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«Ich wollte meinen Kindern diese Welt zeigen»

Nik Hartmann ist mit Sohn Constantin auf Afrika-Mission

TV-Star Nik Hartmann bereist für das Hilfswerk Solidarmed Simbabwe. Und nimmt erstmals seinen Sohn Constantin mit. Dieser zeigt, dass er aus dem gleichen Holz geschnitzt ist wie sein Vater. Doch ein Konflikt mit der Polizei gefährdet ihre Reise.

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Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin als Botschafter für das Hilfswerk Solidarmed in Simbabwe unterwegs.

Maurice Haas

Constantin ist sichtlich betroffen. Und sagt lange kein Wort. Am zweiten Tag seiner Reise besucht der 17-jährige Sohn von Nik Hartmann, 47, erstmals ein lokales Krankenhaus. Auf einer Bank vor dem Behandlungszimmer sitzt eine junge Mutter, die in ihren Armen ihre Tochter hält. Die Kleine glüht, ihre Augen glänzen fiebrig – und sie schlottert trotzdem. Typische Malaria-Symptome. «Ich wusste, dass mich solche Begegnungen erwarten, weil Papa mir oft von seinen Reisen erzählt hat. Aber jetzt, wo ich es selber sehe, finde ich es heftig», sagt Constantin.

Zehn Tage reisen der TV-Star und sein Sohn gemeinsam durch Simbabwe. Und beide kommen mit einer Mission ins Land: Nik besucht als langjähriger Botschafter des Hilfswerks Solidarmed Spitäler und Krankeneinrichtungen. Und Constantin recherchiert für seine Maturarbeit zum Thema Tuberkulose. Schon 2009, während seiner ersten Reise in Mozambique, sagte Nik Hartmann: «Eines Tages möchte ich meinen Kindern diese Welt zeigen.» Jetzt, auf seiner siebten Afrika-Reise, erfüllt sich dieser Herzenswunsch.

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Verbunden. Nik Hartmann (l.) mit seinem ältesten Sohn Constantin in Simbabwe. «Seit meiner ersten Afrikareise wollte ich meinen Kindern diese Welt zeigen.»

Maurice Haas

Constantin fordert seinen Vater gerne mal heraus

Und klar, der Vater möchte seinen Sohn dabei im besten Licht präsentieren. Deshalb – kurzer Rückblick – bittet er seinen Sohn, sich einen adretten Kurzhaarschnitt zu verpassen. Kurz vor dem Abflug! Bei einem Coiffeur auf dem Flughafen! Und tatsächlich, Constantin macht dem Papa den Gefallen. Nik ist erleichtert: «Ganz so geschmeidig läufts nicht immer. Consti wird immer grösser und fordert den Silberrücken der Familie gerne mal heraus», sagt er und lacht.

Mit dem Auto gehts von der Hauptstadt Harare aus in den Süden des Landes. Dorthin, wo sich zu allem Elend derzeit auch die Natur gegen die Menschen wendet: 400 Milliliter Regen fallen dort jährlich. Normalerweise. In den letzten zwölf Monaten waren es gerade mal 20 Milliliter. Als wäre der Überlebenskampf in Simbabwe nicht schon hart genug.

Ein Land im freien Fall

Vor etwas mehr als zwei Jahren feierten die Menschen die Absetzung von Langzeit-Herrscher Robert Mugabe. Hoffnung keimte auf. Stattdessen befindet sich das Land heute im freien Fall. Strom gibts, wenn überhaupt, ein paar Stunden in der Nacht. Überall sind lange Menschenschlangen zu sehen. Wer Benzin, Wasser oder ein wenig Geld abheben möchte, muss stundenlang anstehen – oftmals vergebens.

Der öffentliche Verkehr liegt ebenso darnieder wie das staatliche Gesundheitswesen. Simbabwe, einst die Kornkammer Afrikas, braucht Nahrungsmittelhilfe von der Uno. Umso bewundernswerter: Selbst im Kampf um das wenige, was noch da ist, bleiben die Menschen bemerkenswert freundlich und herzlich.

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Seit zehn Jahren bereist Nik für Solidarmed Afrika. Das Hilfswerk setzt sich für die Gesundheit der Menschen im südlichen Afrika ein.

Maurice Haas

Zwölf Psychologen für ein ganzes Land

Nik Hartmann ist ohnehin Afrika-erprobt genug, um sich von all dem nicht frustrieren zu lassen. Im Gegenteil. Er versteht es geradezu meisterhaft, Positives und Funktionierendes zu erkennen und daraus Energie zu schöpfen. «Es ist faszinierend, wie aus der Not heraus hervorragende Ideen entstehen», sagt er.

Wie das Projekt «Friendship Bench», das er und Constantin im abgelegenen Ndanga besuchen. Viele Menschen in Simbabwe leiden unter psychischen Problemen. «Kufungisisa» nennen die Menschen Depressionen und Ängste. Was so viel bedeutet wie «zu viel denken».

Aber in ganz Simbabwe gibts gerade mal zwölf Psychologen! Also nutzt man in diesem Projekt die vorhandenen Ressourcen: die sehr respektierten Grossmütter und die dorfältesten Frauen. Diese werden geschult und nehmen sich auf den Freundschaftsbänken der Probleme der Hilfesuchenden an.

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Ernstes Thema, fröhliche Runde. Nik Hartmann und Constantin mit einer Selbsthilfegruppe von Mädchen mit HIV.

