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Wie finde ich endlich die richtige Sportart?

Sportwissenschaftlerin Dr. Julia Schmid von der Uni Bern erklärt im Interview, wie ihr die richtige Aktivität findet – und vor allem motiviert bleibt.

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Frau beim Sport

Hat man die richtige Aktivität gefunden, kommt die Motivation fast von allein.

Getty Images
Style: Frau Schmid, Sie versuchen, inaktive Menschen wieder zum Sport zu bewegen. Wo liegen deren Motivationsprobleme normalerweise? 

Dr. Julia Schmid: Wir setzen vor allem bei einem Motivationsproblem an: Dass manche Personen keinen Spass am Sport haben und nicht recht wissen, was ihnen entspricht und sich deshalb in dem Dschungel von Angeboten nicht mehr zurechtfinden. Zuerst muss man also herausfinden, welche Aktivität am besten zu einem passt, um dann in einem nächsten Schritt auch möglichst dranbleiben zu können. 

Welche Faktoren sind wichtig bei der Wahl der richtigen Sportaktivität? 

Bei wenig Aktiven konzentrieren wir uns vor allem auf deren Beweggründe, um Sport zu treiben. Wenn mir Kontakt zu anderen Leuten wichtig ist, dann ist Schwimmen vielleicht nicht das Richtige für mich. Habe ich Freude an ästhetischen Bewegungen, dann wird dieses Bedürfnis an einem Kraftgerät eher weniger befriedigt. Zu bedenken ist: Wenn man sich auf die Suche nach einer passenden Sportaktivität macht, ist nicht nur die Sportart entscheidend. Wichtig ist auch deren Kontext: Joggen auf dem Laufband ist etwas ganz anderes als mit einer Laufgruppe im Wald.

 

Was ist wichtiger an einer Sportart: Dass sie mir Spass macht oder dass sie meinen körperlichen Voraussetzungen entspricht? 

Das eine geht meist mit dem anderen einher. Wenn ich das Gefühl habe, ich pfeife aus allen Löchern, dann wird mir das auch keinen Spass machen. In unserer Beratung besprechen wir darum auch, wie intensiv eine Aktivität sein muss, damit sie einen motiviert hält und wie sich die Aktivität in die Alltagsstruktur der Person integrieren lässt. 

Ist es sinnvoll, gleichzeitig mehrere Sportarten auszuprobieren? 

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, mir nach jeder Sportaktivität, die ich ausprobiere, zu überlegen: Wie habe ich mich vorher, währenddessen und nachher gefühlt? Welche Erfahrungen habe ich gemacht? Konnte ich mich zum Beispiel mit anderen messen oder schöne Bewegungen geniessen – und sind das die Erfahrungen, die ich suche? Es geht darum, jedes Schnuppern genauer zu analysieren. 

Wie viel Sport pro Woche empfehlen Sie Neueinsteigern? 

Laut WHO sind 2,5 Stunden mittlere oder 1,25 Stunden höhere Intensität pro Woche empfohlen. Ich stehe dem jedoch eher kritisch gegenüber. Für Inaktive gilt: klein anfangen. Also lieber 20 Minuten auf einen zackigen Spaziergang gehen, als sich gar nicht zu bewegen. Darauf kann man dann langsam aufzubauen. Von null auf dreimal pro Woche Fitnesscenter – das werden nur wenige Personen schaffen. Ein Fehler, den viele Anfänger machen, ist, zu schnell zu stark reinzugehen.

Bei manchen Aktivitäten ist es aber gar nicht so leicht, die Belastung zu dosieren. Eine Aerobic-Stunde dauert nun mal eine Stunde. Was tun? 

Dort an den Dingen schrauben, an denen man schrauben kann. In diesem Beispiel könnte man zum Beispiel die Intensität während der Stunde selber dosieren und eben nicht gleich dreimal pro Woche gehen.  

Wie lange dauert es, bis man eine neue Sportroutine etabliert hat? 

Allgemein sagt man, dass sich nach sechs Monaten eine Gewohnheit aufgebaut hat. Mir erscheint diese Grenze jedoch etwas willkürlich. Wenn ich eine Aktivität nicht mehr bewusst planen muss, sondern sie ohne gross nachzudenken einfach ausführe, dann ist sie zur Routine geworden. Das erreiche ich sicher nicht in drei Wochen. In der Tendenz dauert es mehrere Monate, aber auch nicht Jahre. Wenn Sie eine passende Aktivität gefunden haben, sollten Sie gar nicht mehr so viel Planung benötigen, um den inneren Schweinehund zu besiegen. 

Welche Motivationstipps können Sie unseren Leser*innen für den Alltag mitgeben?  

Sicher die Selbstreflexion, die dabei hilft, die richtige Aktivität zu finden – oder die falschen auszuschliessen. Dann sind eine realistische Zielsetzung und eine detaillierte Planung wichtig: Was möchte ich wann, wo und mit wem machen? Zudem kann es helfen, sich zu überlegen, was uns vom Sporttreiben abhält – zum Beispiel schlechtes Wetter – und wie wir solche Hindernisse überwinden können. Weiter helfen manchmal auch kleine Tricks, wie zum Beispiel die gepackte Sporttasche neben den Eingang zu stellen oder sich mit Freunden zu verabreden. 

Wie kann ich es selber rausfinden, welche Sportaktivität zu mir passt? 

Indem sie den Online-Fragebogen (s. Box) ausfüllen, den wir erarbeitet haben. Oder Sie erstellen eine Liste mit Dingen, die ihnen bei Ihrer Wunschaktivität wichtig sind, überlegen sich, welcher Sport dazu passen könnte und probieren ihn aus. Des Weiteren sind Gespräche mit einem Gegenüber sehr hilfreich, weil auch sie den Reflexionsprozess anregen.  

Sport für alle

Die Atupri Gesundheitsversicherung und das Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern führen derzeit gemeinsam eine Bewegungs- und Sportberatung mit knapp 200 Personen durch. Die Beratung besteht aus einem Event, bei dem die Teilnehmer einen Fragebogen ausfüllen und verschiedene Schuppersportangebote testen. Auf Basis der Ergebnisse werden dann im Gespräch mit einem Berater mögliche Aktivitäten ermittelt. Ergänzt wird die Betreuung mit einem Telefon-Coaching. Im Rahmen der Zusammenarbeit wird auch ein für alle zugänglicher Online-Schnelltest angeboten, mit dem man seinen eigenen Sport-Typ ermitteln kann. www.atupri.ch/sporttyp 

Von Marlies Seifert am 9. Juni 2019 - 10:05 Uhr