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  4. Flüssigkeitsbedarf von Kindern im Sommer: Wie viel muss ein Kind trinken?

Achtung, Sommerhitze!

So erkennt ihr einen Flüssigkeitsmangel bei eurem Kind

Erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf eines Kindes an einem heissen Sommertag? Und wie erkennt man, ob das Kind genug getrunken hat? Ernährungsexpertin Stéphanie Bieler von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung klärt auf.

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Kind trinkt Wasser

Wasser ist und bleibt der gesündeste Durstlöscher für Kinder.

Getty Images

Frau Bieler, hat der menschliche Körper im Sommer eigentlich einen höheren Flüssigkeitsbedarf als im Winter?
Der Flüssigkeitsbedarf ist abhängig davon, wie gross die Flüssigkeitsverluste sind. Im Sommer ist der Flüssigkeitsverlust in der Regel etwas grösser – aber nicht zwingend, zum Beispiel an kühlen Regentagen oder wenn sich die Kinder den ganzen Tag drinnen aufhalten. Allgemein kann man sagen, dass sowohl Kinder wie Erwachsene mehr trinken müssen, wenn der Flüssigkeitsverlust erhöht ist, etwa durch hohe Temperaturen, bei körperlicher Betätigung oder bei Krankheiten wie Fieber, Durchfall oder Erbrechen. 

Gibt es einen Richtwert, um wie viel sich der Flüssigkeitsbedarf erhöht, wenn Kinder den ganzen Tag an der Sonne verbringen und sich dabei körperlich betätigen?
Nein, das ist sehr individuell.

Wie kann ich erkennen, ob mein Kind genügend getrunken hat?
Ein gutes Indiz für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist der regelmässige Toilettengang und ein hellgelber Urin.

«Tatsächlich sorgt der Zuckergehalt von Fruchtsäften immer wieder für erstaunte Blicke.»

Stéphanie Bieler, Fachexpertin Ernährung

Gibt es einen häufigen Fehler, den Sie beobachten, wenn es um die Flüssigkeitszufuhr geht?
Nach wie vor ist der Konsum von Süssgetränken auch bei Kindern relativ hoch. Durstlöscher Nummer 1 sind Wasser, egal ob Hahnen- oder Mineralwasser, sowie ungesüsster Kräuter-/Früchtetee.

Und Fruchtsäfte?
Tatsächlich sorgt der Zuckergehalt von Fruchtsäften immer wieder für erstaunte Blicke. Der Zucker kommt dabei ausschliesslich aus den Früchten und selbstverständlich enthält Fruchtsaft auch viele wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe. Er ist deshalb einem Süssgetränk vorzuziehen.

Wie viel Fruchtsaft pro Tag halten Sie für unproblematisch?
Pro Tag kann eine Portion Frucht durch ein Glas Fruchtsaft, das entspricht je nach Alter des Kinder 1-2 dl, ersetzt werden. Mehr sollte es jedoch nicht sein. Ein Liter Saft enthält durchschnittlich satte 120g Zucker, bei einer Schorle, die zu 60 Prozent aus Wasser und zu 40 Prozent aus Saft besteht, sind es immerhin noch 70g Zucker.

Wenn es rein um die Flüssigkeitsversorgung geht: Sind Fruchtsäfte, Süssgetränke und Wasser gleichwertig?
Fruchtsäfte oder Süssgetränke bestehen zu über 85 Prozent aus Wasser, auch sie versorgen den Körper deshalb mit Flüssigkeit. Allerdings enthalten sie auch nennenswerte Mengen an Zucker und je nach Getränk weitere unerwünschte Inhaltsstoffe wie zum Beispiel zahnschädigende Säuren. Langfristig kann sich dies sowohl auf das Gewicht wie auch auf die Zahngesundheit negativ auswirken.

