Es gibt in dieser wunderbaren Publikation eine Rubrik namens «Sagen Sie mal ... ». In dieser wird regelmässig die Frage gestellt, auf wen man denn zuletzt neidisch gewesen sei. Und genauso regelmässig antworten die teilnehmenden Prominenten, sie kennen das Gefühl des Neides nicht, neidisch sein würde ja eh nichts bringen. Toll. Es muss grossartig sein, so ein neidfreies Leben zu führen. Dass ich den meisten nicht abnehme, dass sie dies tatsächlich tun, mag der pure Neid meinerseits sein. Weil: Schaut mal im Duden unter «scrollt sich täglich durch Instagram und hasst alle, die mehr Ferien und mehr Geld haben als sie» nach, und da ist mein Bild.
Seltsam daran ist, dass ich eigentlich ein sehr zufriedener Mensch bin. Zumal ich sicher bin, dass Zufriedenheit der Schlüssel zum Glück ist. Es gibt für mich auch absolut keinen Grund, nicht happy zu sein mit meinem Leben. Ich habe einen wundervollen Lebenspartner, einen spannenden Job, meine Kids machen sich grossartig und ich liebe unsere kleine Wohnung, auch wenn wir vermutlich die einzigen im Quartier sind, die Schweizerdeutsch sprechen. Ob ich nun auf meinem kleinen Balkon die Sonne geniesse oder in einem riesigen Garten mit Pool, macht für mich ganz ehrlich keinen Unterschied. Und trotzdem gibt es so Dinge, die mich brutal triggern.
Ganz oben auf dieser Liste stehen Menschen, die Reichtum zur Schau stellen, den sie nicht selbst verdient haben. Ich arbeite zwar viel, aber auch sehr gern, und ich bin stolz darauf, mich und meine beiden Kinder im jungen Erwachsenenalter allein finanzieren zu können. Ich verzichte auf einiges, um ihnen ihre Ausbildungen zu ermöglichen. Das ist vollkommen okay für mich. Aber manchmal erwische ich mich beim Insta-Scrollen halt doch beim Gedanken: «Hätte ich doch einfach, wie die, einen reichen Wichtsack geheiratet und mir ein Paar straffe Brüste schenken lassen, dann könnte ich jetzt meine Tage auch am Pool statt im Grossraumbüro verbringen.» Auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass Reichewichtsäckeheiraten nicht glücklich macht. (Bei straffen Brüsten bin ich mir unschlüssig).
«Ich hätte Priesterin werden sollen. Denn Wasser predigen und Wein trinken kann ich – zumindest in diesem Fall – ziemlich gut.»
Was ebenfalls seltsam ist: Ich gehöre zu der Elterngeneration, die ihren Kindern rauf und runter gepredigt haben, sie sollen sich nicht ständig mit anderen vergleichen. Ich hätte Priesterin werden sollen. Denn Wasser predigen und Wein trinken kann ich – zumindest in diesem Fall – offenbar ziemlich gut. A propos: Dass ich Journalistin geworden und geblieben bin, stresst mich manchmal auch. Auf Instagram gibts so viele Leute mit so vielen Jobs, die so wenig arbeiten müssen, dabei so viel reisen und so viel verdienen. Und die haben so viele Ferien, die sie immer irgendwo auf den Malediven verbringen, beim Schnorcheln und Tauchen.
«Möchtest du auf die Malediven tauchen gehen?», fragt mein Partner. «Bist du wahnsinnig? Ich hab Angst davor, so tief unter Wasser zu sein!» Er hat etwas Grundlegendes nicht verstanden: Nur, weil ich jemanden beneide, der gerade auf den Malediven untertaucht, heisst das noch lange nicht, dass ich das selbst auch will. Neid ist wie Schaufenstershoppen: Man kann sehnsuchtsvoll ein Kleid anstarren und wissen, dass es einem gar nicht stehen würde. Und dann weitergehen, total zufrieden mit seinem eigenen kleinen Leben.