Leben stehen, und der einzige Weg dafür ist, ich selbst zu sein – mit dem Rucksack, den dieses Leben mir gegeben hat.

Familienbloggerin Sandra C.
Sandra CasaliniMehr erfahren
Von Sandra Casalini am 7. Februar 2020 - 06:09 Uhr