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Der ganz normale Wahnsinn

Liebe Teenies, ihr seid toll! Auch wenn ihr mir das nicht glaubt!

Den eigenen Kindern beim Erwachsenwerden zuschauen, ist etwas vom Schönsten, das es gibt für Eltern. Und etwas vom Schwierigsten. Denn manchmal ist es fast nicht auszuhalten, zuzuschauen und nichts machen zu können.

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Sandra Casalini, bei sich zu Hause in Thalwil, mit ihren Kindern Gian und Joya, am 04.12.2018, Foto Lucian Hunziker

Es ist toll, wenn Kinder selbstständig werden. Aber ihre Selbstzweifel sind als Mutter manchmal kaum auszuhalten, sagt unsere Familienbloggerin. 

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Ganz klar: Rein körperlich sind kleine Kinder einiges anstrengender als grosse. Wenn ich mit Freundinnen und ihren Kleinkindern unterwegs bin, finde ich das zwar total süss, werde aber oft nur schon vom Zuschauen müde. Und auch wenn die Zeiten des ewigen Nachrennens und Aufpassens vorbei ist, bleibts streng. Schule, Freizeit, Hobbys - alles braucht Organisation, Aufmerksamkeit, Überwachung.

Wach bleiben, bis sie vom Ausgang kommen

Ich hingegen bin an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr so sehr in den Alltag meiner Kinder eingebunden bin. Sie haben die Schule selbst im Griff (jedenfalls meistens), organisieren ihre Freizeit und ihr Sozialleben selbst. Müde bin ich allenfalls noch, weil ich wach geblieben bin, bis alle vom Ausgang daheim sind (was ich mir einst geschworen habe, nie zu tun, aber eben ... ). Kurz: Meine Kinder sind schon ziemlich selbstständig.

Am schlimmsten auszuhalten sind für mich die Phasen ihrer Selbstzweifel. «Ich kann das nicht», «Das muss ich gar nicht erst versuchen» oder, ganz schlimm, «Ich bin zu dumm dafür».

Das ist toll - nichts fürchten Eltern mehr als unselbstständige Erwachsene heranzuziehen -, hat aber auch eine andere Seite. Nein, nicht die oft beschriebene mütterliche Verzweiflung darüber, nicht mehr gebraucht zu werden. Sondern der Kummer darüber, dass man manchmal einfach gar nichts mehr tun kann, um zu helfen.

«Du bist meine Mutter, du musst das sagen!»

Früher konnte man Tränen abwischen, Pflaster aufkleben, Streit schlichten, und so weiter. Gegen den ersten heftigen Liebeskummer hilft kein Pflaster. Und Sprüche wie «Das geht vorbei» eben auch nicht. Man kann einfach nur daneben sitzen und mit dem Kind warten, dass es wirklich vorbeigeht. Am schlimmsten auszuhalten sind für mich allerdings die Phasen ihrer Selbstzweifel. «Ich kann das nicht», «Das muss ich gar nicht erst versuchen» oder, ganz schlimm, «Ich bin zu dumm dafür». Und ich kann nichts machen, denn ihre Antwort liegt auf der Hand: «Du bist meine Mutter, du musst das sagen!»

Als Mutter ist es manchmal kaum zu ertragen, wenn das eigene Kind sich selbst so schlechtmacht. Aber ich weiss, dass das halt dazugehört zum Erwachsenwerden. Und nicht unbedingt bedeuten muss, dass sie sich auch als Erwachsene für unfähig und dumm halten. Trotzdem wünschte ich mir manchmal nichts mehr, als sagen zu können: «Ihr seid absolut grossartig, genauso, wie ihr seid. Mit all euren Stärken und Schwächen» - und sie würdens mir glauben. Aber vielleicht tun sie das ja irgendwann.

Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 6. November 2021 - 08:05 Uhr