Maurice Haas

Sie wünschen sich einen Platz, um zu tanzen

Nicht weniger beeindruckend: Eine Selbsthilfe-Gruppe von Mädchen, die mit HIV infiziert sind. Die aufgestellten jungen Frauen machen sich gegenseitig Mut und hadern kaum mit ihrem Schicksal. Constantin fragt: «Habt ihr Angst?» Die Antworten könnten überraschender nicht sein: Nein, Angst hätten sie keine. Aber sie wünschten sich in der Schule ein TV-Gerät, das funktioniert. Und einen Platz, um zu tanzen. Und überhaupt seien an den Samstagen zu wenige Jungs in der Gegend. Am Ende wird das Treffen der Hartmanns mit den Mädchen zum fröhlichen Foto- und Selfie-Happening!

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Einsatz Constantin: Für seine Maturaarbeit über Tuberkulose interviewt er Patienten. Papa möchte helfen, aber Constantin kanns alleine.

Maurice Haas

Der junge Hartmann interessiert sich sehr für Medizin

«Medizin studieren. Und eines Tages vielleicht Arzt werden»: So die Pläne von Constantin für die Zeit nach dem Gymi. Seine Recherchen für seine Maturarbeit über Tuberkulose sind so etwas wie ein Testlauf, ob er für dieses berufliche Umfeld geschaffen ist. Vor seinen ersten Interviews ist kaum auszumachen, wer nervöser ist: Vater oder Sohn.

Während Nik mit dem Handy die Gespräche aufnimmt, spricht Constantin mit Patienten, die teils kaum Kraft haben, um aufrecht zu sitzen. Beim ersten Gespräch flüstert Nik seinem Sohn ein paar Mal zu, was er alles noch fragen könnte. Constantins Antwort ist immer die gleiche: «Ja, ich weiss, steht auf meinem Zettel.» Und Nik staunt schon bald, wie strukturiert und zielgerichtet Constantin seine Gespräche führt. Und wie rasch er es schafft, das Vertrauen der Patienten zu gewinnen. Nik stellt anerkennend fest, wie weit sein Sohn schon ist.

Die Polizei wird auf sie aufmerksam

Auch wenn der Staat kaum in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen: Wenn etwas funktioniert, ist es der Sicherheitsapparat. Journalisten oder Regimekritiker leben in Simbabwe gefährlich. Selbst Nik und Constantin geraten in eine äusserst unangenehme Situation. Auf dem Dorfplatz von Chikombedzi posieren sie für den Fotografen.

Es dauert keine fünf Minuten, da stellt sich ein ziviler Vertreter der Police Intelligence bedrohlich auf und fragt nach den Ausweisen. Die Begegnung könnte die ganze Reise gefährden. Constantin weicht einen Schritt zurück, sein Vater beantwortet mit grosser Ernsthaftigkeit die Fragen des Mannes. Und je länger das Gespräch dauert, desto mehr lenkt Nik es in seine Bahnen.

Bevor es sich der Polizist versieht, hat ihn Nik mit Geschichten über die Schweiz und seine drei Buben für sich gewonnen. Der Mann zieht ab, Gefahr gebannt. Und Constantin stellt anerkennend fest, wie cool und raffiniert sein Vater ist.

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Spital-Alltag. Für Solidarmed besucht Nik Spitäler und Krankenstationen. Dieser Junge hat sich zum Glück «nur» das Bein gebrochen.

Maurice Haas

Alle sind gut gebildet und informiert

«Ich fühle mich mit Afrika verbunden», sagt Nik. «Und es macht mich stolz, dass ich etwas zum Gelingen dieser Projekte von Solidarmed beitragen kann.» Und dank seiner Rolle als Botschafter von Solidarmed könne er Constantin eine Tür in eine neue Welt zeigen.

Wie ähnlich sich Constantin und sein Vater sind, zeigt sich beim letzten Spitalbesuch in Chikombedzi. Die beiden dürfen sich einen Vormittag frei im Spital bewegen. Beide zeigen den gleichen Drang, auf die Leute zuzugehen und möglichst viel über sie und ihre Welt zu erfahren.

Und bei den Gesprächen mit Ärzten, Pflegerinnen oder Patienten kommen beide zum gleichen Schluss: «Mit den Menschen hier kommuniziert man auf Augenhöhe. Die sind alle wahnsinnig gut ausgebildet und informiert», sagt Nik. Umso bedauernswerter, dass die Situation im Lande so schwierig sei.

Nik Hartmann und sein Sohn Constantin in Simbabwe für das Hilfswerk Solidarmed

Geschafft. Nach zehn Tagen Simbabwe gehts zurück in die Schweiz. Die Reise hat Nik und Constantin eng zusammengebracht.

Maurice Haas
Die Reise hat sie eng zusammengebracht

Zehn Tage reisen schweisst Nik und Constantin zusammen. Das Band zwischen ihnen sei ohnehin immer eng, aber zu Hause gäbe es im Alltag halt auch Reibereien, sagen die beiden. Nicht so in Simbabwe. Nik und Constantin verzichten jeweils sogar auf ihre Einzelzimmer, um gemeinsam zu übernachten. Der Silberrücken möchte seinen Goldjungen bei sich haben.

In fünf Ländern im südlichen Afrika ist Solidarmed tätig. Mit Simbabwe hat Nik als Botschafter des Hilfswerks nun alle fünf bereist. «Ich schliesse einen Zyklus ab, der vor über zehn Jahren begann.» Constantin: «Meiner fängt dafür an.» Nik: «Hoffentlich. Ich habe dir die Tür gezeigt, durchlaufen musst du selber.» Constantin: «Das habe ich bereits getan.»

Solidarmed

Spenden für das Hilfswerk Solidarmed können auf folgendes Konto überwiesen werden: PC 60-1433-9

Von Alejandro Velert am 2. Februar 2020 - 20:09 Uhr