Wie sieht es mit Milch aus?
Milch wird in der Schweizer Lebensmittelpyramide zur Stufe der «Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier & Tofu» gezählt, Frucht- und Gemüsesäfte zur Stufe «Gemüse & Früchte». Dies, weil sie neben Flüssigkeit eben auch weitere wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, Kohlenhydrate, Fette und Proteine enthalten und deshalb als flüssiges Lebensmittel gelten. Süss-/Light-/Zero-Getränke werden in der Lebensmittelpyramide ganz zuoberst an der Spitze eingeordnet. Zur Basis der Lebensmittelpyramide – zu den Getränken – werden nur Wasser und ungesüsster Früchte-/Kräutertee gezählt. Erwachsene dürfen ungesüssten Kaffee sowie Schwarz-/Grüntee ebenfalls zur Flüssigkeitszufuhr dazurechnen.

A healthy diet. Please see some similar pictures in my lightboxs:

Obwohl die genügende Flüssigkeitszufuhr den Grundstein für eine gesunde Ernährung bildet, tauchen nicht alle Getränke am Fuss der Nahrungsmittelpyramide auf.

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Kann man die Flüssigkeitsaufnahme durch eine angepasste Ernährung so beeinflussen, dass ein Defizit beim Wassertrinken aufgefangen werden kann – wir denken da an Wassermelone.
Die Empfehlung zur Trinkmenge für gesunde Erwachsene liegt bei 1-2 Liter pro Tag, bei Ausnahmesituationen wie heisses Wetter oder Krankheit entsprechend mehr. In diese Empfehlung ist der Wassergehalt der Lebensmittel im Rahmen einer abwechslungsreichen Ernährung bereits eingerechnet: Eine 70 kg schwere Person benötigt eine regelmässige Gesamt-Flüssigkeitszufuhr (also Getränke plus Nahrung) von rund 2 bis 2.5 Liter. Wer sich an die Ernährungsempfehlungen der Schweizer Lebensmittelpyramide hält, «isst» bereits mehr als einen Liter Wasser. Einen bedeutenden Anteil liefern die täglich empfohlenen fünf Portionen Gemüse (bis zu 95 % Wasser) und Früchte (80–95 % Wasser). Aber auch Fleisch und Fisch (65–70 %), Brot (35 %) und Getreide (12 %) beinhalten beträchtliche Wassermengen. Lediglich Zucker und Öl sind vollkommen frei von Wasser. Die Wassermelone ist also in der Berechnung bereits drin.

Mehr Infos zur Schweizer Lebensmittelpyramide findet ihr hier.

«Sie können für Abwechslung sorgen, indem Sie dem Wasser einige Gurkenscheiben oder Erdbeerstücke beigeben.»

Stéphanie Bieler, Fachexpertin Ernährung

Woran erkennt man, dass ein Kind zu wenig getrunken hat?
Erste Hinweise, egal ob bei Erwachsenen oder Kindern, können Durst, Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Unruhe und eine erhöhte Pulsfrequenz sein. Weitere Anzeichen eines Wassermangels sind Kopfschmerzen, Abnahme der geistigen Fähigkeiten, zum Beispiel bei der Konzentration und Reaktion und Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Wie kann man Kinder motivieren, genug zu trinken?
Der wichtigste Tipp ist: Gehen Sie als Erwachsene mit gutem Beispiel voran! Trinken Sie selber regelmässig Wasser und bieten Sie es immer wieder auch Ihrem Kind an. Sie können für Abwechslung sorgen, indem Sie dem Wasser einige Gurkenscheiben oder Erdbeerstücke beigeben. Auch selbstgemachter Eistee aus verschiedenen Früchte-/Kräutertees und einem Schuss Apfel- oder Orangensaft kann geschmackliche Abwechslung an heissen Tagen bringen.

Können Kinder auch zu viel trinken?
Gesunde Kinder trinken in der Regel nicht zu viel. Sie haben ein gutes Gespür für ihre Bedürfnisse.

Stéphanie Bieler

Stéphanie Bieler ist Fachexpertin Ernährung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE.

ZVG
Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 24. Juli 2021 - 07:09 Uhr