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  4. Skistar Carlo Janka tritt zurück – mit Olympia-Gold, WM-Titel und Gesamtweltcup-Sieg im Koffer

16 Jahre nach dem Weltcup-Debüt

Skistar Carlo Janka erklärt seinen Rücktritt

Das Palmarès ist beeindruckend: elf Weltcup-Siege, Olympia-Gold, zwei WM-Medaillen und der Sieg im Gesamtweltcup. In seiner Karriere hat Carlo Janka alles erreicht – und tritt deswegen Ende Saison zufrieden und stolz von der Weltcup-Bühne ab, wie der Skifahrer am Donnerstag in Wengen mitteilt.

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Carlo Janka

Tritt von der Ski-Bühne ab: Carlo Janka.

Kurt Reichenbach

«Carlo Janka, Carlo Janka, Carlo Janka – du bisch ä geile Siech!» Wo heute zu Andreas Gabaliers Melodie von «Hulapalu» mit «Odi, Odi, Odi, Odieee» die unlängst so zahlreichen Erfolge von Marco Odermatt, 24, im Publikum frenetisch gefeiert werden, war es einige Jahre zuvor der Name von Carlo Janka, der die Massen zum Singen und Jubeln brachte.

Und wie er das tat! Der Besungene hat in seiner langen Karriere beinahe alles erreicht, was es zu erreichen gibt: Er reihte Weltcup-Podestplatz an Weltcup-Sieg, fuhr der Konkurrenz an Grossanlässen davon und holte in der Saison 2009/10 die Auszeichnung für den beständigsten Skifahrer des ganzen Winters: den Sieg im Gesamtweltcup. 

Nun, so hat Carlo Janka entschieden, ist genug. Wie er am Donnerstag an einer eigens einberufenen Pressekonferenz im Rahmen der Lauberhornrennen mitteilt, werden die für ihn zwei ersten Rennen dieser Saison gleichzeitig die letzten seiner Karriere sein. Janka tritt zurück. Am Samstag wird der mittlerweile 35-Jährige mit der Lauberhorn-Abfahrt seinen Abschied von der Weltcup-Bühne feiern. 

«Es ist für mich in den letzten Jahren immer schwieriger geworden», sagt er im Kino Wengen. Seit dem Kreuzbandriss im Oktober 2017 seien die Störfaktoren immer grösser geworden. Nach und nach fuhr er weniger Disziplinen. Sein ständiger Begleiter: Rückenprobleme. «So ist bereits im vergangenen Sommer und Herbst der Entscheid gereift.»

Wengen als besonderer Ort

Mit Wengen hat sich der Bündner einen Ort für seinen Rücktritt ausgesucht, an dem ihm in der Vergangenheit zahlreiche Erfolge gelungen sind. Zwei Mal gewann er die Kombi, und sein Triumph in der Abfahrt 2010 bleibt unvergessen. Auch für ihn: «Es ist mein absolutes Lieblingsrennen, deshalb schliesst sich der Kreis für mich nun hier. Es ist der perfekte Ort für den Abschied.» Selbst das Hochdruckgebiet, das gerade für traumhaftes Wetter sorgt, heisse Carlos, merkt er dann noch grinsend an.

Carlo Janka Lauberhorn 2010

Einer der Momente, der den Schweizer Ski-Fans bleiben wird: Carlo Janka fliegt 2010 am Lauberhorn dem Sieg entgegen.

Getty Images

Auch in Zeiten, in denen er bereits mit gesundheitlichen Rückschlägen zu kämpfen hatte, fuhr er im Berner Oberland stets stark. Janka und das Lauberhorn: Das passte einfach. Acht seiner insgesamt 28 Podestplätze auf höchster Stufe zeugen eindrucksvoll davon. 

Eine besondere Karriere

Zwei Wochen später holte er den ersten Sieg in Val-d'Isère, wo er wenige Wochen danach den Weltmeistertitel im Riesenslalom erlangte sowie die Bronzemedaille in der Abfahrt gewann. In der darauffolgenden Saison schaffte er den Hattrick von drei Siegen in drei verschiedenen Disziplinen an drei Tagen. Er zementierte seine Vormachtstellung in dieser Saison mit dem Riesenslalom-Sieg an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver. In derselben Saison sollte er den Gesamtweltcup für sich entscheiden – wie es bis heute keinem Schweizer mehr gelungen ist. Es lief wie am Schnürchen – wie heute Marco Odermatt. Zudem eroberte er die Schweizer Skifans als «Iceman» – es gab keinen cooleren Fahrer als er.

