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Anja Zeidler brachte ihr zweites Baby zu Hause auf die Welt

Was gegen eine Hausgeburt spricht

Anja Zeidler schwärmt überschwänglich von ihrer Hausgeburt, und wer selbst schon eine problemlose Geburt erlebt hat, liebäugelt vielleicht ebenfalls damit, wie die Influencerin zu Hause zu gebären. Eine Hebamme erklärt, warum sie und ganz viele ihrer Berufskolleginnen davon abraten – und was Schwangere in Entwicklungsländern dazu sagen würden.

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Anja Zeidler 2023

Wagte es beim zweiten Mal in den eigenen vier Wänden: Anja Zeidler hat soeben ihr zweites Baby auf die Welt gebracht.

Instagram/anjazeidler

Influencerin Anja Zeidler schwärmt von der Geburt ihres zweiten Kindes, das sie bei sich zu Hause auf die Welt brachte. Ein gutes Vorbild?
Eine Hausgeburt geht vielleicht 99mal gut, beim 100. Mal nicht. Manchmal wird man einfach völlig überrumpelt, auch bei einer Drittgebärenden kann es nach zwei super Geburten irgendeinen «Murks» geben, vielleicht sinken plötzlich die Herztöne des Babys, weil es die Nabelschnur um den Hals gewickelt hat oder es einen Knoten in der Nabelschnur hat – und kaum eine Hebamme, die im Spital schon solch einen Notfall begleiten musste, will das zu Hause mit einer Gebärenden durchmachen. Anders verhält es sich natürlich, wenn die Zeit nicht mehr reicht, um ins Spital zu gelangen.

Inwiefern?
Solche Einsätze liebe ich heiss, das ist Adrenalin pur! Wenn zum Beispiel der Mann die Ambulanz ruft, weil er seine Frau nicht mehr aus der Badewanne kriegt. Dann rückt die Hebamme des Spitals, bei dem die Frau für die Geburt angemeldet ist, mit der Rettung aus. Aber hier ist das Risikoprofil ein ganz anderes, das sind rasant schnelle Geburten, und die Hebamme kann die Situation nur besser machen, als sie ist. Das ist völlig anders, als wenn eine Schwangere im besten Wissen und Gewissen auf die Sicherheit des Spitals verzichtet.

Wie erklären sie sich, dass Hausgeburten dennoch wieder vermehrt thematisiert werden?
Uns geht es zu gut. Um 1900 ist rund um die Geburt eine von 100 Frauen gestorben, heute noch eine von 25'000 bis 30'000, dies dank der medizinischen Errungenschaften – und vor allem, weil die Frauen im Spital gebären. In Entwicklungsländern, wo ich eine Zeit lang gearbeitet habe, ist die Müttersterblichkeit noch immer wie bei uns um 1900, weil sich dort die Geburtshilfe nicht verändert hat. Dort schütteln alle den Kopf, wenn ich erzähle, dass bei uns manche Gebärende freiwillig auf die Sicherheit des Spitals verzichten. Ebenso, wenn sie hören, dass sich bei uns manche gegen Impfungen entscheiden, obwohl sie sich diese leisten könnten. Bei uns ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, dass wir alles kontrollieren und korrigieren können, dass wir alle Möglichkeiten haben. Und manche finden es wohl auch einfach cool, es anders zu machen als die anderen. Eine Geburt zu planen und sich zu sagen, man habe die Sicherheit des Spitals nicht nötig, ist irgendwo auch arrogant.

Und wenn eine Schwangere trotzdem überzeugt ist von der Idee, die ersten Momente mit dem Neugeborenen nicht in Spitalumgebung erleben zu wollen?
Dann empfehle ich eine ambulante Geburt in der Klinik – und dann mit Sack und Pack nach Hause ins Wochenbett zu gehen. Bei unauffälligen Schwangerschaftsverläufen mit niedrigem Risikoprofil kann auch ein Geburtshaus eine gute Alternative sein, dort ist die Infrastruktur und die personelle Situation deutlich besser als daheim. Aber am sichersten ist eine Geburt im Spital, dort stehen innert kürzester Zeit zehn Leute parat, um zu helfen. Wenn es zu Hause Komplikationen gibt, kann die Viertelstunde, die man auf die Ambulanz warten muss, lange sein.

So betrachtet scheint es heikel, als Influencerin eine Hausgeburt unkritisch darzustellen.
Wie gesagt, das kann 99mal gut gehen. Doch wenn bei einer Hausgeburt etwas passiert, müssen die Eltern mit dem Gedanken leben, ob es vielleicht anders gekommen wäre, hätten sie sich anders entschieden. Bei einer Geburt kann immer etwas passieren, aber am bittersten ist es für die Eltern, wenn sie sich vorwerfen müssen, dass der Grund vielleicht die Entscheidung ist, die sie selbst getroffen haben.

Im zweiten Teil des Interviews besprechen wir die Frage, ob Hausgeburten tatsächlich im Trend sind, oder ob die intensive Berichterstattung von und über Influencerinnen dies vortäuscht.

Welche Bedingungen Schwangere erfüllen müssen, um in einem Geburtshaus zu gebären, und welche Vorteile die Geburt in einer Klinik bietet, lest ihr hier.
 

 

Von am 16. März 2023 - 17:16 Uhr