Gemeinsam den Kochlöffel schwingen, den Kindern den Wert von Lebensmitteln vermitteln und im Anschluss friedlich die gemeinsam zubereitete Mahlzeit geniessen – was für ein Traum! In der Realität sieht es meistens eher so aus, dass ausser Nüdeli ohne Sauce kein Gericht ohne Murren akzeptiert wird, die Lust aufs Mithelfen nach zwei gewaschenen Rüebli nachlässt und es am Esstisch immer wieder zu harten Verhandlungen kommt.
Die grosse Frage: Wie schafft man es, dass das gemeinsame Kochen mit den Kindern allen Beteiligten Spass macht? Wir haben bei Experten nachgefragt. Vorab sei verraten: Es gibt kein Allgemeinrezept, aber Geduld ist eine wichtige Zutat. Und ein bisschen tricksen ist erlaubt. So wird das gemeinsame Kochen zum Event – und das Resultat zum Festschmaus.
«Ernährung ist für uns ein wichtiges Thema. Die Kinder haben wir deshalb sehr früh eingebunden», sagt Elternbloggerin Ellen Girod. «Schon Einjährige können Früchte und Gemüse waschen, ab zwei Jahren geht auch Salat rupfen oder Pizza belegen gut», sagt die Mutter von zwei Töchtern im Alter von 3 und 5 Jahren.
Kochbuchautorin Nadja Zimmermann sieht ebenfalls viele Möglichkeiten für die Kleinen sich einzubringen: «Etwas rühren geht schon sehr bald, Rüebli schälen auch», meint sie. Von stumpfen Kindermessern hingegen sei sie kein grosser Fan. «Man kann einfach etwas länger warten und dann dafür unter Aufsicht mit richtigen Messern hantieren.» Aber das sei sehr individuell.
«Beim Kochen mit Kindern gibt es keine fixen Regeln, denn die Fähigkeiten der Kinder variieren in jeder Altersgruppe stark», sagt Stephanie Stähli von der neu lancierten Kinder-Kochplattform Little Fooby. «Die Eltern kennen das Können ihrer Kinder und schätzen daher ihre Fähigkeiten am besten ein. Wichtig ist, dass die Kinder nicht überfordert werden und gefährliche Aufgaben stets gemeinsam oder von den Erwachsenen erledigt werden.»
«Am Anfang sind die Kinder keine Hilfe in der Küche – eher das Gegenteil ist der Fall», sagt Zimmermann. Wichtig sei deshalb, dass man viel Zeit und Geduld mitbringe. In der Alltagshektik sei kein Platz für erste Kochexperimente. Wenn es schnell gehen muss, stehen auch im Hause Girod nur die Grossen in der Küche. «Aber wenn man etwas mehr Zeit hat und merkt, dass die Kinder Interesse zeigen, dann kann man sie auch mal spontan einbinden.» Allerdings dürfe man nicht erwarten, dass die Aufmerksamkeit des Kindes dauerhaft anhalte. Vielleicht sei beim Kochen einer Spaghetti Napoli nach dem Schneiden von ein paar Tomätli halt schon Schluss. «Positive Erlebnisse in der Küche motivieren, auch in Zukunft wieder gerne kochen zu wollen. Jedes Kind soll mithelfen, soviel es kann und solange es Freude daran hat», sagt auch Stähli.
«Wenn sie lange kein Resultat sehen, verlieren Kinder das Interesse», gibt Nadja Zimmermann zu bedenken. Ihr Tipp: Entweder in Etappen arbeiten oder einfach schon mal etwas vorbereiten, damit die Nachwuchsköche direkt zum spannenden Teil übergehen können. Etwa zuerst einen Zopfteig am Vorabend zubereiten und dann am nächsten Tag gemeinsam Tiere daraus formen. «Grundsätzlich kommt vor allem bei kleinen Kindern alles gut an, was mit Dekorieren und Verschönern zu tun hat», so Zimmermann. Und um für eine gute Stimmung zu sorgen, könne es ausserdem helfen, im Hintergrund Musik abzuspielen, die die Kinder ausgesucht haben.
