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Achtung am Esstisch

«Essgewohnheiten werden vorgelebt»

Ernährungsexpertin Michelle Widmer zeigt auf, dass gut gemeinte Sätze in der Ernährungserziehung auch Schäden anrichten können. Sie sagt, wie ihr euren Kindern wirklich helft, auf ihr Bauchgefühl zu hören.

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<p>Gerade bei jüngeren Kindern sieht Ernährungsexpertin Michelle Widmer den Schlüssel in der Arbeit mit dem Umfeld.</p>

Gerade bei jüngeren Kindern sieht Ernährungsexpertin Michelle Widmer den Schlüssel in der Arbeit mit dem Umfeld.

imago/Westend61

«Nur noch drei Bissen, dann gibt’s ein Dessert!» – Was gut gemeint ist, kann langfristig problematisch werden, sagt Michelle Widmer, Ernährungsberaterin SVDE und Gründerin der Praxis Esslösungen in Bern. «Kinder lernen durch Beobachtung. Wenn Essen wiederholt mit Belohnung oder Strafe verknüpft wird, können sich ungünstige Muster entwickeln, bis hin zu gestörtem Essverhalten.»

Widmer hat sich in ihrem Bachelorstudium und durch eine Zusatzqualifikation auf Essverhalten spezialisiert. In ihrer Praxis begleitet sie auch Menschen mit Essstörungen; viele davon mit einer gemeinsamen Vorgeschichte: «Wenn Kinder früh hören, was ‹gesund› ist, wie viel sie essen sollen oder was sie lieber lassen sollten, verinnerlichen sie diese Wertungen. Das kann sich im späteren Leben negativ auswirken.»

Nicht die Kinder therapieren, sondern das Umfeld schulen

Aber gerade bei jüngeren Kindern sieht Widmer den Schlüssel in der Arbeit mit dem Umfeld. «Es sind oft die Eltern, die unbewusst ihre eigenen Glaubenssätze weitergeben», sagt sie. Etwa die Vorstellung, dass man den Teller leer essen müsse, oder dass Dessert immer noch Platz findet, egal ob man satt ist. Solche Verhaltensweisen werden unbemerkt an die nächste Generation weitergereicht.

Deshalb rät sie: nicht erziehen, sondern vorleben. Kinder lernen am besten durch das, was sie im Alltag sehen, nicht durch starre Regeln und Mahnungen können die Stimmung beim Essen beeinträchtigen.

<p>Michelle Widmer befasst sich in ihrer Praxis mit dem Konzept des intuitiven Essens.</p>

Michelle Widmer befasst sich in ihrer Praxis mit dem Konzept des intuitiven Essens.

ZVG

Auf das Bauchgefühl vertrauen

Auch dass Kinder nicht alles essen wollen, wie so manches Gemüse, sei völlig normal, so Widmer. «Es ist oft bitter oder zu herb und das gehört nicht zu den bevorzugten Geschmäckern im Kindesalter.» Viel wichtiger sei es, dass Kinder unterstützt werdenauf ihr eigenes Sättigungsgefühl zu hören.

Widmer arbeitet in ihrer Praxis mit dem Konzept des intuitiven Essens. Dieses fördert den natürlichen Umgang mit Nahrung: essen, wenn man Hunger hat, aufhören, wenn man satt ist – und das ohne ständige Bewertung. «Es geht nicht darum, perfekt zu essen, sondern ein gutes Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln.»

Von Olivia Ruffiner am 8. August 2025 - 07:00 Uhr