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Satirikerin Nora Binkert

«Wenn jemand schreibt, ich mache Ü80-Humor, trifft mich das hart»

Ihre Witze zünden ohne Lächeln, ihre Videoreportagen ohne Glamour. Die Zürcherin Nora Binkert ist das neue Gesicht der SRF-Satire – und macht aus alltäglichen Schauplätzen kleine Komödien.

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<p>Junges Comedytalent aus Zürich – monatlich in der SRF-Satireshow «Die Sendung des Monats» zu sehen, das nächste Mal am 28. Dezember.</p>

Junges Comedytalent aus Zürich – monatlich in der SRF-Satireshow «Die Sendung des Monats» zu sehen, das nächste Mal am 28. Dezember.

Ellin Anderegg

«Das wäre blöd, wenn ich jetzt in die Limmat falle», scherzt Nora Binkert (24) mit ernster Miene. Die junge Komikerin steht für das Fotoshooting am Flussufer, blickt mal direkt in die Kamera, mal dran vorbei.

Mit ihrem eigenwilligen Humor hat sie sich in kürzester Zeit in die erste Reihe der jungen Schweizer Satirikerinnen gespielt. Seit Herbst steht sie gemeinsam mit Gabriel Vetter, Fabienne Hadorn und Moritz Schädler für die SRF-Satireshow «Die Sendung des Monats» vor der Kamera. «Bei der Anfrage habe ich sofort Ja gesagt – so schnell, dass die Produktionsfirma mich fast wieder bremsen musste», erzählt sie und lacht.

<p>In ihrem Schlafzimmer mit Büroecke tüftelt Nora Binkert an neuen Videokonzepten und schneidet ihre Clips.</p>

In ihrem Schlafzimmer mit Büroecke tüftelt Nora Binkert an neuen Videokonzepten und schneidet ihre Clips.

Ellin Anderegg

Eigentlich wollte Binkert Radiomoderatorin werden. «Ich dachte, das sei mein Weg.» Sie absolviert mehrere Praktika und landet schliesslich bei Radio Energy Zürich. Dort soll sie klassische Radioreportagen machen – Stimmen einfangen, O-Töne schneiden. Doch Binkert denkt weiter: Sie filmt ihre Reportagen gleich mit. «So kann man die Inhalte mehrmals verwerten.»

Die Redaktion allerdings will die Videos nicht auf den offiziellen Kanälen posten. «Ich fand es schade. Ich hatte ja das Energy-Mikrofon, das Logo, alles – und musste es trotzdem auf meinem privaten Account hochladen.» Im Nachhinein ist Binkert froh darüber. Denn: 44'000 Follower zählt sie plattformübergreifend heute.

Ihre Videoreportagen treffen den Nerv der Zeit: Ob sie Menschen in der Geisterbahn mit einem Bild des Gendersterns oder mit Porträts der Bundesräte erschreckt oder in einem Dorf namens Gaggi Säge über Fäkalien spricht – ihre Videos sind gleichzeitig banal und genial. «Ich bereite mich immer vor», sagt sie. «Aber im besten Fall passiert dann etwas Besseres als geplant.»

<p>Die Schwestern Nora (r.) und Laura in ihrer Zürcher Küche: Laura kocht leidenschaftlich, Nora probiert gern Tiktok-Rezepte aus.</p>

Die Schwestern Nora (r.) und Laura in ihrer Zürcher Küche: Laura kocht leidenschaftlich, Nora probiert gern Tiktok-Rezepte aus.

Ellin Anderegg

Lob von Hazel Brugger

Als die NZZ kürzlich titelte: «Achtung, SRF ist wieder lustig! Dank Nora Binkert, der Meisterin der toten Pfanne», konnte sie es kaum glauben: «Ich habe mich mega gefreut – aber ich finde, die Sendung war auch vorher schon lustig, mit vielen talentierten Leuten. Ich freue mich, dass ich jetzt Teil davon bin. Das ist eine Ehre.» Mit ihrer Mischung aus Ironie, Schlagfertigkeit und unbeirrbarer Ruhe erinnert die Zürcherin an eine junge Hazel Brugger. Kein Wunder, dass Hazel selbst einmal unter eines ihrer Videos schrieb: «Mega funny 10/10.»

Wieso Binkerts Humor so trocken ist? «Vielleicht, weil mein Körper nicht genug Flüssigkeit hat, ich trinke zu wenig», witzelt sie. «Ja, mein Humor mag trocken sein, aber dafür habe ich umso fettigere Haut», fährt sie fort.

Humor liegt in der Familie

Aufgewachsen ist Nora in Eglisau ZH, als ältestes von fünf Kindern. Ihre Mutter Nina Binkert (52) erzählt: «Wir haben es oft lustig in der Familie. Nora ist direkt, schlagfertig und verspielt.» Und sie ist eine Unterstützung im Familienunternehmen, dem Postkartenladen ihrer Eltern. «Ich mache das Social-Media-Zeugs, ehrenamtlich», sagt sie. «Aber sollte es bei mir mal nicht mehr laufen, stelle ich ihnen einfach eine saftige Rechnung», meint sie schelmisch.

<p>Nina (l.) und Peter Binkert in ihrem Postkartenladen schönegrüsse.ch im Zürcher Niederdorf – hier hilft Tochter Nora manchmal aus.</p>

Nina (l.) und Peter Binkert in ihrem Postkartenladen schönegrüsse.ch im Zürcher Niederdorf – hier hilft Tochter Nora manchmal aus.

Ellin Anderegg

Seit Anfang Jahr teilt sich Nora mit ihrer Schwester Laura (22) eine Zweizimmerwohnung in Zürich. «Ich bin mega stolz auf Nora – und manchmal überrascht, wie gelassen sie beim ganzen Trubel bleibt», sagt Laura.

Lachen verkauft sich gut

Mit ihrer wachsenden Reichweite verdient Nora Binkert Geld. Firmen zahlen bis zu 1000 Franken dafür, dass sie bei ihnen ein Video dreht. Doch die Bekanntheit sorgt auch für Gegenwind. «Einmal schrieb mir jemand, er hoffe, ich werde von einem E-Bike überfahren. Das ist fast schon lustig, weils so spezifisch ist.» Nur eine Art von Hate-Kommentar lässt sie nicht ganz kalt: «Wenn jemand schreibt, ich mache Ü80-Humor. Das trifft mich als Gen-Zlerin hart.»

Manche nennen es simple Flachwitze, andere nennen es Talent. Gute Beobachtung, kluge Fragen, ein Gesicht ohne Miene. «Ich bin nicht sicher, ob ich wirklich lustig bin», so die Satirikerin. «Ich muss ja alle Videos schneiden. Ein ungeschnittenes Video wäre das Unlustigste überhaupt – eine Foltermethode.» Eine Foltermethode? Wohl kaum – eher ihr Erfolgsgeheimnis.

Von Vanessa Nyfeler am 29. November 2025 - 12:00 Uhr