Grau und schwer liegen die Wolken über den Bergen des Berner Oberlands. Immer wieder ziehen Regenschauer durchs Tal. Doch Petrus meint es gut mit den Trauffers – und schickt pünktlich zum Nachmit-tag herrlichen Sonnenschein in ihre Heimat nach Hofstetten bei Brienz. «Das ist immer so, wenn Marc ein Fotoshooting hat», sagt Brigitte Trauffer (46) lachend, während sie mit Marc (46) die letzten Meter eines steilen Hangs erklimmt. Voraus stürmen vergnügt die Berner Sennenhunde June und Lizzy.
Wenig später erreichen Zwei- und Vierbeiner ihr Ziel: ein lauschiges Plätzchen zwischen wildem Thymian und gelb blühenden Goldruten. Marc breitet eine Decke aus und stellt den Picknickkorb daneben. Den Ort hat der Mundartsänger nicht zufällig ausgesucht: Genau hier entstand der Song «Äs Müntschi schwach» – einer der Titel seines neuen Albums «Heubode», das am 22. August erschienen ist. «Wenn ich über die Alpen schaue, kommen mir die Ideen fast von selbst», weiss Trauffer und öffnet eine Flasche Rotwein.
Eingespieltes Team –privat und beruflich: Seit fünf Jahren sind der Musiker und die Texterin verheiratet und führen gemeinsam ein Hotel.
Kurt ReichenbachStillstand für den Neustart
Drei Jahre war es musikalisch ruhig um den «Alpentainer». «Ich hatte einen Overload – zu viele Projekte gleichzeitig», erklärt er. Da war das Projekt «Büetzer Buebe», das er mit Rockmusiker Gölä (57) hatte. Und auch der Holzschnitzbetrieb rund um die bekannten Kühe, den Trauffer in der dritten Generation betreibt, beansprucht viel Zeit.
Mit der Trauffer Erlebniswelt samt Hotel und Restaurant kam ein weiteres Mammutprojekt dazu. «Da habe ich gemerkt: Jetzt brauche ich eine Pause, um wieder Lust auf Musik zu bekommen.» Der zweifache Vater – er hat eine Tochter und einen Sohn aus einer früheren Ehe – fügt an: «Ich mache Unterhaltungsmusik. Das kann ich nur, wenn ich es will. Ich möchte, dass die Leute glücklich sind.»
Trauffer auf der Bühne.
Philippe RossierMit «Heubode» ist ihm das gelungen. Gleich nach Erscheinen schiesst das neue Werk auf Platz 1 der Schweizer Albumcharts. Nicht nur seine Fans, auch Ehefrau Brigitte ist begeistert – obwohl sie sonst seine wichtigste Kritikerin sei, so Marc.
Die Ostschweizerin mit Wurzeln in Liechtenstein und im St. Galler Rheintal schwärmt: «Die Lieder machen gute Laune – und auch wunderschöne Stücke sind dabei. ‹Stärneliechtermeer› zum Beispiel.» Marc grinst, schaut verstohlen zu ihr: «Das ist eigentlich ein Liebessong an dich. Ich habe es dir nur noch nicht gesagt.»
Von Streitereien und Ritualen
Kennengelernt haben sie sich vor 18 Jahren mit ihren damaligen Bands – er mit Airbäg, sie mit Autseid. Aus Freundschaft wird später Liebe – über Marcs Biografie, die aus Brigittes Feder stammt. «Er wollte unbedingt, dass ich sie schreibe», erinnert sich die freischaffende Texterin, die gerade an einem weiteren Buch über ihn und die Trauffer Erlebniswelt schreibt. «Damals ist etwas zwischen uns entstanden, womit wir nicht gerechnet hatten», sagt Marc.
Mittlerweile sind er und Brigitte seit fünf Jahren verheiratet. Am 11. September 2020 gaben sie sich das Jawort in Meiringen BE. Längst sind sie ein eingespieltes Team. Trotz vollen Agenden nehmen sie sich bewusst Zeit füreinander. «Seit wir Gastronomen sind, essen wir fast jeden Tag gemeinsam Zmorge», verrät Brigitte, Gastgeberin und Direktorin des Bretterhotels. «Weil wir am Abend nie gleichzeitig daheim sind, ist das für uns zu einem wichtigen Ritual geworden.» Vor allem jetzt, wo so viel los sei.
Schön wars: Beim Abstieg lassen Marc und Brigitte den Tag Revue passieren. «Leider kommen wir nur selten dazu, einfach mal abzuschalten», sagt Marc.
Kurt ReichenbachDenn neben der Hochsaison im Hotel und Brigittes Buchabgabe im September stehen am 8. und 9. November drei Trauffer-Konzerte im Zürcher Hallenstadion an. Eines davon mit der Kindermusikgruppe Schwiizergoofe. Brigitte: «Wenn man zusammen arbeitet und so viele Projekte hat, wäre es gelogen zu sagen, dass alles immer nur toll ist. Wir wissen beide genau, was wir wollen – und dementsprechend knallt es halt auch mal.» Marc ergänzt: «Ich fluche dann wie ‹e More›, aber fünf Minuten später ist alles wieder gut. Wir sind zum Glück nicht nachtragend.»
Eine Charaktereigenschaft, die sie mit ihren beiden Hunden June und Lizzy teilen. «Ich würde sie nicht mehr hergeben», schwärmt Brigitte – obwohl sie eigentlich einen Hund der Rasse Samojede wollte. «So herzig, fast wie Eisbären!» Marc verzieht das Gesicht und sagt: «Mit so einem ‹Ringelschwanz› laufe ich doch nicht durchs Dorf!» Also schenkte er ihr vor sechs Jahren kurzerhand Lizzy. «Ich musste schliesslich handeln», rechtfertigt er sich. Brigitte doppelt nach: «Es war so klar, dass er Berner Sennenhunde wollte – die sind genauso stur wie er.» Beide lachen.
Unbeschwerte Momente wie diese sind für das geschäftige Paar besonders kostbar. «Wir freuen uns, wenn es gegen Weihnachten wieder ruhiger wird», sagt Brigitte. Marc ergänzt: «Der Unternehmer muss arbeiten, wenn Arbeit da ist.
Aber wenn man wieder atmen kann, geniesst man es umso mehr.» Während June und Lizzy entspannt im Gras liegen, holt Brigitte zwei Gläser aus dem Picknickkorb. Marc schenkt Wein ein. «Zum Wohl», sagen sie, stossen miteinander an – und lassen ihre Blicke über die vertrauten Berge schweifen.