«Wenn es regelmässig Gerichte gibt, die Kinder selber ausgewählt haben, dann kochen sie schon fast automatisch mit.»
Nadja Zimmermann
Der Spass am Kochen beginne bereits, bevor alle zusammen in der Küche stünden, weiss Stephanie Stähli. «Es ist wichtig, gemeinsam ein Rezept auszusuchen und dann die Zutaten einkaufen zu gehen. So stellt man sicher, dass das Rezept den Kindern schmeckt und dass sie das gemeinsame Vorhaben von Anfang an als ihr Projekt ansehen.»
Nadja Zimmermann rät sogar, die Kinder ganz allgemein in die Menüplanung miteinzubeziehen – und dabei auch mal Kompromisse einzugehen. «Wenn es regelmässig Gerichte gibt, die sie selber ausgewählt haben, dann kochen sie schon fast automatisch mit.» Wenn es ein- bis zweimal die Woche ein Wunschmenü gebe, sei der Nachwuchs im Gegenzug auch kompromissbereiter, wenn es darum gehe, an den anderen Tagen Neues auszuprobieren.
Wenn das Kind partout kein Interesse am Kochen zeigt, nicht verzagen – und vor allem nichts forcieren. «Meine Grosse konnte ich kaum motivieren, die Jüngere wollte hingegen von klein auf gerne mithelfen», erzählt Nadia Zimmermann, deren Töchter heute acht und 13 Jahre alt sind. Inzwischen seien beide regelmässig in der Küche anzutreffen. «Irgendwann kommt es bei manchen ganz von allein», beruhigt die 43-Jährige.
Auch Ellen Girod blickt dem Thema entspannt entgegen: «Kürzlich haben wir alle gemeinsam eine vegane Bolognese gekocht – die Kinder fanden es spannend, gegessen haben sie es trotzdem nicht», erzählt sie lachend. Wichtig sei, dass man den Kindern vorlebe, dass Essen etwas Lustvolles ist.
Man darf sich nichts vormachen: Sind kleine Patschehändchen in der Küche zugange, dann geht öfter mal etwas daneben. «Wenn man gemeinsam ein Ei aufschlägt, wird man die ersten paar Male noch die Schale rausfischen müssen», sagt Nadja Zimmermann. «Es wird nicht alles wie am Schnürchen laufen und das Resultat wird nicht perfekt aussehen. Dafür sind die Kinder wahnsinnig stolz auf alles Selbstgemachte.»
Wenn Mama und Papa vorzu etwas klar Schiff machten, könnten sich die Kleinen ganz auf ihre Aufgaben konzentrieren. «Wir verfolgen den Montessori-Ansatz: Hilf mir es selbst zu tun», sagt Ellen Girod. So werden schon die Kleinen ins Auf- und Abräumen eingebunden. «Sie können ihr eigenes Besteck und die Teller selbstständig erreichen. Und wenn der Geschirrspüler schon offen ist, dann sind auch die Löffeli schnell eingesammelt und eingeräumt.»
Selber keine Küchenfee? Kein Problem! «Ich habe erst angefangen, mich mit der Alltagsküche zu beschäftigen, als ich Kinder bekommen habe», erinnert sich Zimmermann. Ihr erstes Rezeptbuch sei entstanden, weil sie keine Ahnung hatte, was sie ihrer Tochter nach der Breiphase auftischen könnte. «Es kann ja auch schön sein, sich gemeinsam diesem Thema zu nähern und anhand eines Kinderkochbuchs mit klaren Instruktionen und Bildern Schritt für Schritt zusammen das Kochen zu lernen. Ausserdem ist es für die Kids ja irgendwie noch cool, wenn die Eltern nicht so sattelfest sind. So ist man eher auf Augenhöhe.»