2016 war noch alles gut. Da überzuckerte man alles, was neu und cool war, mit cremigem Rosa. Schnell wurde das, was eigentlich von Pantone «Rosenquarz» getauft worden war, zu «Millenial Pink», das so übermotiviert benutzt wurde, wie es die Generation Y selbst ist. Das Farbinstitut hatte der kaugummi-süssen Nuance damals einen kleinen babyblauen Bruder zur Seite gestellt. Mit «Serenity» kürte man ein niedliches Geschwisterpaar zur Farbkombi des Jahres, das so harmonisch schien, dass sie sogar zu einem hübschen Farbverlauf verschmelzen hätten können.
Jetzt stehen wir kurz vor 2021 und nach Trendfarben für Mode, Möbel und Kunst wie dem mystischen «Classic Blue» diesen Jahres, dem frischen «Living Coral» von 2019 und dem elektrisierenden «Ultraviolett» von 2018 macht Pantone nun zum zweiten Mal in der mehr als 20-jährigen Geschichte des Unternehmens wieder eine Farb-Fusion zu optischer Zukunftsmusik.
Eine aus zwei Nuancen, die im harten Kontrast zueinander stehen. Weil die Zeiten ungewiss sind. Und wir sind unsicher. Eine ist erstmals ein achromatischer, also nicht bunter Ton. What a time to be alive!
«Illuminating» und «Ultimate Gray»: Wenn die Welt vor Sorge kreischt
2020 hat uns die Pandemie wie ein unverhoffter linker Haken getroffen. Die schmerzlichen Folgen werden wir laut Pantone auch in dieser «ambitionierten Farbpaarung, die tiefere Gefühle der Nachdenklichkeit mit dem optimistischen Versprechen eines sonnenverwöhnten Tages verbindet» spüren. Da wäre einerseits «Ultimate Gray», das triste, farblose Grau von Kieselsteinen – eines, das uns seit Monaten den Kopf vernebelt – als Sinnbild solider und zuverlässiger Elemente, die uns nachhaltig stützen sollen. Ok, ok. Imaginäre Betonpfeiler, die uns aufrecht halten also.
Auf der anderen Seite ist da «Illuminating», ein grelles, helles Gelb, das laut des Farbherstellers vor Lebendigkeit sprühe und mit der Kraft der Sonne wärme. In einer Zeit, in der uns die gerade nicht aus dem Allerwertesten scheint, sollen energische Farbtöne Mut und Lebensfreude spenden.
Ja, Pantone hat den Zeitgeist gespürt, wie könnte man auch nicht? Grau – das fühlen wir alle. Aber wollen wir demnächst alles in unseren psychischen Zustand getaucht sehen? Muss sich uns Zuversicht wie ein penetrant und starr lächelnder Smiley aufdrängen? Was einerseits zu pessimistisch gedacht ist, ist am anderen Ende irgendwie zu hysterisch. Zu erzwungen. Aber drum sind es ja zwei Farben dieses Jahr. Optimismus und Resilienz. Wir sehen es ja (ein). Vermutlich kann man uns derzeit sowieso nichts recht machen.