Bei Balenciaga lag sie sorgfältig zusammengefaltet auf den Sitzplätzen der Gäste: die Solidaritätsbekundung zum Anziehen. Ein T-Shirt in Blau-Gelb. Gross und kastig wie man es vom Creative Director Demna Gvasalia gewohnt ist. Die Flagge als Uniform mit breiten Schultern. Fast hätte der Georgier die Show des spanischen Luxushauses während der Paris Fashion Week abgesagt. Zu absurd erschien ihm der Kontrast zwischen Krieg und Kapital, zwischen Leid und Luxus. Dann widmete er die Herbst/Winterkollektion für 2022/2023 den Flüchtenden und Geflüchteten, weil er es 1993 auch tun musste.
«In einer Zeit wie dieser verliert Mode ihre Relevanz und ihr eigentliches Recht zu existieren», las man auf den Karten, die ausserdem auf den Plätzen der Gäste vor dem Laufsteg warteten. Er wollte die Show nicht opfern und das Böse erneut gewinnen lassen – stattdessen sei sie eine Widmung an die Furchtlosigkeit, den Widerstand und den Sieg von Liebe und Frieden. Wie in einer überdimensionalen Weihnachtskugel wurden die Models dann verblasen, irrten wie frierend durch einen heftigen Schneesturm, in den Händen Mülltüten. Das Szenario erinnerte an das Schicksal Vertriebener, ist im Hier und Jetzt verankert. Verstört, rüttelt auf.
Empathie zum Anziehen
Und statt Goodie Bag gabs nun eben das Flaggen-Shirt in Blau-Gelb. Schauspielerin Salma Hayek zog es direkt an und stellte sich neben Kim Kardashian, die nichts trug bis auf ein mit dem Balenciaga-Logo bedrucktes Absperrband. Ende Gelände? Wofür? Den Frieden? Die heile Welt?
Solidarische Outfit-Inspo
Um gegen den Schrecken zu kämpfen, wird die Stimme erhoben. Ein Post gemacht. Zwei Posts. Drei. In den sozialen Medien zu Spenden und Hilfsaktionen aufgerufen. Mitgefühl ausgesprochen. Den eigenen Gefühlen freien Lauf gelassen. Dokumentiert, was geleistet wurde. Wer ohne Social-Media-Selbstinszenierung für mehr Sichtbarkeit sorgen will, protestiert im Stillen. Und bastelt das Balenciaga-Shirt nach. Trägt einen Look aus Blau und Gelb. Weil diese Farben Bände sprechen. Wie das aussehen könnte? Wir haben die Street Styles der Pariser und Mailänder Fashion Weeks durchkämmt – eben die, die in die Zeit der russischen Angriffe fielen. Voilà, so könnten Friedens-Looks aussehen.