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«Gier nach grosser Anzahl Männer»

Nach Curdin Orlik outet sich auch Ex-Schwinger Enrico Matossi

Das Coming-out von Schwinger Curdin Orlik macht anderen Mut: Ex-Schwinger Enrico Matossi zieht nach – sagt aber, er hätte es nie gewagt, schon während der Sportkarriere zu seiner Homosexualität zu stehen.

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Enrico Matossi

Spätes Coming-out: Der frühere Spitzenschwinger Enrico Matossi lebt heute glücklich mit einem Mann zusammen.

Instagram / Enrico Matossi

Curdin Orlik, 27, erntet für sein Coming-out vom vergangenen Freitag viel Lob auf Instagram: Mehrere Tausend Follower haben seinen Eintrag geliked, hunderte beglückwünschen ihn zu seinem Mut. Mehr noch: Ein zurückgetretener Schwinger nimmt Orliks couragiertes Votum sogar zum Anlass, ebenfalls zu seiner Homosexualität zu stehen: Enrico Matossi aus dem Kanton Thurgau. 

«Lieber Curdin, ich gratuliere dir zu diesem Schritt», schreibt der 62-Jährige voller Anerkennung. Und fügt nachdenklich an: «Ich hätte mir gewünscht, dass ich in meiner Zeit als aktiver Schwinger ebenfalls den Mut gehabt hätte, in aller Öffentlichkeit zu meiner Homosexualität zu stehen.»

Vater einer Tochter

Denn Matossi, der heute im Bereich Human Resources arbeitet, wagte es nicht, während der Karriere bereits zu seinen wahren Gefühlen zu stehen. Ein bäuerliches Umfeld und ein Vater, der in der SVP politisierte, hätten dies verhindert. Aber nicht nur: Er habe seine sexuellen Neigungen lange selber nicht wahrhaben wollen, erinnert sich der Ex-Sportler gegenüber dem «Blick».

Matossi kam deshalb mit einer Frau zusammen, wurde als 32-Jähriger Vater einer Tochter. Der Schwinger, der im Laufe seiner Karriere 70 Kränze holte, wahrte seine Scheinwelt aber auch nach seinem Rücktritt vom Sport 1992 noch – ein Zustand, der bis ins Jahr 2007 andauerte. Dann, im Alter von 50 Jahren, hielt es der Ostschweizer laut eigenen Aussagen nicht mehr aus, ständig ein Versteckspiel zu spielen.

Matossi: «Mein Nachholbedarf war gross»

«Eines Morgens ist mir klar geworden, dass ich meine Gefühle nicht länger unterdrücken will. Ich habe mich deshalb von meiner Lebensgefährtin getrennt», sagt er dazu. Er habe es getan, um seine «Gier nach Männern» hemmungslos ausleben zu können. «Mein Nachholbedarf war derart gross, dass ich nach der Trennung meiner Freundin mit einer grossen Anzahl an Männern Sex hatte.»

Auf das Coming-out in seinem Umfeld habe er fast nur positives Feedback erhalten. «Es hat nur ein Schwinger zu mir gesagt, dass er nicht mehr mit mir zu tun haben möchte», so Matossi.

Eine wunderbare Beziehung

Er wolle mit seiner Homosexualität nicht hausieren gehen, würde auch nicht an der Gay-Pride teilnehmen, erzählt Matossi. Denn das Wichtigste sei für ihn seine Beziehung zu seinem Partner Manuel, mit dem er seit neun Jahren liiert ist. Seit 2017 lebt er mit seinem Traummann in einer eingetragenen Partnerschaft. Der Ex-Schwinger schwärmt: «Ich fühle mich dabei wunderbar!»

Orlik ist überwältigt vom Feedback

Derweil meldet sich Curdin Orlik zwei Tage nach seinem Coming-out erneut zu Wort. Auf Facebook schreibt er: «Wow, ich bin überwältigt von der grossen Anzahl positiver Reaktionen, die ihr mir über die verschiedensten Kanäle habt zukommen lassen.» Mit diesen wundervollen Feedbacks starte er nun in einen neuen, offenen und freien Lebensabschnitt. ⁣

Von Tom Wyss am 8. März 2020 - 13:06 Uhr