Nun also tritt Janka ab. Und mit ihm eine Figur, die den Skisport über Jahre hinweg geprägt hat – allem voran in der Schweiz, aber auch international. Der Obersaxer debütierte 2005 im Weltcup, holte ein Jahr später die ersten Punkte, fuhr 2008 in der Abfahrt von Lake Louise mit Startnummer 65 auf den zweiten Platz. Und zeigte: Da kommt was ganz Grosses.

Carlo Janka Olympia 2010 Kjetil Jansrud Aksel Lund Svindal

Einer der grössten Momente seiner Karriere: In Vancouver 2010 holt Carlo Janka vor Kjetil Jansrud (l.) und Aksel Lund Svindal die olympische Goldmedaille.

Getty Images
Gesundheitliche Probleme

Doch dann folgten die ersten groben gesundheitlichen Probleme. In der Saison 2010/11 beeinträchtigten ihn Herzrhythmusstörungen, welche ihn noch während des Winters zu einer Operation zwingen. In der Folgesaison begannen ihn chronische Rückenbeschwerden zu plagen, nach und nach drohte Janka, den Anschluss an die Weltspitze zu verlieren. 

Sein erstes Rennen nach vierjähriger Durststrecke gewann er – na klar – in Wengen. Ein Jahr später, im Februar 2016, holte er seinen letzten Weltcup-Sieg bei der «Olympia-Generalprobe» in Pyeongchang, wo er zum ersten Mal einen Super-G für sich entscheiden konnte.

In der Saison 2019/20 konnte er in der ersten und der letzten Abfahrt des Winters als Dritter zwei Podestplätze feiern, ehe ihm in der vergangenen Saison die Rückenbeschwerden wieder stärker zu schaffen machten. Diese verhinderten auch eine Teilnahme an den bisherigen Rennen dieses Weltcup-Winters – und waren mitunter Ausschlag für Janka, seine Karriere zu beenden. 

Bald zweifacher Vater

Welchen beruflichen Weg Carlo Janka nach seinem Rücktritt als Spitzensportler einschlagen wird, weiss er noch nicht. «Ich musste mich in den vergangenen Jahren sehr fest mit meinem Körper beschäftigen», sagt er, der immer offen dafür war, alles auszuprobieren. «Etwas in diesem Bereich, etwa Naturheilkunde, würde mich schon interessieren, in welcher Form auch immer.» 

Bereits im Sommer 2020 hatte er in der «Coopzeitung» erklärt, dass der Schritt in ein «normales Leben» ihm zusetzt. «Ich finde es schon extrem schwierig, herauszufinden, was mir dann Freude bereiten wird und für was ich jeden Morgen gerne aufstehen würde», sagte er damals. Dass er in ein Loch fallen wird, fürchtet er nun aber nicht mehr. Schliesslich habe man die Familienvergrösserung so geplant, dass im Frühling das zweite Kind komme und keine Zeit für so ein Loch bleibe, witzelt er beim Rücktritt.

Nach Töchterchen Ellie, 2, freut er sich mit Ehefrau Jennifer auf «eine neue Herausforderung als grössere Familie», wie Jennifer im Gespräch mit schweizer-illustrierte.ch sagte. Ob das Mädchen eine Schwester oder einen Bruder bekommt, wissen Carlo und seine Frau allerdings noch nicht. «Anders als bei Ellie wollen wir uns dieses Mal überraschen lassen», sagte Janka. «Freuen würden wir uns natürlich über beides.» Auch die Verschiebung der Prioritäten Richtung Familie hat Janka die Entscheidung zum Rücktritt erleichtert. Der Körper sei ohnehin nicht mehr ganz so bereit gewesen für das ganz grosse Risiko – der Kopf zuletzt aber auch nicht mehr. 

Nun freut sich Janka auf seine zwei letzten Rennen am geliebten Lauberhorn. Und es ist nicht auszuschliessen, dass man beim Abschied im Ziel am frühen Samstagnachmittag einen emotionaleren Carlo erleben wird, als es bei seinen grössten Siegen der Fall gewesen ist.

Von EB und rhi am 13. Januar 2022 - 16:58 Uhr