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Häufigste Hitzefrage an Hebammen

Brauchen Stillkinder in dieser Hitze zusätzliche Flüssigkeit?

Vergangene Woche wurde die Schweiz von einer historischen Hitzewelle überrollt, die noch einige Tage anhalten wird. Für die Eltern von neugeborenen Babys eine besondere Herausforderung. Hebamme Katharina Jenzer beantwortet die wichtigsten Elternfragen zum Thema.

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«Im Grundsatz erhält ein gestilltes Kind an der Brust alles, was es benötigt», sagt Hebamme Katharina Jenzer.

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Kommt ein Baby auf die Welt, wird ihm meist in der ersten Lebensminute ein Mützchen über den Kopf gestülpt. Denn Neugeborene können die eigene Körpertemperatur noch nicht regulieren und ausserhalb von Mamas 37 Grad warmem Bauch ist es für so ein kleines Menschlein meist überraschend kühl.

Doch wie sieht es aus, wenn die Lufttemperatur ebenfalls auf 37 Grad oder sogar noch höher ansteigt, so wie in der aktuellen Hitzewelle? Brauchen Neugeborene überhaupt noch Kleidung bei dieser Hitze? Hebamme Katharina Jenzer erklärt, warum das Neugeborenenmützchen weiterhin angebracht ist, ab wann Babys «blüttlen» dürfen und wie Eltern verhindern können, dass ihr Neugeborenes dehydriert.

Katharina Jenzer, welche Frage beschäftigt die Mamas, die Sie als Hebamme betreuen, in der Hitze am meisten?
Im Moment erhalten meine Kolleginnen und ich viele Anrufe von Müttern, die sich fragen, ob ihre Neugeborenen bei den hohen Temperaturen auch genügend Flüssigkeit erhalten an der Brust oder ob es zusätzlich Wasser braucht.

Wie lautet die Antwort?
Im Grundsatz erhält ein gestilltes Kind an der Brust alles, was es benötigt. Zusätzliche Flüssigkeit zu geben, ist also nicht nötig. Allerdings trinkt ein Stillkind in der Hitze natürlich eventuell häufiger an der Brust, was die Brustwarzen mehr beansprucht. Wenn eine Mutter dies nicht gut verträgt oder unter Schmerzen leidet, wenn sie das Kind zu häufig ansetzt, ist es nicht ausgeschlossen, den zusätzlichen Flüssigkeitsbedarf mit 5 bis 10 Milliliter Wasser oder Tee auszugleichen. Auch wenn eine Frau sich grosse Sorgen macht, ob sie genügend Milch produziert. Aber es ist wichtig, dass eine Mama dies immer mit ihrer betreuenden Hebamme oder Stillberaterin abspricht. Bei Unsicherheiten ist sie die richtige Ansprechperson, weil sie Mutter, Kind und Umstände kennt.

Ab Geburt?
Das wäre möglich. Wenn ein Kind noch sehr klein ist, sollte es nach Möglichkeit aus einem Becher gefüttert werden, um keine Saugverwirrung zu begünstigen. Auch hier ist die betreuende Hebamme die richtige Ansprechperson.

«Das Gute ist, dass ein Baby normalerweise angibt, wenn es zu heiss hat. Es wird sichtlich und auch hörbar unruhig.»

Katharina Jenzer, Hebamme

Viele Eltern setzen ihren Neugeborenen auch in dieser Hitze ein Mützchen auf. Empfehlen Sie dies?
In den ersten 24 bis 48 Stunden nach der Geburt schon. Man muss sich vorstellen, dass das Kind im Bauch der Mutter ja durchgehend 37 Grad um sich hatte. Es braucht einen Moment, um sich an die Aussentemperatur zu gewöhnen. Meist ist es ab dem dritten Tag soweit, dass es auch ohne Mützchen sein kann. Hier sprechen Sie allerdings eine Glaubensfrage an, die viele Hebammen auch anders beantworten würden. Man geht oft von den eigenen Empfindungen aus. Ich trage auch bei eiskaltem Wetter nie eine Mütze und empfinde dies entsprechen als weniger wichtig als jemand, der bei jedem Lüftchen gleich den Kopf bedeckt. Auch als Sonnenschutz macht das Mützchen natürlich Sinn. Allerdings sollte man dann eine sehr leichte Variante wählen.

Wie kann ich herausfinden, wie mein Kind das empfindet?
Das Gute ist, dass ein Baby angibt, wenn es zu heiss hat. Es wird sichtlich und auch hörbar unruhig. Neue Eltern lernen in der Regel, dass sie die Körpertemperatur im Nacken ihres Kindes am besten bestimmen können. Ist der Nacken trocken und fühlt sich normal warm an, ist alles in Ordnung. Ist er jedoch schwitzig, hat das Kind zu heiss.

«Man kann Babys abends mit einem kühleren Bad erfrischen. Nicht zu kalt und nicht zu lange»

Katharina Jenzer, Hebamme

Stimmt es, dass Hitze gefährlicher ist als Kälte? Dass man also ein Neugeborenes im Zweifelsfall lieber zu lützel einpackt als zu warm?
Wenn es um die Prävention des plötzlichen Kindstods geht, stimmt diese Aussage. Offenbar haben Babys, die in der Nacht nicht zu warm eingepackt sind und in kühlernen Schlafräumen liegen, ein weniger hohes Risiko. Im kalten Wintertagen stimmt diese Aussage jedoch nicht. Denn Baby geben oft nicht an, wenn sie zu kalt haben. Früher ist es vorgekommen, dass Babys, die mit ihren Eltern im Kindertragerucksack auf den Skis waren, am Abend Erfrierungen hatten, ohne dass man es gemerkt hätte.

Muss man Neugeborene bei dieser Hitze überhaupt anziehen?
In den ersten Tagen sicher, weil sie ja, wie angesprochen, die Temperatur noch nicht selber regulieren können. Ist das Baby ein paar Tage alt, darf man es jedoch durchaus nur mit einer Windel bekleiden, wenn grosse Hitze herrscht.

Welchen Tipp haben Sie für Eltern, deren Kinder wegen der Hitze keinen Schlaf finden?
Man kann Babys abends mit einem kühleren Bad erfrischen. Nicht zu kalt und nicht zu lange. Aber eine Abkühlung in 33 bis 35 Grad warmem Badewasser kann sehr wohltuend sein.

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am 21. Juni 2022 - 14:47 Uhr