Sie sind studierte Ökonominnen, Journalistinnen und allem voran: stolze Feministinnen. Obwohl Patrizia Laeri, 44, und Rosanna Grüter, 37, seit Jahren in denselben Kreisen verkehren, kennen sie sich lange nur vom Hören - sagen. Erst Anfang 2020 finden die Frauen zufällig über Grüters erstes Filmprojekt zusammen. Ein Dreiteiler, der Frauen in den Bereichen Macht, Medien und Sexbusiness vorstellt und gleichzeitig zeigt, welche Kämpfe sie ausfechten. «Ich habe lange nach einer Moderatorin gesucht, die den Feminismus nicht nur vertritt, sondern ihn auch wirklich lebt. Als Patrizia erwähnt wurde, war sofort klar: Ja, sie ist es!»
Doch Patrizia Laeri zögert. «Ich war zu Beginn skeptisch, als mir Rosanna die Pornografie-Folge präsentierte. Ich hatte schliesslich im News- und Wirtschaftsjournalismus keine Berührungspunkte mit dieser Thematik.» Doch genau das Unbekannte lässt die Neugierde und Begeisterung der TV-Frau wachsen. «Ich musste aus meiner Komfortzone ausbrechen. Das war während dieser intensiven Zeit eine der besten Erfahrungen überhaupt.» Trotz ihrer jahrelangen Moderationserfahrung ist das Mitwirken in einem Film Neuland für Laeri. Sie geniesst die Herausforderung: «Im Fernsehen produziert man böse gesagt für den Abfall. Kaum läuft es über den Sender, ist es schon vergessen. Filme bleiben. Sie sind ein Kulturgut, und das gefällt mir.»
Dass die zweifache Mutter aus Rastern ausbricht und gerne neue Wege einschlägt, ist spätestens seit dem Sommer vergangenen Jahres bekannt. Laeri verlässt damals das Schweizer Fernsehen und wird Chefredaktorin beim Wirtschaftssender CNN Money Switzerland. «Da habe ich bewusst auf das Risiko gesetzt. Ich bin nicht naiv, ich wusste, entweder klappt es und wird ein Riesenerfolg, oder es wird ein Flop.» Tatsächlich läufts für die TV-Frau nicht gut. Ihr neuer Arbeitgeber geht kurz nach ihrem Stellenantritt Konkurs. Grund: Die wegbrechenden Einnahmen infolge der Corona-Pandemie.
Auch das Filmprojekt gerät ins Wanken. Protagonistinnen und Protagonisten sagen wegen der unsicheren Covid-19-Situation ab. Reisen sind während der ersten beiden Infektionswellen kaum möglich. Und die Zeit rast den Frauen davon. «Es gab Momente, in denen wir wirklich kurz davor waren aufzugeben», erinnert sich Laeri. Trotz allem halten sie weiter zusammen, ermutigen sich gegenseitig. «Die Thematik ist zu wichtig, um aufzugeben», sagt Rosanna Grüter. Immer wieder passiert es auch ihnen, dass sie Opfer von Sexismus im Alltag werden. Patrizia Laeri kämpft als ehemalige «SRF Börse»- und «Eco»-Moderatorin seit Jahren für Frauen in der Wirtschaft. Sie beweist allen Klischees zum Trotz, dass modisches Auftreten, Lippenstift und lackierte Fingernägel das Hirn nicht schrumpfen lassen, sondern sehr wohl zu erfolgreichen Frauen passen – und dass diese in der Männerdomäne mithalten können.
Der Arbeitstitel «Starke Frauen» wird schliesslich zum perfekten Filmtitel. «Wir hatten mit dem Namen zu Beginn etwas Mühe», gibt Rosanna Grüter zu. «Mit der Zeit wurde uns aber klar, dass jede Frau stark sein muss, um bestehen zu können. Ob sie will oder nicht.» Entsprechend beziehe sich der Titel auf alle Frauen und nicht nur spezifisch auf ihre Protagonistinnen. Das Duo ist mit seiner Arbeit zufrieden und stolz auf den Durchhaltewillen. Rosanna Grüter: «Trotz Rückschlägen haben wir es gemeinsam geschafft mit Grössen wie der deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer oder der Bundesrätin Simonetta Sommaruga über unser Herzensthema zu sprechen.» Nur etwas stimmt die Frauen noch glücklicher: Aus ihrer intensiven Zusammenarbeit ist eine tiefe Freundschaft fürs Leben entstanden. «Es war schön, wieder vor der Kamera zu stehen. Ich muss zugeben, ein bisschen habe ich es doch vermisst.»
Sendehinweis: Am 2. Juni wird «Starke Frauen», ein dreiteiliger Film, um 20.15 Uhr auf 3sat ausgestrahlt.